Sie beinhalten neue Ideen und Erfindungen, die in Reinigungs- oder Pflegekonzepte umgesetzt werden, erfolgreich Anwendung finden und den Markt durchdringen: Ob sich Innovationen nachhaltig durchsetzen, hängt aber unter anderem von ihrer Performance und ihrer Biokompatibilität ab.
Wirkstoffe von außen
Der Begriff Wirkstoff impliziert zunächst einmal, dass die entsprechende Substanz eine Wirksamkeit erzielt, die in vitro (Zellkulturversuche), an humanen Hautäquivalenten (Hautmodelle) oder in vivo (Probandentests) nachgewiesen ist. Innovatives findet sich aktuell vorzugsweise in den Themenwelten Lichtschutz, Anti-Pollution und Detox; daneben in den Segmenten Anti-Aging, Akne, sensible und feuchtigkeitsarme Haut.
Tages- und Lichtschutz
Im Segment Lichtschutz und Tagespflege gewinnt der Aspekt des Infrarotschutzes durch Erkenntnisse in Wissenschaft und Forschung zunehmend an Bedeutung. Hier werden zur Einarbeitung in Creme, Lotionen oder Gele mittlerweile Hochleistungsmoleküle mit lang anhaltendem Schutzeffekt bereitgestellt. Langzeitstabile Antioxidanzien wie das lipophile Bis-Ethylhexyl Hydroxydimethoxy Benzylmalonate gewährleisten einen sehr guten Infrarotschutz über 24 Stunden und neutralisieren so Radikale über die Expositions- bzw. Besonnungszeit hinaus. Das Molekül schützt die epidermalen Lipide, stabilisiert UV-Filter, ist stabiler als Tocopherol und es ist vielen herkömmlichen Antioxidanzien in der Wirkung überlegen. Das Molekül gilt als „Advanced Photoprotection-“Innovation für eine neue Generation von Hautschutzprodukten zum Schutz vor vorzeitiger Hautalterung durch langwellige Strahlen.
Unreine Haut
Durch die weltweite Zunahme der Resistenz von Keimen gegenüber Antibiotika schlagen etliche Arzneimittel nicht mehr gegen Bakterien (u.a. Propionibacterium acnes) an. Deshalb sind im Bereich der äußerlichen Behandlung von unrein-entzündlicher Haut antibakteriell wirksame „Antibiotika-Ersatzstoffe“ von großem Interesse. Innovationen mit hoher Performance sind rar. Zwei Wirkstoffe mit ausgezeichneter Wirksamkeit gegen entzündliche Papeln und Pusteln, allerdings ohne nennenswerten Effekt auf rigide, festsitzende Komedonen, sind Boldin und Lignane.
Boldin ist ein Alkaloid aus den Blättern der wilden Minze bzw. den südamerikanischen Boldoblättern. Es regt die Produktion und Ausschüttung von hauteigenen Peptid-Antibiotika an (β-Defensine), wirkt antimikrobiell und steigert die Hautabwehr bzw. Hautimmunität. Boldin hemmt zudem Cytokine und Interleukin-8 und verhütet neue Entzündungen. Beispiel: Peumus Boldus Leaf Extract.
Lignane gehören zur Gruppe der pflanzlichen Abwehrstoffe. Sie hemmen das Enzym 5α-Reduktase und regulieren die Hyperproduktion der Talgdrüsen. Folglich verringert sich der unschöne Hautglanz bei Seborrhoikern, entzündliche Hautblüten nehmen ab. Beispiel: standardisierter Extrakt aus Linum usitatissimum (Linseed) Seed Extract. Ergänzend ist der Einsatz der Lipo- aminosäure Capryloyl Glycine zielführend, wenn neben Propionibacterium acnes auch das Wachstum von Malassezia furfur (früher: Pityrosporum ovale) eingeschränkt werden soll. Letztgenannter ist der Erreger bei Pityriasis versicolor (Kleiepilzflechte), seborrhoischem Ekzem und mitbeteiligt an Follikulitis.
Antipollution & Detox
Zur Erhaltung der Hautgesundheit und zum Schutz vor negativen Umwelteinflüssen werden zunehmend Antipollution-Konzepte nachgefragt. Rohstoffseitig werden oberflächenwirksame Schutzmoleküle neben einigen Spezialwirkstoffen zur Neutralisierung spezieller Schadstoffe angeboten.
Adhäsive Schutzstoffe in Form natürlicher oder synthetischer Polymere bilden eine physikalische Barriere gegen das Eindringen von Noxen. Beispiel: Extrakt aus dem Moringabaum.
Moleküle, welche vor Peroxidation von Lipiden schützen und den natürlichen Hautschutzstoff Superoxiddismutase aktivieren. Beispiel: Heteropolysaccharide aus einem asiatischen Steinpilz (Silberohr) kombiniert mit synthetischem Ferric Hexapeptide-35. Die Komposition erhält die physiologische Aktivität der Autophagie und verhütet eine vorzeitige Hautalterung. Durch die Neutralisierung von Sauerstoffradikalen werden oxidative Zellschäden vermieden.
Spezialwirkstoffe zur Aktivierung von zelleigenen „Mülleimern“ (Proteasome) und Recyclingprozessen. Ein Beispiel aus dem Pflanzenreich sind Peptide aus der Avocado (Hydrolyzed Avocado Peptide).
Wirkstoffe von innen
Der Vitamin- und Nährstoffgehalt der täglichen Ernährung ist in den letzten Jahrzehnten ebenso zurückgegangen, wie gleichermaßen die Belastung des Körpers und der Haut durch alltags- und stressbedingte freie Radikale zugenommen hat. Mangelzustände breiten sich aus: nicht abheilende Pickel, brüchige Nägel, glanzlose, trockene und gesplisste Haare, juckende Körperhaut oder schuppige Kopfhaut.
Nutricosmetics für die Schönheit von Haut, Haaren und Nägeln erfahren eine Renaissance und unterstützen hautzustandsbezogene Beautykonzepte. Wissenschaftlich am besten untersucht sind Antioxidanzien wie Carotinoide, Lycopin oder Pycnogenol. Mithilfe der Ramanspektroskopie wurde an Hochschulen nachgewiesen, dass die tägliche Einnahme über mindestens 2 Monate ein sogenanntes „antioxidatives Netzwerk“ in den Hautschichten aufbaut, welches die Schutzfunktion der Haut nachhaltig stärkt (Lademann, J., Charité Berlin, 2012). Aktuell steht Vitamin D im Fokus der Haut- und Krebsforschung und es wird von Medizinern dringend die tägliche Substitution in den Wintermonaten eingefordert. Lichtarmut – insbesondere der Mangel der erforderlichen UV-B-Strahlung zwischen Oktober bis April – führt zu Vitamin-D-Defiziten, was unter anderem diversen Kanzerosen Vorschub leistet (DDG Kompakt, Leibzig, 2016).
Dr. Sabine GüttDie studierte Kosmetologin ist Cosmetic Consultant, Expertin für Produktentwicklung, Behandlungskonzepte und Trainingsmanagement sowie Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Reviderm AG.
Die vollständige Version dieses Artikels finden Sie in der BEAUTY FORUM Deutschland Ausgabe 03/2017.
