Wechseljahre – weg mit dem Tabu!

24.02.2025
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Die Wechseljahre betreffen die Hälfte der Weltbevölkerung. Das sind fast vier Milliarden Frauen! Dennoch wird immer noch sehr wenig über die Wechseljahre gesprochen. Wir haben Valentina  Ullrich, Gründerin einer digitalen Klinik für Frauen in den Wechseljahren, interviewt. 

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Valentina Ullrich
hat Kommunikationswissenschaften und Psychologie studiert und zusätzlich einen MBA abgeschlossen. 2020 gründete sie ein Unternehmen für Periodengesundheit. Heute ist sie CEO und Gründerin von Frieda Health, einer digitalen Klinik für Frauen in den Wechseljahren. www.frieda.health

Welche Symptome nennen Frauen am häufigsten auf die Frage, was sie in den Wechseljahren körperlich und psychisch beeinflusst? 
Valentina Ullrich: Das hängt davon ab, in welcher Phase der Wechseljahre sich eine Frau befindet. Generell treten häufig Hitzewallungen, Schlafpro-bleme beim Ein- und Durchschlafen sowie Verstimmungen auf, die sich oft wie ein lang anhaltendes prämenstruelles Syndrom anfühlen. Darüber hinaus treten auch häufig subtilere Belastungen wie Frustration, Schwierigkeiten bei der Alltagsbewältigung und zwischenmenschliche Konflikte auf, die im direkten Zusammenhang mit den Wechseljahren zu stehen scheinen.

Wie können Frauen mit den sozialen und kulturellen Stigmata umgehen, die oft mit dem Älterwerden verbunden sind?
Das ist in der Tat sehr schwierig, da diese Stigmata seit Jahrzehnten bestehen und tief verwurzelt sind. Hinzu kommt, dass die menschliche Angst eine große Rolle spielt, denn viele fürchten sich vor dem Älterwerden und seinen Begleiterscheinungen. Aber es gibt mittlerweile großartige Vorbilder in der Öffentlichkeit, die das Älterwerden sowohl äußerlich als auch innerlich feiern und ihre Erfahrungen und Tipps teilen. Wir können unseren Fokus bewusst darauf richten, positiv darüber sprechen und die Vorteile hervorheben.

Wie wichtig ist die Aufklärung über die Wechseljahre in der Gesellschaft und wie kann das Bewusstsein geschärft werden?
Das ist von großer Bedeutung. Solange selbst Fachexperten an der Einstellung „Das ist nur eine Phase, da muss Frau eben durch!“ festhalten, wird es für Betroffene sehr schwer, ernst genommen zu werden – oder sich selbst ernst zu nehmen und für sich selbst zu sorgen. Die Wechseljahre sind zudem nicht nur mit Symptomen belastet, sondern können auch das Risiko für chronische Erkrankungen im Alter erhöhen und den Alterungsprozess auf zellulärer Ebene beschleunigen.

Welche Rolle spielt Stressmanagement und welche Techniken sind besonders effektiv, um die Lebensqualität in den Wechseljahren zu verbessern?
Stress spielt in den Wechseljahren eine zentrale Rolle. Durch die vielen Veränderungen, sowohl im Leben als auch im Körper berichten Frauen häufig von einer verringerten Resilienz. Das ist an sich schon frustrierend und kann zusätzlich dazu führen, dass Symptome stärker wahrgenommen werden und der Alltag immer herausfordernder wird. Es ist daher entscheidend, sich bewusst Zeit zu nehmen, um diesen Teufelskreis zu durchbrechen – was jedoch gleichzeitig sehr schwierig sein kann.

Welche Rolle spielen Ernährung und Bewegung in dieser Lebensphase?
Wie in jeder Lebensphase spielen Ernährung und Bewegung eine große Rolle. Durch die hormonellen Veränderungen verändert sich auch der Fettstoffwechsel, was zu Gewichtsschwankungen, häufig einer Zunahme, führen kann – selbst wenn die Ernährung unverändert bleibt. Dadurch werden auch Nährstoffe anders aufgenommen und verarbeitet. 
Pauschale Empfehlungen für Nährstoffe lassen sich jedoch nicht geben. Das Einzige, was allgemein zutrifft, ist die erhöhte Gefahr von Osteoporose und Muskelschwund. Daher ist vor allem Kraftsport die ideale Unterstützung in den Wechseljahren. Für das mentale Wohlbefinden gilt weiterhin: viel Bewegung und frische Luft.

Wie können Frauen ihre sexuelle Gesundheit und Libido während der Wechseljahre fördern?
Vaginale Trockenheit ist leider unvermeidlich, aber mittlerweile gibt es tolle Intimpflege-Marken, die Cremes und Lotionen anbieten. Das ist oft der erste Schritt, denn die Libido sinkt natürlich, wenn der Sex zunehmend schmerzhaft wird. Viele Frauen berichten zudem, dass sie die gesunkene Libido aktiv angegangen sind. Sie haben sich ihrem Partner gegenüber geöffnet, um Verständnis aufzubauen, und frischen Wind ins Schlafzimmer gebracht, indem sie neue Dinge ausprobiert haben. Oft liegt der Grund für die gesunkene Libido nicht direkt in der Menopause, sondern in einer langen Zeit mit dem gleichen Partner, in der bewusste Zuwendung und Aufmerksamkeit einschlafen oder ein „Standardprogramm“ abläuft. Letztlich kann man auch einfach anerkennen, dass es Phasen gibt, in denen die Libido etwas schwächer ist.

Welche langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen können die Wechseljahre auf Frauen haben?
Leider wurde in diesem Bereich noch zu wenig Forschung betrieben, und klare Korrelationen werden nur nach und nach veröffentlicht. Doch es ist bereits bekannt, dass der häufig sehr schnelle Abfall der Hormone den Alterungsprozess auf zellulärer Ebene beschleunigen kann. Zudem besteht ein erhöhtes Risiko für Osteoporose, Diabetes sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wir betonen jedoch auch, dass die mentale Gesundheit ebenso in den Fokus rücken sollte, denn die langfristigen Folgen von chronischem Stress und Verstimmungen sind ebenfalls wichtige Faktoren für ein gesundes Altern.


Welche Rolle spielen regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen in der Zeit?
Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen sind bereits vor den Wechseljahren, also vor der Perimenopause, essenziell. Ab da bleiben nicht nur die Brustkrebsfrüherkennung und ähnliche Untersuchungen wichtig – ich habe bereits über die erhöhten Risiken während und nach den Wechseljahren gesprochen. 
Es ist entscheidender denn je, die eigenen Gesundheitswerte zu kennen. Dies ermöglicht personalisierte, präventive Maßnahmen und eine gezielte Aufklärung. Welche Untersuchungen im Einzelfall relevant sind, kann der betreuende Facharzt am besten beurteilen.

Welchen Tipp geben Sie Frauen, um sich auf die Wechseljahre vorzubereiten und diese Zeit positiv zu gestalten?
Sich rechtzeitig zu informieren, ist das A und O. Viele Frauen fühlen sich von den Begleiterscheinungen der Wechseljahre regelrecht überrumpelt und berichten uns, dass sie gerne früher gewusst hätten, was auf sie zukommen kann. Zu verstehen, was im eigenen Körper passiert, welche Risiken durch die Wechseljahre begünstigt werden und welche Maßnahmen man bereits vor der Perimenopause ergreifen kann, trägt maßgeblich zum eigenen Wohlbefinden bei. 
Unser Tipp ist außerdem, frühzeitig das Gespräch mit dem Gynäkologen zu suchen und zu prüfen, ob man sich in der Betreuung gut aufgehoben fühlt. 

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