Oh je, das hat gesessen! Eine Kundin hat in einem Bewertungsportal oder bei Google so richtig zugeschlagen und Sie und Ihre Arbeit in einem verbalen Rundumschlag niedergemacht? Das wiegt schwer auf Ihrer Seele und Ihrem Mindset. Heilpraktikerin für Psychotherapie Claudia Gesang erklärt, wie Sie mit Kritik positiv umgehen können.
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Fakt ist, dass Kritik in unserem Alltag permanent vorhanden ist – sowohl konstruktive als (leider häufiger) auch destruktive. Wir leben als soziale Wesen und da liegt es in der Natur der Sache, dass wir – bewusst und auch unbewusst – immer wieder bewerten und damit Urteile fällen.
Es stellt sich also nicht die Frage nach der Existenz von Kritik, sondern wie wir mit ihr umgehen. Fakt ist auch, dass wir alle Menschen sind. Wir sind verletzlich … an manchen Tagen stecken wir Kritik besser weg als an anderen. Es kommt natürlich auch ganz erheblich auf die Art der Kritik an.
Kritik ist nicht immer negativ oder gemein
Nehmen wir zunächst den besten Fall: Wir erhalten von unserer Kundin das Feedback, dass sie dieses Mal mit unserer Gesichtsmassage nicht ganz zufrieden sei. Die Massage sei irgendwie hektischer und auch kürzer gewesen als sonst.
Die Situation stellt sich folgendermaßen dar: Die Kundin konfrontiert uns direkt nach der Behandlung und unter vier Augen. Damit können wir in aller Regel gut umgehen. Für uns heißt das jetzt: nachspüren, ob wir nicht so ruhig und ausgeglichen sind wie sonst, und auf die Uhr sehen, ob die Dauer wirklich kürzer war. Wenn wir uns gegenüber ehrlich sind und feststellen, dass die Kundin recht hat, dann sollte es niemandem schwerfallen, sich zu entschuldigen und ihr eine kleine Wiedergutmachung anzubieten.
Problematische Kritik
Wenn wir öffentlich kritisiert werden, wird es problematisch – beispielsweise in einem Bewertungsportal oder vielleicht sogar auf unserer eigenen Webseite. Wenn die Kritik – nach Prüfung unserer Eigenwahrnehmung – dann auch noch ungerechtfertigt ist, kann das unseren Seelenfrieden aus der Balance bringen.
Je weniger stark unser Selbstwertgefühl ausgeprägt ist, desto heftiger wird unsere innere Reaktion auf einen solchen „Angriff“ ausfallen. Insbesondere wenn wir Perfektionistinnen sind, könnten wir eine solche Meinungsäußerung (denn nichts anderes ist eine solche Kritik) als eine Art Bedrohung ansehen – quasi als Beweis unserer Unzulänglichkeit.
Gedankenkarussell stoppen
Spätestens wenn wir dieses Gefühl spüren, sollten wir ganz bewusst einen Gedankenstopp erzwingen. Denn eine kritische Meinungsäußerung muss nicht per se der Wahrheit entsprechen. Unsere Kundin hat sich vielleicht über eine Kleinigkeit geärgert (für die wir noch nicht einmal verantwortlich sein müssen) und sich auf dem Nachhauseweg gedanklich „hochgeschaukelt“ – was sich dann in einer vernichtenden Kritik im Internet äußert.
Machen wir uns nichts vor: Die besagte Kundin wird sich nach ihrem verbalen Erguss erst einmal gut fühlen, frei nach dem Motto: „Der hab’ ich’s jetzt aber mal gegeben!“
Der richtige Umgang mit Kritik
An uns liegt es nun zu entscheiden, wie wir mit der Kritik umgehen – sowohl innerlich als auch öffentlich. Unsere Inneres hat zwei Möglichkeiten:
- Wir können die Kritik kritiklos annehmen – das wäre die schlechtere Variante, denn sie wird uns belasten, zum Grübeln bringen und Selbstzweifel nähren. Das ist keine gute Idee!
- Wir können die Kritik zur Kenntnis nehmen und einordnen – diese Variante lässt uns Reaktionsmöglichkeiten, und das ist positiv, denn damit fühlen wir uns weniger hilflos. Falls die Kritik übertrieben formuliert, aber im Grunde berechtigt ist, sollten wir persönlich mit der Kundin in Kontakt treten – also im nicht öffentlichen Rahmen. Wir können ihr freundlich, aber bestimmt vermitteln, dass wir ihre Kritik ernst nehmen, aber ihre Wortwahl für sehr unpassend halten. In einem solchen Vier-Augen-Gespräch kann die Kundin leichter einlenken und eingestehen, dass sie in ihrer Verärgerung vielleicht überreagiert hat. Dann sollten wir sie bitten, im gleichen Portal zeitnah eine positive Bewertung zu unserer Reaktion auf ihre Kritik einzustellen.
Richtiger Umgang mit Kritik
Mit den folgenden Tipps können wir leichter mit Kritik umgehen:
- Erst einmal tief durchatmen und eine selbstsichere Körperhaltung einnehmen, denn wir sind nicht in Lebensgefahr.
- Ruhig zuhören beziehungsweise ruhig bleiben beim Lesen, denn die Worte bilden die subjektive Meinung der Kundin ab.
- Uns ein wenig Zeit geben und nicht sofort „zurückschießen“, denn wir wollen uns nicht auf das Niveau der Kundin begeben.
- Die Botschaft der Kritik verarbeiten und prüfen, ob sie wirklich gerecht- fertigt ist, denn auch unsere Kundin ist nur ein Mensch, der gute und weniger gute Tage erlebt.
Öffentliche Richtigstellung
Falls die Kritik im Internet ungerechtfertigt ist, sollten wir im gleichen Portal sofort eine Richtigstellung posten – mit sachlichen Argumenten und ohne scharfe Sprache. Damit ist die vernichtende Kritik zwar nicht vom Tisch, aber potenzielle Kundinnen können sich so besser eine eigene Meinung bilden. Ignorieren sollten wir solche verbalen Angriffe nämlich auf keinen Fall!
Sie beeinflussen unser Ranking, unseren guten Ruf und damit letztendlich unsere Finanzen. Nehmen wir als Beispiel für eine Internetplattform einmal „Google“ an.
Öffentliche Kritik löschen?
Wir können nicht einfach alle Bewertungen, die uns nicht gefallen, löschen lassen, denn (zum Glück) gilt hierzulande das Recht der Meinungsfreiheit. Darunter können auch scharfe Worte oder überzogene Äußerungen gehören.
Wenn Bewertungen allerdings unwahre Behauptungen, Schmähungen, Beleidigungen oder Drohungen enthalten, ist eine Löschung durch den Plattformbetreiber möglich. Auch sogenannte Fake-Bewertungen sind nicht zulässig. Allerdings ist der Grat zwischen freier Meinung und Lüge sehr schmal. Wenn eine Kundin behauptet, unser Institut sei nicht sauber oder unsere Behandlung grob, dann kann das das subjektive Erleben der Kundin widerspiegeln … was mit den Tatsachen nichts gemein haben muss. Eine Löschung wird hier also nur schwer zu erreichen sein.
Beliebt sind (leider) auch negative Bewertungen in Form der Vergabe nur eines einzigen Sternes. Falls eine solche Bewertung ohne Text, also ohne Erfahrungsbericht der Kundin, vorliegt, ist dies nach „Google“-Richtlinien unzulässig, und wir können die Löschung beantragen. Falls in einer Rezension „verbale Gewalt“ deutlich wird, können wir die Löschung ebenfalls beantragen.
Wie geht das? Wenn eine zur Löschung geeignete negative Bewertung vorliegt, können wir in einem Formular, das direkt von Google bereitgestellt wird, einen Antrag zur Löschung stellen. In dieses Formular tragen wir unsere Daten und unser Anliegen ein und (wichtig!) „unterschreiben“ mit vollem Namen. Danach geht dieser Antrag an die Google-Rechtsabteilung.
Vorsicht – es ist nicht ganz einfach: Wenn wir unseren Anspruch nicht eindeutig beweisen können oder das Formular in Teilen falsch ausfüllen, wird Google nicht reagieren. Die Reaktionszeit ist ohnehin sehr lang, da tagtäglich eine Flut solcher Anträge eingeht. Hier kann es – je nach „Heftigkeit“ der Bewertung – empfehlenswert sein, einen Anwalt einzuschalten, der unserem Anliegen den entsprechenden Nachdruck verleihen kann.
Kundschaft um Kritik bitten
Bewertungen sind heutzutage ein wichtiger Baustein für unser Marketing, deshalb sollten wir unsere Kundinnen bitten, bei Zufriedenheit entsprechend gute Bewertungen für uns im Netz (und natürlich auch auf unserer Webseite) abzugeben. Allerdings dürfen wir hierfür keinerlei „Bonbons“ anbieten – die Bewertung muss immer freiwillig und ohne Gegenleistung abgegeben werden!
„Je weniger stark unser Selbstwertgefühl ausgeprägt ist, desto heftiger wird unsere innere Reaktion auf eine solche Kritik ausfallen."Der richtige Umgang mit Kritik
Denken wir also beim ersten Lesen oder Hören einer Kritik daran,
- uns für das Feedback zu bedanken,
- Verständnis für den Ärger der Kundin zu zeigen,
- Lösungsvorschläge anzubieten,
- für konstruktive Kritik zu danken,
- bei fehlender Begründung für eine schlechte Bewertung um Details zu bitten,
- Möglichkeiten der Kontaktaufnahme mit uns anzubieten.
- Und wenn wir selbst kritisieren, sollten wir Folgendes bedenken:
- Kritik sollte immer zunächst mit etwas Positivem beginnen – als Zeichen der Wertschätzung!
- Kritik sollte nie pauschal geübt werden – benennen wir immer konkrete Fälle oder Beispiele!
- Kritik sollte immer einen Handlungswunsch beinhalten („Ich würde mir wünschen, dass …“), so ist der/die Kritisierte weniger hilflos!
Zum Schluss noch ein (notwendiger) Disclaimer meinerseits: Dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar!
Ich wünsche uns allen ein glückliches Händchen und ein gutes Maß an Resilienz!
Die gelernte Industriekauffrau, Kosmetikerin und Heilpraktikerin für Psychotherapie arbeitet freiberuflich als Autorin im Kosmetik- und Wellnessbereich. www.claudia-gesang-balance.de