Update zur NiSV: Es tut sich was!

08.10.2020
Foto: Dmytro Zinkevych/Shutterstock.com

Die ab dem 31.12.2020 geltende Verordnung zum Schutz vor schädlichen Wirkungen nichtionisierender Strahlung bei der Anwendung am Menschen (NiSV) nimmt ordentlich Fahrt auf. Mittlerweile ist klar, welche Behörden für die Überwachung der Einhaltung der Verordnung zuständig sind, wie die Fachkundeschulungen aussehen und wer sie anbieten darf. Rechtsanwalt Dr. Florian Meyer über den aktuellen Stand.

Anfangs war noch völlig unklar, welche Behörden für die Überwachung der Verordnung zuständig sein sollen und wer unter welchen Voraussetzungen die erforderlichen Fachkundeschulungen anbieten und durchführen darf. Das zuständige Bundesumweltministerium (BMU) hat mittlerweile auf seiner Internetseite eine Liste mit den zuständigen Landesbehörden veröffentlicht. Bei den örtlichen Vollzugsbehörden stehen allerdings noch nicht alle Zuständigkeiten fest, jedoch sollte dies bis zum Geltungsbeginn der Verordnung der Fall sein, sodass sich die von der Verordnung betroffenen Unternehmen und Studios zu gegebener Zeit auf der angegebenen Internetseite informieren sollten.

Richtlinie für Fachkunde

Etwas komplizierter sieht es bei den Fachkundeschulungen aus. Die Fachkundeanforderungen sind in Anlage 3 der NiSV geregelt, sie gelten grundsätzlich ab dem 31.12.2021. Die Fachkunde kann durch die erfolgreiche Teilnahme an einer geeigneten Schulung oder durch eine geeignete Aus- oder Weiterbildung erworben werden.
Das BMU hat hierzu Anforderungenan den Erwerb der Fachkunde für Anwendungen nichtionisierender Strahlungsquellen für die Anwendung am Menschen in Form einer Fachkunderichtlinie erarbeitet. Die Fachkunderichtlinie kann ebenfalls über die Internetseite des BMU abgerufen werden. Die Fachkunderichtlinie konkretisiert die Anforderungen an NiSV-Schulungen und die maßgeblichen Lerninhalte und Lernziele durch Rahmenlehrpläne. Sie richtet sich zunächst an die Vollzugsbehörden, um so ein bundeseinheitliches Verwaltungshandeln bei der Überwachung der Fachkundenachweise zu ermöglichen. Sie richtet sich als Orientierungshilfe aber auch an Schulungsträger und Betroffene. So stellt sie beispielsweise grundlegende Anforderungen an das Schulungskonzept, die Gruppengrößen (nicht mehr als 30 bei Präsenzschulungen) und die Anforderungen an die Lehrenden.

Die Inhalte der Richtlinie

Soweit bei der Vermittlung von Lerninhalten die Anleitung praktischer Tätigkeiten im Rahmen von Übungen mit Geräten umfasst ist, gehört zur fachlichen Qualifikation auch eine mindestens einjährige, im Bereich optische Strahlung mindestens zweijährige praktische Anwendungserfahrung mit diesen Anlagen. Dass Lehrende zwingend Ärzte sein müssen, wird aber nicht gefordert, allerdings müssen bestimmte praktische Übungen unter fachärztlicher Aufsicht erfolgen (so beispielsweise bei Schulungen zu Ultraschall und optischer Strahlung).
Auch besteht die Möglichkeit, dass E-Learning-Kurse angeboten werden. Prüfungen müssen einer Prüfungsordnung folgen und am Ende erfolgt eine schriftliche Prüfung im Rahmen einer Präsenzveranstaltung, die sich aus Multiple-Choice-Fragen und offenen Fragen zusammensetzt.
Voraussetzung für die Teilnahme an der Prüfung ist das Absolvieren aller Lerneinheiten nach dem Anhang der NiSV. Diese werden inhaltlich durch die in der Fachkunderichtlinie enthaltenen Rahmenlehrpläne konkretisiert. Die Schulungsteilnehmenden erhalten nach erfolgreichem Schulungsabschluss einen qualifizierten Schulungsnachweis in deutscher Sprache, aus dem detailliert und anhand der Rahmenlehrpläne überprüfbar zumindest die vermittelten Schulungsinhalte, der zeitliche Umfang des jeweiligen Schulungsteils und die Art der Inhaltsvermittlung (beispielsweise E-Learning, Präsenzveranstaltung, praktische Übung) hervorgehen. Beispiele dafür, wie solche Bescheinigungen auszusehen haben, finden sich wiederum auf der Internetseite des BMU.

Besonderheiten

Die NiSV fordert nicht, dass die Schulungseinrichtungen staatlich akkreditiert, zertifiziert oder anerkannt sein müssen. Allerdings können sich die der NiSV unterliegenden Geräteanwender den Erwerb ihrer nach der NiSV erforderlichen Fachkunde durch sogenannte Personenzertifizierungsstellen auf Antrag und gegen Gebühr bestätigen lassen. Der Geräteanwender wird also durch die Personenzertifizierungsstelle hinsichtlich der NiSV-Fachkunde zertifiziert. In dem Fall wird das Vorliegen des Fachkundenachweises vermutet, die zuständigen Behörden werden also bei Vorliegen einer solchen Zertifizierung in der Regel nicht noch mal prüfen, ob der Fachkundenachweis auch tatsächlich erbracht wurde. Voraussetzung einer solchen Zertifizierung ist eine vorangegangene Überprüfung und Anerkennung des Schulungsträgers, bei dem die Lehrgänge absolviert wurden, durch die Personenzertifizierungsstelle.
Zu den Voraussetzungen einer Zertifizierung gehört ferner das erfolgreiche Bestehen einer bei der Personenzertifizierungsstelle abzulegenden Prüfung. Diese entspricht inhaltlich der Lehrgangsabschlussprüfung bei einem Schulungsträger und folgt den Anforderungen nach der bereits erwähnten Fachkunderichtlinie. Die Prüfung bei der Zertifizierungsstelle kann die Prüfung beim Schulungsträger ersetzen. Die Lehrgangsabschlussprüfung beim Schulungsträger kann somit entfallen, was allerdings eine Zusammenarbeit zwischen Schulungsträger und Zertifizierungsstelle voraussetzt.
Ohne einen von der Personenzertifizierungsstelle „anerkannten“ Schulungsträger wird die Personenzertifizierungsstelle nicht dem Anwender das Fachkundezertifikat ausstellen, welches gegenüber den Behörden als Nachweis für die Fachkunde dient. Anwender sind also gut beraten, sich nur bei solchen Schulungsträgern schulen zu lassen, die nach einer erfolgreichen Überprüfung und Anerkennung auf der Webseite der Zertifizierungsstelle entsprechend gelistet sind. Bei nicht gelisteten Schulungsträgern kann es bei den Behörden Probleme mit der Anerkennung der Fachkundenachweise geben.

Zertifizierungsstellen

Noch offen ist, wer diese wichtigen Personenzertifizierungsstellen sein werden. Grundsätzlich kann jeder sich als Personenzertifizierungsstelle akkreditieren lassen, wenn die geforderten Voraussetzungen erfüllt werden. Entsprechende Anträge können bei der Deutschen Akkreditierungsstelle gestellt werden.
Auch Schulungsträger können sich als Personenzertifizierungsstelle akkreditieren lassen, allerdings können sie dann nicht als Personenzertifizierungsstelle gegenüber ihren eigenen Lehrgangsabsolventen auftreten.
Es bleibt abzuwarten, welche Unternehmen künftig hier als Personenzertifizierungsstellen und Schulungsträger agieren werden.
Die betroffenen Geräteanwender sind gut beraten, sich sehr sorgfältig darüber zu informieren, wer ihnen NiSV-Schulungen und -zertifizierungen anbietet. Die Validität der Einrichtungen wird im Zweifel schwer zu durchschauen sein, Unterstützung bieten hier Interessenverbände und spezialisierte Rechtsanwälte.

NiSV, HeilprG und Co.

Gerichtsentscheidungen zum Anwendungsbereich der NiSV gibt es bislang mangels Geltung dieser noch nicht, was sich ab dem 31.12.2020 aber schnell ändern kann. Bereits jetzt argumentieren einige Geräteanbieter mit der NiSV, wenn es um die Frage geht, ob kosmetische Behandlungen wie Laserbehandlungen unter das Heilpraktikergesetz (HeilprG) fallen. Das Verhältnis zwischen der NiSV und dem Heilpraktikergesetz und andere Fragen dazu, welche Behandlungen künftig erlaubt sind, werden mit Sicherheit Gegenstand künftiger Gerichtsurteile sein.
Auch die Frage der Delegationsbefugnis an Mitarbeiter muss noch geklärt werden. Das BMU hat sich hierzu bereits auf seiner Internetseite positioniert und hält eine Delegation nur bei Ärzten für zulässig.
Ob diese Position auch vor Gericht Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. Es geht also voran mit der NiSV, auch wenn noch vieles im Fluss ist. Geräteanwender sollten sich auf jeden Fall bezüglich der weiteren Entwicklungen informiert halten.

NiSV-Update auf einen Blick:

  • Eine Liste mit den zuständigen Landesbehörden ist auf der Internetseite des Bundesumweltministeriums (BMU) veröffentlicht.
  • Die Fachkundeanforderungen sind in Anlage 3 der NiSV geregelt, sie gelten grundsätzlich ab dem 31.12.2021.
  • Das BMU hat Anforderungen an den Erwerb der Fachkunde für Anwendungen nichtionisierender Strahlungsquellen für die Anwendung am Menschen in Form einer Fachkunderichtlinie erarbeitet und auf der Internetseite des BMU veröffentlicht.
  • Die Schulungseinrichtungen müssen laut NiSV nicht staatlich akkreditiert, zertifiziert oder anerkannt sein.
  • Ohne einen von der Personenzertifizierungsstelle „anerkannten“ Schulungsträger wird die Personenzertifizierungsstelle dem Anwender das Fachkundezertifikat nicht ausstellen, das als Fachkundenachweis bei den Behörden vorzulegen ist.
  • Geräte-Anwender sollten sich nur bei solchen Schulungsträgern schulen lassen, die nach einer erfolgreichen Überprüfung und Anerkennung auf der Webseite der Zertifizierungsstelle entsprechend gelistet sind.
  • Noch offen ist, wer diese Personenzertifizierungsstellen sein werden.
  • Auch die Frage der Delegationsbefugnis an Mitarbeiter muss noch geklärt werden.

Dr. Florian Meyer
Der Rechtsanwalt berät seit 2006 Kosmetikunternehmen zu verschiedenen Rechtsthemen. Diese umfassen Vertragsgestaltung, Haftungsfragen, Wettbewerbsrecht, Heilmittelwerberecht sowie Kosmetik- und Medizinprodukterecht.

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