Fußbehandlung bei Diabetikern – was ist zu beachten?

21.01.2019
Bild: HELLMUT RUCK GmbH/www.peclavus.de

Als Volkskrankheit Nr. 1 hat sich die Stoffwechselerkrankung Diabetes mellitus weltweit leider eine Spitzenposition erobert. Davon ist der gesamte Organismus betroffen – präventive Maßnahmen gelten vor allem auch den Füßen, bei denen Folgeschäden gezielt vermieden werden können.

Diabetesbezogene Folgeerkrankungen am Fuß

Diabetes kann zu verschiedensten Folgeerkrankungen führen. Solche, die den Fuß betreffen sind vorwiegend:

  • Schädigungen der großen Arterien (Makroangiopathie). Diese kann sich in Durchblutungsstörungen der Beine äußern (periphere arterielle Verschlusskrankheit, kurz: PaVk), wodurch die Beine nicht mehr ausreichend versorgt werden.
  • Hautveränderungen. Entsteht eine Überzuckerung des Blutes, kann sich die Mikroflora der Haut verändern. Die Anfälligkeit besonders gegenüber Hautpilzen nimmt zu. Typisch für die arterielle Unterversorgung (PaVk) ist ein Hautbild, das pergamentartig dünn erscheint.
  • Nervenschäden (sensomotorische Polyneuropathie). Dadurch kann das Empfindungsvermögen beeinflusst werden und Patienten nehmen schmerzende Verletzungen beispielsweise nicht mehr oder anders wahr.

Durch diese Aspekte wird das Auftreten eines diabetischen Fußsyndroms begünstigt. Darunter versteht man Infektion, Geschwürbildung (Ulzeration) und / oder Zerstörung tiefer Gewebe am Fuß, verbunden mit beispielsweise neuropathischen Störungen sowie peripheren arteriellen Durchblutungsstörungen unterschiedlichen Grades. Die Heilungstendenz einmal bestehender Hautdefekte ist extrem beeinträchtigt. Es können sich langwierige Fußkomplikationen entwickeln, bis hin zur Amputation. Solchen Fußkomplikationen kann durch Befolgung diverser Regeln aktiv vorgebeugt werden.

Anzeichen für eine mögliche Diabeteserkrankung

Wissen die Kunden noch nicht, dass bei ihnen ein Diabetes vorliegt, so sollten Sie als Fußspezialist bei folgenden typischen ersten Warnzeichen hellhörig werden:

  • Vermehrter Durst
  • Häufiges Wasserlassen
  • Müdigkeit, Abgeschlagenheit
  • Gewichtsabnahme
  • Sehstörungen
  • Infektanfälligkeit gegenüber z. B. Blasenentzündungen, Pilzerkrankungen.
  • Schlecht heilende Wunden
  • Trockene oder juckende Haut, pergamentartig dünne Haut
  • Als Folge einer sensomotorischen Neuropathie: Kribbeln, Missempfindungen, Brennen an der Sohle, gestörte Schmerz- und Temperaturwahrnehmung, Gefühllosigkeit, bei Druck mit Daumen entsteht ein heller Fleck, der sich erst langsam zurück bildet, gestörte bzw. fehlende Schweißbildung an der Fußhaut

Do’s and Dont’s in der Fuß-Behandlung

Eine podologische Behandlung sollte in Abständen von ca. 4 Wochen regelmäßig erfolgen, um Verletzungen bei der Selbstbehandlung zu vermeiden und mögliche Schädigungen frühzeitig zu erkennen. Liegt zum Beispiel eine Neuropathie vor, kann der Patient vom Arzt ein Rezept für die podologische Komplexbehandlung anfordern und ein Großteil der Kosten wird von der Krankenkasse erstattet. Ob man sich eher für Skalpellarbeit oder schleifende Bearbeitung der Hornhaut entscheidet, hängt vom Hautbild und der Erfahrung des Behandlers ab. Auch ein zu intensives Beschleifen einer Hyperkeratose kann durch die entstehende Wärmeentwicklung bei bestehender Neuropathie zu dauerhaften Schäden am Fuß führen. “Gefährliche“ Instrumente gibt es nicht wirklich, es liegt buchstäblich in der Hand des Behandlers, welche Folgen die entsprechende Bearbeitung nach sich ziehen kann. Es gibt allerdings Zangenformen mit abgerundeten Spitzen und Kanten, die eine sorgsame und verletzungsfreie Behandlung am diabetischen Fuß begünstigen. Ob Schneiden oder Schleifen, ob Spezialinstrument oder normales Instrument, immer geht es um diesen Grundsatz: Verletzungen vermeiden! Denn jede kleine Läsion ist wieder ein Schritt zurück und in den meisten Fällen nur mit langer interdisziplinärer Arbeit zu retten.

Do'sDont's
  • Gesundheitszustand des Patienten feststellen (Fuß- und Zehenmobilität)
  • Fußbad bei max. 37 °C und nicht länger als 3 Minuten
  • Zehenzwischenräume gut abtrocknen
  • Testen der Sensibilität (z. B. durch Stimmgabeltest, Tip-Therm oder Monofilament)
  • Feuchtigkeitsspendende und reizfreie Pflegeprodukte
  • Kunde über Risiken und Fußpflege im Alltag aufklären
  • Verletzungen erzeugen
  • Nagelecken stehen lassen, Nagelränder einschneiden
  • Reizende Stoffe wie Hornhautweicher oder salicylhaltige Produkte
  • Randbezirke einer Verhornung stehen lassen
  • Wärmeentwicklung

Die eigenen Grenzen in der Behandlung

Besteht die Grunderkrankung schon sehr lange und sind damit Folgeschäden an den Füßen entstanden, so sollte nur der erfahrene Podologe am Fuß des Diabetikers arbeiten. Grundsätzlich gilt: Weniger ist mehr und verletzungsfreies Arbeiten oberstes Gebot!

Die Wichtigkeit der interdisziplinären Zusammenarbeit

Gerade bei Diabetes ist das Zusammenspiel von Arzt, Orthopädieschuhmacher und Podologe/in oft entscheidend zur Vermeidung von Folgeschäden am Fuß. Liegen bereits Schädigungen vor (Ulcus), so ist es umso wichtiger, podologische Maßnahmen in ärztlicher Zusammenarbeit durchzuführen. Dies bezieht sich auch auf das Wundmanagement.

Das ist bei Pflegeprodukten zu beachten

Gerade wenn eine Neuropathie vorliegt und die Talg- und Schweißproduktion der Fußhaut gestört ist, ist eine tägliche Pflege mit einem Pflegeprodukt wichtig. Cremes ziehen schneller in die Haut ein als reine Fette (z. B. Vaseline oder Melkfett) oder Öle (z. B. Paraffinöl). Duft-, und Farbstoffe sollten möglichst vermieden werden. Bewährt haben sich Produkte, die eine Feuchtigkeitszufuhr oder -speicherung unterstützen, zum Beispiel mit einem 5-10% igen Harnstoff-Anteil (Urea). Da gerade die diabetische Haut Angriffen von Bakterien und Pilzen extrem ausgesetzt ist, sind auch keimhemmende Komponenten wie bspw. Microsilber oder Teebaumöl geeignet. Vor allem die zertifizierten Naturkosmetikprodukte mit dem Wirkstoff Microsilber haben eine zweifache Wirkung: Sie wirken keimhemmend bei kleinsten Verletzungen und lindern nebenbei noch Fußgeruch.

Das sollten Sie Ihren Kunden mit auf den Weg geben:
  • Täglich prüfender Blick auf die Füße und Zehenzwischenräume – gibt es Blasen, Druckstellen, Entzündungen, Hautrisse, verdickte bzw. verhornte Hautstellen oder andere Veränderungen? Für die Ferse kann ein Diabetikerspiegel hilfreich sein.
  • Reinigung der Füße bei max. 37 °C, optimal mit Thermometer.
  • Verletzungen am Fuß direkt dem Arzt und Fußspezialisten zeigen.
  • Tägliches Pflegen mit einem für Diabetiker geeigneten Pflegeprodukt
  • Vaseline und Melkfett zur Pflege meiden, ebenso salicylhaltige Produkte.
  • Schuhe und Strümpfe möglichst ohne Nähte.
  • Schuhe nachmittags kaufen und einlaufen, danach Füße inspizieren.
  • Weiße Strümpfe, so werden Fußwunden besser bemerkt.
  • Schuhe mit gutem Halt, Profil und flachem Absatz, stark bewegliche, zu weiche und zu enge Schuhe vermeiden.
  • Vor dem Anziehen der Schuhe mit den Händen prüfen, ob Fremdkörper (z. B. kleine Steine) im Schuh sind.
  • Regelmäßige Termine (ca. alle 4 Wochen) beim Fußspezialisten.
  • Für die Eigenbehandlung zuhause keine scharfen Werkzeuge verwenden.

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