Wir feiern den Meistertitel

29.05.2020
Illustration: Vectorpocket/Shutterstock.com

Seit 2015 haben auch Kosmetikerinnen die Möglichkeit, an einer bundeseinheitlichen Meisterausbildung teilzunehmen. Es sollen die in der Meisterprüfung für handwerksähnliche Gewerbe gleichen Anforderungen gestellt werden wie für zulassungspflichtige Handwerke. Es soll keine Niveau-Unterschiede geben. Es soll ein gemeinsamer Qualitätsstandard geschaffen werden, der momentan zwar nicht Pflicht ist, aber dringend benötigt wird.

Sicherheit in Krisenzeiten

Gerade in den Zeiten der Corona-Krise hat sich die Notwendigkeit gezeigt, dass sich Kolleginnen auf verschiedene Foren und Plattformen miteinander vernetzen müssen. Viele Kolleginnen nutzen verschiedene Anlaufstellen, um Unterstützung zu erhalten. Jedes Bundesland hat eine andere Empfehlung oder Ausrichtung. Die einen Bundesländer verweisen an das Gewerbeamt, andere Bundesländer an den Landrat. Angeblich Gutinformierte machen sich auf Facebook wichtig und geben den Ton an.

Hier zeigt sich, wie wichtig es ist, dem Kosmetikgewerbe zentrale, bundesweit geltende standardisierte Bestimmungen und auch eine einheit­liche Vertretung zu geben. Die Ausbildung zum Kosmetikmeister ist dafür der erste Schritt in die richtige Richtung und deshalb ist es auch so wichtig, dass sie von vielen Kosmetikerinnen wahrgenommen wird.

Deutschland hinkt nach

Die Vielseitigkeit der Kosmetik verlangte schon lange nach der Unabhängigkeit und Autorität einer bundesweit einheitlichen Regelung. Eine standardisierte Ausbildung mit einer bestimmten Stundenzahl und einheitlichem Lehrplan sollte maßgeblich sein. In vielen osteuropäischen Ländern ist das Abitur oder eine abgeschlossene Berufsausbildung Voraussetzung für die Zulassung zur Kosme-tikausbildung.

In Polen zum Beispiel wird die Kosmetikausbildung an einer Fachhochschule absolviert.Ein gutes Beispiel ist auch die NisV. In Osteuropa werden die entsprechenden Inhalte schon seit den 1980er Jahren im Rahmen der Meisterprüfung in 196 Lehreinheiten geschult. In Deutschland war das bisher nicht vorgeschrieben, wird nun aber ebenfalls Pflicht und führt zu einer unbegründeten, generellen Beunruhigung bei vielen Kolleginnen und Kollegen.

Standards schaffen

Eine erfolgreich abgelegte Meisterprüfung im Kosmetikgewerbe wird national und international jederzeit anerkannt, im System des europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) wird sie mit der Stufe „Niveau 6“ bewertet. Das entspricht dem Level eines Bachelor-Abschlusses an einer Universität.Mit dieser Einstufung ist ein wichtiger Schritt gelungen, nämlich das Kosmetikgewerbe mit gesetzlich anerkannten und festgelegten bundesweit einheitlichen Qualitätsinhalten auszustatten.

Viele Kosmetikerinnen in Deutschland arbeiten als selbstständige 
Unternehmerinnen, verfügen aber mangels einer konkret auf das Kosmetikergewerbe abgestimmten und notwendigen betriebswirtschaftlichen Qualifikation über zu wenige berufs- und arbeitspädagogische Kompetenzen. Die Einführung der Meisterpflicht würde auch den Ausbilderstatus regeln. Momentan darf jeder kosmetische Ausbildungsbetrieb mehr oder weniger unterrichten, wie er will.

„Durch die Zuschüsse sind die Kosten für die 
Ausbildung beinahe zu 100 Prozent erstattet!“

Der Aufbau der Ausbildung

Die Inhalte der Ausbildung sind eine Weiterführung der Inhalte der dualen Ausbildung – immer im Hinblick darauf, dass man sich selbstständig macht. Daher wird viel Wert auf Bereiche wie Institutsmanagement, Beschwerdemanagement oder andere Führungsaufgaben gelegt.Die Ausbildung zum Kosmetikmeister gliedert sich in vier Teile, die bundeseinheitlich festgelegt sind:

Teil 1: Fachpraxis – circa 192 Unterrichtseinheiten

Teil 2: Fachtheorie – circa 264 Unterrichtseinheiten

Teil 3: Betriebswirtschaft – (für alle Gewerke gleich) circa 240 Unterrichtseinheiten

Teil 4: Ausbildereignungsprüfung – (für alle Gewerke gleich) ca. 120 Unterrichtseinheiten.

Die jeweilige Länge der einzelnen Teile kann von Schule zu Schule variieren. Am Ende jedes Teiles steht eine Prüfung an.

Prüfungen

Zum Abschluss des ersten Teils muss ein Meisterprüfungsobjekt erstellt werden. Hierbei muss der Prüfling einen Vorschlag einbringen, etwa die Erstellung eines Behandlungskonzepts anhand eines Hautbildes inklusive einer Kostenkalkulation und der Dokumentation in der Kundenkartei. Das Meisterprüfungsobjekt muss in einem Fachgespräch präsentiert werden. Außerdem werden vom Prüfungsausschuss vier Situationsaufgaben erteilt. Das können zum Beispiel die Durchführung und Dokumentation einer kosmetischen Hand- und Fußpflege sein. Die drei Teile der Prüfung erstrecken sich über drei Tage.Der fachtheoretische Teil gliedert sich in die beiden Bereiche „Kosmetische Dienstleistungen“ und „Management eines Kosmetikinstituts“. Beide werden jeweils mit einer dreistündigen schriftlichen Prüfung abgeschlossen.Die Ausbildung zum Kosmetikmeister kann auch berufsbegleitend absolviert werden, es gibt im Moment sogar mehr berufsbegleitende Ausbildungen als Vollzeitkurse. Auch Fernschulungen und sogar Online-Unterricht sind mittlerweile möglich, was vor allem in der Corona-Krise sehr praktisch ist.

Kosten und Förderung

Die Kosten für die Ausbildung zum Kosmetikmeister unterscheiden sich von Schule zu Schule und sind abhängig von der Anzahl der Unterrichtsstunden. Man kann grob mit 3.000 Euro bis 8.000 Euro für alle vier Teile rechnen. Am teuersten sind die beiden ersten Teile der Ausbildung. Der Preis klingt zunächst sehr teuer, aber es gibt großzügige Zuschüsse vom Bund und von den Ländern. Laut Bundesausbildungsförderungsgesetz wird die Ausbildung zum Kosmetikmeister mit 40 Prozent gefördert.

Die Höhe dieses Aufstiegs-BAföG hängt von Ihrem Vermögen und Einkommen ab. Sie erhalten 40 Prozent der Förderung als Zuschuss, den Rest als zinsgünstiges Darlehen bei der KfW. Bei bestandener Prüfung erhalten Sie noch mal 40 Prozent Darlehenserlass für Lehrgangs- und Prüfungsgebühren. Manche Bundesländer bieten darüber hinaus nach bestandener Prüfung einen Meisterbonus. In Bayern erhält man beispielsweise 2000 Euro, in Brandenburg 1500 Euro.Durch die Zuschüsse sind die Kosten so beinahe zu 100 Prozent erstattet!

Spürbare Vorteile

Der Meistertitel dient als Beweis einer umfassenden beruflichen Handlungskompetenz. Sie zeigen, dass Sie Problemlöser und Entscheider sind und Führungsaufgaben übernehmen können. Sie sind dazu fähig, nicht nur Ihr Wissen zurückzugeben, sondern Sie können auch neue Inhalte verfassen. All das befähigt Sie auch dazu, höhere Preise zu verlangen, die auch gerne bezahlt werden. Die Arbeitsqualität wird höher, was die Kunden eindeutig merken.Momentan gibt es in Deutschland keine Meisterprüfungspflicht. Das ist ein Vorteil für die Kosmetikerinnen mit Meistertitel.

Wenn Sie jetzt freiwillig für sich und Ihre Kundinnen eine solche Prüfung ablegen und die Anstrengungen auf sich nehmen, zeigen Sie damit einen hohen Anspruch an Ihre Arbeit. Kunden wissen: Jede kann Kosmetikerin werden. Aber den Titel „Meister“ bekommt man nicht umsonst. Hier ist wahres Engagement gefragt!Diesen Titel können Sie auch sichtbar eintragen lassen, denn seit 2004 kann man bei entsprechender Qualifika­tion ein „me.“ vor dem Namen tragen.

Das kann auf alle Visitenkarten, auf die Website und auf sonstige Werbematerialien gedruckt werden, sodass Ihre Kunden gleich erkennen, dass Sie über ein hohes Maß an Wissen verfügen. Der Kosmetikmeister muss auch nicht der letzte Karriereschritt sein. Unterschätzen Sie nicht die Möglichkeit, dass Sie mit dem Meister die Qualifikation für ein Studium erfüllen. Außerdem können Sie mit dem Wissen, dass Sie in der Ausbildung in den Bereichen Gesundheitswesen und Betriebswirtschaft erwerben, auch eine Karriere außerhalb der Kosmetik anstreben. Mit dem Titel stehen Ihnen viele Wege offen!

Vielen Dank an meine Kolleginnen, die mich mit ihren Informationen, Texten und Grafiken unterstützt haben: Joanna Stünkel-Gramm und Angelika Baur-Schermbach.

Lehrinhalte des Fachtheoretischen Teils

Kosmetische Dienstleistungen:• Typberatung
• Behandlungstechniken für unterschiedliche Hauttypen
• Inhaltsstoffe und Wirkungsweisen von kosmetischen Produkten
• Make-up entwerfen
• Massagetechniken
• Kosmetische Hand- und Fußpflege
• Methoden zur Problemzonenbehandlung
• Gesichts- und Körperkonturierung
• Depilation/Epilation
• Konzepte zur Gesundheitsförderung
Management eines Instituts:• Maßnahmen zu Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz
• Haftung bei unsachgemäßer Erbringung von Dienstleistungen
• Erstellung von Beratungskonzepten
• Betriebskosten/Preiskalkulation
• Betriebsabläufe planen
• Materialeinsatz
• Nachkalkulation
• Personalverwaltung
• Marketingmaßnahmen
• betriebliches Qualitätsmanagement
• produktgerechte Lagerung
• Informations- und Kommunikationssysteme für Kundenbindung und Warenwirtschaft
Beispielrechnung AusbildungskostenKalkulation für die Kosten der Ausbildung zum Kosmetikmeister

Kurs- und Prüfungs-
gebühren 6.000 Euro
40 % staatlicher 
Zuschuss: – 2.400 Euro

Restdarlehen: 3.600 Euro
40 % Darlehenserlass 
bei Bestehen: – 1.440 Euro

Zwischensumme 2.160 Euro
Meisterbonus: – 1.500 Euro

Restbetrag: 660 Euro
Eva Artner

Eva Artner

Die Autorin ist seit über 35 Jahren Kosmetikmeisterin H/A, Elektrokosmetikerin und Epilatorin. Zudem ist sie Ausbilderin und Trainerin „Kosmetikmeister HWK“ und leitet die Ästhetik Akademie.

www.aesthetik-akademie.de

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