Offenheit & Mehrwert sind entscheidend

12.10.2021
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Wie leicht oder schwer fällt es Ihnen, Ihre Preise zu erhöhen und mit Ihren Kunden darüber zu sprechen? Die Preisgestaltung oder sogar -erhöhung gehört oftmals zu den unangenehmen Aufgaben einer Kosmetikerin. Das muss nicht sein, betont Kosmetikerin Astrid Schneeweiß-Dahl. Im Interview berichtet sie, welche Faktoren und Werte dabei eine wichtige Rolle spielen.

Interview mit Astrid Schneeweiss-Dahl - Die Beautyexpertin ist seit 27 Jahren in der Branche und kennt sich in allen Bereichen – von der gehobenen Hotellerie bis hin zum Vertrieb – bestens aus. Heute führt Sie mit großer Leidenschaft ihr eigenes Institut „Beauty up to Date“. www.beautyuptodate.com

BEAUTY FORUM: Wie oft erhöhen Sie Ihre Preise? Wann war das letzte Mal?

Astrid Schneeweiß-Dahl: Ganz ehrlich: Es gibt bei mir keinen Plan für Preiserhöhungen. Ich bin froh, dass ich seit der Eröffnung meines eigenen Kosmetikinstituts die Preise meiner Dienstleistungen im Großen und Ganzen konstant halten konnte. Kommt es bei mir zu Preiserhöhungen, dann hängen diese meistens von denen meiner Kosmetika-Lieferanten ab. Wenn diese die Preise ändern, muss ich die Preise natürlich auch anpassen. Aber das ist gegenüber meinen Kunden relativ leicht zu argumentieren. Die letzte Preiserhöhung gab es in meinem Institut 2019 – also noch vor der Pandemie.

Wie gehen Sie bei der Preiskalkulation vor? Gibt es weitere Faktoren, die dabei eine Rolle spielen?

Verschiedene Faktoren beeinflussen in unserer Sparte den Preis. Es sind nicht nur Arbeitszeit und Materialkosten, die den Preis gestalten. Da müssen auch andere Kosten einberechnet werden. In erster Linie kommt es auf die jeweilige Behandlung an. Wenn man mit effektiven Geräten arbeitet, haben diese auch teilweise einen hohen Anschaffungswert. Aber diese werden benötigt, um den Kunden auch ein wirksames und sichtbares Ergebnis zu schaffen. Ich arbeite auch nur mit hochwertigen Produkten, das zahlt sich aus. Natürlich hat auch die Zeit, die für die jeweilige Behandlung aufgebracht wird, ihren Preis. Man kann mit circa € 1,50 - € 2,00 pro Minute in einem Institut rechnen und mit etwas mehr, wenn man im Hotel-Spa arbeitet.

Um qualitativ und professionell immer auf dem neuesten Wissensstand zu sein, kommt man an regelmäßigen Weiterbildungen nicht vorüber. Das ist für mich eine Selbstverständlichkeit, wenn man seinen Job liebt. Diese Investition kann man auch auf die Preisgestaltung übertragen.

Und nicht zuletzt müssen auch Miete, Strom, Betriebskosten und Versicherungen bezahlt werden.

Bei der Preisgestaltung sollte das Thema Marketing berücksichtigt werden. Auch wenn man zu Großteil mit Stammkunden eingedeckt ist, sollte man es nicht vernachlässigen. Das sind für mich bei der Preiskalkulation wichtige Faktoren. Und all das wird oftmals nicht bedacht. Kosmetikbehandlungen werden oft zu Tiefstpreisen rausgeschleudert. Dabei müsste man dem ganzen viel mehr Wertigkeit geben.

Wie kommunizieren Sie eine Preiserhöhung gegenüber Ihren Kunden?

Um auch hier ehrlich zu sein, das musste ich bis dato nicht. Ich wurde tatsächlich noch von keiner Kundschaft darauf angesprochen. Ich bin dankbar, dass ich trotz des Lockdowns gut durch diese Krise gekommen bin. Durch meine Stammkunden hatte ich weder während des Lockdowns noch danach Probleme, die mich gezwungen hätten, meine Preise zu erhöhen. Es gibt bestimmt Mitbewerber, die in dieser Situation etwas zu kämpfen hatten. Hier muss man mit einer Strategie rangehen und wirklich gut überlegen, wie und welche Preise man anhebt. Gute Argumente dürfen dann auch nicht fehlen und man sollte immer mit offenen Karten spielen, um das Vertrauen der Kunden beizubehalten. Wenn eine Preiserhöhung nicht zu vermeiden ist, sollte der Kunde aber auch einen Mehrwert dazu gewinnen.

Etwa neue Behandlungsformen oder Anwendungen, die man sich in dieser Zeit bei einer Aus- oder Weiterbildung angeeignet hat. Die wirtschaftliche Krisenzeit oder Ähnliches als einzige Begründung zu nennen, ist meiner Meinung nach eher abschreckend.

Wie hat sich die Corona-Krise auf die Preise Ihrer Behandlungen ausgewirkt?

Die Pandemie hat meine Preise nicht beeinflusst. Ich versuche meine Preise stabil zu halten und es ist mir bis jetzt gelungen. Preiserhöhungen habe ich eigentlich nur, wenn die Firmen die Preise der Kosmetikartikel erhöhen und das war nicht der Fall.

Als mein Kosmetikinstitut geschlossen war, habe ich mir überlegt, was ich tun kann, um meine Kunden nicht zu verlieren und wie ich vorgehen würde, diese nach dieser schwierigen Zeit vielleicht wirklich mit einer Preiserhöhung konfrontieren zu müssen. Gute Zusammenarbeit und Kundenbindung muss auch in Krisenzeiten gehegt und gepflegt werden. Ich habe mir gedacht, wenn ich meine Kunden nicht in meinem Institut empfangen darf, dann muss ich eben etwas anderes tun.

Man darf auf jeden Fall seine Kunden nicht vergessen. Eine Geschäfts- oder Kundenbeziehung besteht wie jede „Beziehung“ aus Geben und Nehmen und muss gepflegt werden. Ich habe sie in den sozialen Medien immer auf dem Laufenden gehalten, meinen Online-Shop neu ausgebaut und meine Stammkunden im Umkreis von 50 km, manchmal sogar weiter, selbst beliefert. Es hat sich ausgezahlt.

Orientieren Sie sich bei Ihrer Preisbildung auch an den Preisen Ihrer Mitbewerber aus der Region?

Nein, absolut nicht. So einfach geht das nicht. Ich biete zum Teil andere Behandlungen an, verwende andere Produkte und arbeite in anderen Gegebenheiten. Natürlich gibt es wie in jeder Branche gewisse Richtlinien, an denen man sich orientiert, aber man kann hier nicht einfach die Preisliste der Mitbewerber übernehmen. Das wäre zwar praktisch, funktioniert aber nicht.

Bieten Sie Ihren Kunden Rabatte auf Ihre Behandlungen an?

Mit Rabatten habe ich noch nie gearbeitet. Ich locke niemanden mit großen Rabattaktionen. Natürlich gibt es für Stammkunden, die für mich Werbung machen und mir neue Kunden bringen, oder die z.B. mehrere Zonen lasern, einen besseren Preis, als für jemanden, der nur ein Mal zur Fußpflege kommt oder sich einmal eine Zone lasern lässt. Meine Kunden kommen aber zu mir, weil sie sich und ihrem Körper etwas Gönnen und etwas Gutes tun möchten und das bekommen sie auch. Das wissen meine Kunden und sie fühlen sich wie zuhause. Sie kommen nicht, weil ich ihnen auf eine Behandlung zehn Prozent gebe.

Viel mehr freuen sie sich, wenn ich ihnen immer wieder mal etwas zum Ausprobieren mitgebe. Für meine Stammkunden gibt es zwischendurch oder zu besonderen Anlässen, wie zum Beispiel zu Weihnachten, ein kleines Geschenk.

Ich weiß, worüber sie sich freuen: Vor dem Sommer eine Kosmetik- oder Badetasche oder ein Paar Flip Flops, die sie nach der Fußpflege oder auch zum Badengehen verwenden können. Auch mal mit etwas Süßem, wie einer guten Tafel Schokolade oder ähnlichem, kann man Freude bereiten.

Wie reagieren Sie auf Preisnörgler bzw. Kunden, die sich über die Preise beschweren?

Das habe ich bis heute noch nicht erlebt. Ich versuche, Kunden schon zu überzeugen, bevor diese Frage überhaupt kommt. Ich bin aber auch schon sehr lange in dieser Branche tätig und weiß, wovon ich spreche. Es braucht ein gewisses Maß an Professionalität und Fachwissen, um die Kunden zu überzeugen. Das kann man sich alles aneignen. Auch Weiterbildungen und Trainings im Verkaufsbereich sollten nicht außer Acht gelassen werden. Ich kann noch so gut in meinem Handwerk sein, wenn ich nicht weiß, wie ich richtig verkaufe und argumentiere. Man muss wissen, wie man Kunden abholt und überzeugt. Wenn sich der Kunde verstanden fühlt und das Gefühl hat, in guten Händen zu sein, rückt der Preis in den Hintergrund.

Das Interview führte Julia Barth.

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