Mit interkultureller Kompetenz punkten

26.11.2018
Foto: Ayoub kayor/Shutterstock.com

Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden Anfang August mitteilte, lag 2017 der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland bei 23,6 Prozent. Viele dieser rund 19,3 Millionen Menschen mit ausländischen Wurzeln sind mit anderen Sitten und Gebräuchen aufgewachsen und pflegen diese auch in Deutschland. Immer mehr Unternehmen passen sich diesen gesellschaftlichen Veränderungen an und erschließen sich dadurch neue Zielgruppen. Und auch im Nagel­studio können Sie von dieser Bevölkerungsentwicklung profitieren.

Information

Informieren Sie sich als Erstes darüber, welchen Nationalitäten die Menschen in Ihrer näheren Umgebung angehören. Denn nicht nur in größeren Städten ist die Bevölkerung vielfältig – auch in kleineren Orten finden sich immer wieder größere Gruppen von Menschen mit denselben Wurzeln zusammen. Vielfach stehen die Angaben über die genaue Einwohnerzusammensetzung sogar bereits auf der Website Ihrer Gemeinde.

Sprachbarrierenreduzieren

Als Nächstes geht es darum, die Sprachbarrieren zu reduzieren, denn gerade Frauen mit Migrationshintergrund haben noch oft eingeschränkte Deutschkenntnisse; das erschwert ihnen das tägliche Leben und die Inanspruchnahme von Dienstleistungen. Und selbst mit englischen Sprachkenntnissen erreichen diese Frauen in der Regel nicht viel, da viele Dienstleister Angst davor haben, ihr vermeintlich unzureichendes Schulenglisch in normalen Alltagssituationen anzuwenden. Legen Sie also als Erstes diese Scheu ab.

Wenn Sie sich auf die Ansprache von Menschen bestimmter Nationalitäten spezialisieren oder diese zumindest nicht ausgrenzen wollen, wäre eine naheliegende Lösung, die eigene Sprachkompetenz dahingehend zu erweitern oder einen Mitarbeiter mit entsprechenden Sprachkenntnissen zu beschäftigen.

Und wenn Sie selbst einen Migrationshintergrund haben und bereits eine fremde Sprache beherrschen, dann bieten Sie Ihre Dienstleistungen doch auch in dieser Sprache an.

Werben Sie mit Ihren Sprachkenntnissen. Foto: sivilla/Shutterstock.com

Netzwerke schaffen

Sprachkompetenzen zu besitzen reicht allein aber noch nicht aus, Sie müssen sie natürlich auch nach außen kommunizieren. Nehmen Sie sich dabei ein Beispiel an den Pflegediensten: Immer mehr werben mit ihren Sprachkompetenzen nicht nur auf ihren Websites, sondern auch auf ihren Fahrzeugen. Und nutzen Sie auch Plattformen wie Facebook, Twitter oder Instagram sowie Flyer, Anzeigen, Aufsteller und Ihre Schaufensterscheibe, um auf Ihre Sprachkenntnisse aufmerksam zu machen! Nur so ist gewährleistet, dass sich Frauen, die diese Sprache sprechen, von Ihnen angesprochen fühlen und Ihr Studio besuchen.

Vielleicht gibt es auch einen Verein für interkulturellen Austausch oder Ähnliches ganz in Ihrer Nähe, zu dem Sie Kontakt aufnehmen beziehungsweise dem Sie sich sogar anschließen können. Ideal wäre auch ein Netzwerk, das den Verständigungsprozess zwischen den Kulturen fördert. All dies sind Ansatzpunkte, die Sie dabei unterstützen können, Ihr besonderes Angebot möglichst breit zu streuen und dort bekannt zu machen, wo es auf fruchtbaren Boden fällt.

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Besonderheiten beachten

Aber auch wenn die ausländischen Frauen bereits im Studio sind, gilt es noch einiges zu beachten, denn jedes Land und jede Kultur hat bestimmte Besonderheiten. Wenn Sie also Menschen aus anderen Kulturkreisen als Kunden gewinnen wollen, sollten Sie die jeweiligen Besonderheiten zumindest kennen, damit Sie nicht irritiert sind, wenn Ihr Gegenüber sich anders verhält oder anders reagiert als erwartet. Ist Ihnen beispielsweise bekannt, dass Schweden ihre Gesprächspartner duzen und nicht siezen, weil das „Sie“ als förmliche Anrede in der schwedischen Sprache nicht mehr existiert? Also, empfinden Sie es bitte nicht als unhöflich, wenn Ihre aus Schweden stammende Kundin Sie duzt.

Und auch bei der Art und Weise der Begrüßung gibt es je nach Kultur deutliche Unterschiede: Das uns bekannte Händeschütteln zur Begrüßung ist zwar im europäischen, US-amerikanischen und australischen Kulturkreis sowohl bei Frauen als auch bei Männern gebräuchlich – in Russland entscheidet beispielsweise die Frau, also Ihre Kundin, ob Sie Ihnen die Hand reicht oder nicht. Die meisten Asiaten akzeptieren das Händeschütteln inzwischen zwar in geschäftlichen Situationen, privat jedoch nur bedingt. Ihre Begrüßung erfolgt traditionell vielfach mit einer Verbeugung. Blickkontakt wird, wenn überhaupt, nur kurz hergestellt. Arabische Frauen sollten Sie ebenfalls eher zurückhaltend begrüßen, da Körperkontakt bei ihnen in der Regel nicht gewünscht ist.

Ein besonderes Augenmerk sollte auch dem Thema „Gastfreundschaft“ gelten. Dazu zählt beispielsweise auch das Anbieten von Getränken. Türken zum Beispiel sind sehr gastfreundlich. Wenn Sie also vorhaben, türkische Kundinnen zu gewinnen, sollten Sie türkischen Tee und Mokka anbieten können und vor allem wissen, wie sie jeweils richtig zubereitet werden. Dazu sollten Sie dann auch türkisches Gebäck reichen und keinen deutschen Schokoladenkeks.

Asiaten und Araber sind ähnlich gastfreundlich. Bei Letzteren gibt es allerdings auch noch eine Besonderheit zu beachten: Araber lehnen prinzipiell mehrmals ab, bis sie Ihre Einladung zu beispielsweise einem Getränk annehmen. Also sollten Sie es ihnen mehrfach anbieten, das sollten Sie im Vorfeld wissen.

Und auch beim Austausch von Visitenkarten und beim Bezahlen kann es zu Missverständnissen kommen. In weiten Teilen Asiens gilt es als Zeichen des Respekts, Visitenkarten beziehungsweise Kreditkarten mit beiden Händen zu geben und zu nehmen und sie genau anzuschauen.

Fazit

Sie merken sicherlich: Es gibt viel zu beachten, wenn Sie vorhaben, auch Menschen aus anderen Kulturkreisen als Kunden für Ihr Studio zu gewinnen. Recherchieren Sie also im Vorfeld im Internet, lesen Sie entsprechende Fachliteratur und/oder befragen Sie Landsleute der Personen, die Sie als Neukunden gewinnen wollen, zu möglichen Besonderheiten. Es ist wichtig, dass Sie und auch Ihre Mitarbeiter die jeweiligen kulturellen Geflogenheiten und Gebräuche kennen. Sie werden sehen, es lohnt sich. Und das nicht nur finanziell. Noch viel mehr werden die emotionalen Kontakte zu den Menschen aus anderen Kulturkreisen Sie bereichern.

Heikle Themen

Ebenso wichtig wie die Kenntnis von Sprache und kulturellen Besonderheiten ist das Wissen um Religion und Politik im Herkunftsland des jeweiligen Kunden. Grundsätzlich gilt zwar: Religion und Politik sind heikle Themen, die niemals Bestandteil Ihrer Gespräche sein sollten! Dennoch sollten Sie sich informieren, was die Religion Ihrer Kundin in Bezug auf Ihre Behandlungsangebote zulässt und was nicht.

Die Fragen, die Sie sich diesbzüglich stellen sollten, sind vielfältig: Sind Massagen und pflegende Behandlungen möglich? Dürfen die Nägel Ihrer Kundinnen mit Gel „versiegelt“ werden oder kann lediglich eine Maniküre vorgenommen werden? Ist das farbige Lackieren der Nägel erlaubt oder ist – wenn überhaupt – nur farbloser Lack zulässig? Wichtig sind auch Informationen zu Länge und Form der Nägel: Sind hier möglicherweise Restriktionen zu erwarten? Gibt es darüber hinaus eventuell Inhalts- oder Duftstoffe, die nicht akzeptiert werden?

Asiaten sind beispielsweise sehr geruchssensibel, sodass stärker parfümierte Pflegeprodukte bei ihnen ein absolutes No-Go darstellen. Das hat allerdings keinen religiösen, sondern einen kulturellen Hintergrund!

Anja Dörnke-Bartling - ist bereits seit mehr als 20 Jahren in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit tätig. Mit ihrer Agentur Text & Co. hat sie sich auf in- und externe Unternehmenskommunikation spezialisiert und entwickelt PR- und Medienkampagnen.

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