Podologie vs. Fußpflege: Der feine Unterschied

15.07.2021
Foto: Evgenii Gurin/Shutterstock.com

Auch 20 Jahre nachdem das Podologengesetz in Kraft getreten ist, gibt es immer noch unwissende oder unstrittige Meinungen, was Podologie und was kosmetische Fußpflege umfasst. Die Grenze ist nicht immer ganz klar. Doch wo stehen beide Berufsgruppen und wer darf eigentlich was?

Sollte es am Fuß zu Beschwerden kommen, das heißt, eine medizinische Behandlung ist nötig, dann ist der Gang zum Podologen der richtige.

Podologen werden dann aufgesucht, wenn ernsthafte Beschwerden vorliegen oder Ärzte ihre Patienten an diese verweisen. Aufgabe des Podologen ist die Bekämpfung der sichtbaren krankhaften Erscheinungen am Fuß. Das umfasst auch alle Maßnahmen, die der Vorbeugung von Fußschäden dienen, insbesondere das rechtzeitige Erkennen von Fußkrankheiten.

Therapeutische Maßnahmen dürfen erst nach ärztlicher Verordnung durchgeführt werden. Seit vielen Jahren ist es möglich, dass die podologische Behandlung bei einem diabetischen Fuß mit einer Nerven- und Durchblutungsstörung auf einer Heilmittelverordnung ausgestellt wird. Seit dem 01.07.2020 ist auch die Ausstellung einer Heilmittelverordnung möglich, wenn der Betroffene nur eine neurologische Schädigung (Neuropathie oder Polyneuropathie) an den Füßen aufweisen kann.

Kosmetische Fußpflege

Grundsätzlich besteht die Aufgabe einer kosmetischen Fußpflegerin neben dekorativen Maßnahmen darin, den gesunden Fuß zu pflegen und zu erhalten. Dabei sollte sie einige wichtige Kriterien beachten.

Eine gut ausgebildete Fußpflegerin sollte über ausreichende medizinische Kenntnisse verfügen, um Erkrankungen und pathologische Veränderungen zu erkennen und Betroffene an einen Arzt zu verweisen – Therapien sind nur Heilmittelerbringern gestattet. Für eine fachgerechte Pflege der Fußhaut sind gute Kenntnisse über die Zusammensetzungen von Kosmetika vonnöten, um dem Kunden genau auf seine Haut abgestimmte Produkte zu empfehlen.

Auch überschüssige Hornhaut kann im Rahmen einer Pediküre entfernt werden. Vorsicht ist jedoch bei der Entfernung von Clavi (Hühneraugen) geboten, sie dürfen vorbeugend entfernt werden. Liegen aber Beschwerden vor, ist eine therapeutische Maßnahme anzuwenden, was Ärzte oder Podologen ausführen.

Die Nagelpflege

Sie enthält das fachgerechte Schneiden, Schleifen, Polieren und Lackieren der Zehennägel, um ihnen ein gefälliges Aussehen zu verleihen.

Wichtig ist auch die Mykoseprophylaxe der Nägel und Zehenzwischenräume.

Die kosmetische Fußpflege dient nicht nur dekorativen Zwecken. Bei regelmäßiger Durchführung kann sie helfen, Erkrankungen vorzubeugen. Bei immer wiederkehrenden Druckstellen kann eine Fußpflegerin auch konfektionierte Hilfsmittel (Druck- und Reibungsschutz) empfehlen.

Unklarer Fußstatus

Ein deutlicher Grenzfall bei der kosmetischen Fußpflege ist der diabetische Fuß. Nicht jeder Diabetiker ist per se ein Hochrisikopatient. Doch hier muss genau erkannt werden, wo die Grenze ist.

Es kann auch sein, dass Grenzen im Lauf der Zeit fließend übergehen. Ein Diabetiker kann im Lauf von Jahren Schäden entwickeln und würde dann natürlich in die Hände von Podologen gehören.

Erkennbar ist dieses dadurch, dass Diabetiker über Folgen ihres Diabetes klagen, zum Beispiel Ner­venschäden oder Durchblutungsstörungen.

Der Grenzfall

Kunden mit vermeintlichen Pilznägeln (Mykose) trifft man häufig in Fußpflegepraxen an, hier wäre das Mitbehandeln ein Grenzfall. Auf keinen Fall darf eine „Sichtdiagnose“ ohne Arzt gestellt werden, denn es gibt verschiedene Nagelerkrankungen, zum Beispiel Psoriasis, die nur im Labor von einem Pilz unterschieden werden können.

Im Klartext

Auch nach fast 20 Jahren Podologengesetz, gibt es immer noch Unklarheiten, Streit und Rechtsfälle, die sich damit beschäftigen, ob die medizinische Fußpflege dem Podologen unterliegt.

Im Klartext: Eine gesetzliche Tätigkeitsgrenze in der kosmetischen Fußpflege gibt es nicht. Es gibt kein Tätigkeitsverbot für Fußpfleger, es gibt einen Titelschutz für Podologen und der besagt: Ein Podologe/medizinischer Fußpfleger darf sich nur derjenige nennen, der die staatliche Ausbildung sowie das abschließende Staatsexamen absolviert hat und die Ernennung zum Berufstitel Podologe durch die Behörde bekommen hat.

Das heißt: Jeder Fußpfleger darf in seinem erlernten und ausgebildeten Bereich tätig sein, solange es sein erworbenes Wissen sowie der Versi­cherungsschutz zulassen. Das heißt auch, dass jedes Bundesland seine Erlasse, damit umzugehen, selbst formuliert.

Wer darf nun was?

In der kosmetischen Fußpflege geht es darum, den gesunden Fuß zu pflegen und zu erhalten. Dabei sollten viele wichtige Kriterien beachtet werden.

  • Hautstatus erstellen.
  • Die Behandlung dokumentieren.
  • Pflege und Erhaltung des gesunden Fußes.
  • Beratung der Heimpflege. Interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Ärzten, Podologen und Schuhtechnikern. Weiterleitung der Kunden bei einer medizinischen Versorgung.
  • Nach Einhaltung der Hygienevorschriften arbeiten.
  • Sachkenntnisse über Kosmetika. Dekorative Pflege (French-Look, Lack).

Podologische Behandlung im kurzen Überblick.

  • Pflege und Erhaltung des gesunden Fußes.
  • Krankhafte Veränderungen am Fuß erkennen und behandeln oder in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit Ärzten beraten.
  • Erstellen eines Fußstatus (Anamnese, podologischer Befund, Lokalbefund). Mitwirkung am prophylaktischen Betreuungskonzept des Patienten.
  • Erkennen von krankhaften Haut- und Nagelveränderungen.
  • Behandlung unterschiedlicher Clavi-Arten und Verhornungen mit Skalpell und Kaustika (Ätzmittel).
  • Behandlung von Nagelveränderungen, Anwendung von Nagelprothetik und Orthonyxie (Spangentechniken).
  • Kenntnisse über Hilfsstoffe, Medikamente und deren Inhaltsstoffe (systemische und Dermatika).
  • Kenntnisse und Anfertigung von Orthosen, Druckentlastungen, Reibungsschutz, Taping.
  • Kenntnisse über Orthopädie, Dermatologie, Anatomie, Pathologie, Physiologie.
  • Kenntnisse über Hygiene/Mikrobiologie, Einhaltung der Hygienevorschriften für den Beruf.
  • Dokumentation der Behandlung.
  • Erkennen und Kennen von Fußfehlstellungen, Zehendeformitäten.
  • Risiko-Fußbehandlungen (Diabetes, Angiopathie, Neuropathie etc.).
  • Kenntnisse über die Biomechanik des Fußes, Auswertung biomechanischer Untersuchungen.
  • Kosmetische Fußpflege.
  • Pflege und Erhaltung des gesunden Fußes.
  • Zusammenarbeit mit angrenzenden Berufen (Ärzte, Masseure, Physiotherapeuten, Podologen).
  • Erstellen des Hautstatus.
  • Erkennen von krankhaften Haut- und Nagelveränderungen.
  • Hornhaut- und Clavi-Entfernung zur Vorbeugung .
  • Mykoseprophylaxe.
  • Anbringen künstlicher Nägel zur Formverbesserung (Naildesign).
  • Kenntnisse über die Zusammensetzung der Kosmetika.
  • Verwendung konfektionierter Hilfs­mittel.
Foto: Autorin
Maren Bloss

Die Autorin ist selbstständige Podologin und Wundexpertin (ICW). Sie leitet eine kassenzugelassene Praxis in Niedersachsen, betreibt Aufklärung zum Berufsbild und hat verschiedene Fachbücher verfasst.

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