Ohne Hyaluronidase – wenn die Rettungsspritze fehlt

16.06.2025
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Ein unsichtbares Drama spielt sich derzeit in der Ästhetischen Medizin Deutschlands ab: Hyaluronidase, das Notfallmedikament zur Auflösung von Hyaluronsäure-Fillern, ist bald nicht mehr verfügbar. Eine vermeintliche Selbstverständlichkeit – einfach im Kühlschrank der Praxis gelagert – wird plötzlich zur Mangelware. Der Hintergrund? Ein Mix aus behördlichem Versagen, verantwortungslosem Profitstreben und Unwissenheit. Dabei geht es hier nicht um Eitelkeit, sondern um Patientensicherheit. Falsch injizierte Filler können Gefäße verschließen, im schlimmsten Fall drohen Nekrosen oder Erblindung. Ohne Hyaluronidase bleibt im Notfall – ja, was eigentlich?
Die Verantwortung? Hier gibt es keine einfache Antwort. Es gibt einige Hylaseprodukte am Markt. Sie werden allerdings als Kosmetikprodukte verkauft, obwohl aufgrund der pharmakologischen Wirkung des Moleküls eine Arzneimittelzulassung erforderlich wäre. Den Herstellern, meist aus dem europäischen Ausland, ist das offenbar egal. Sie sehen offensichtlich nur den Profit und wollen nicht in eine ordentliche Zulassung investieren. Leider geht ihr Ansatz auf – die Produkte werden trotzdem gekauft und eingesetzt. Und das ist der eigentliche Skandal neben der aktuellen Problematik. Wenn ein Hersteller die Produktion eines Arzneimittels einstellt, weil es sich nicht mehr lohnt, muss man sich fragen, warum. Die Antwort liegt in diesem Fall klar auf der Hand. Es kann nicht am mangelnden Bedarf liegen. Die Anwenderzahlen in der Ästhetischen Medizin steigen, die Patientenzahlen auch. Ergo müsste sich die Produktion von Hylase lohnen. Es liegt daran, dass unseriöse Firmen zulassungspflichtige Produkte wissentlich illegal auf den Markt bringen und damit Umsätze abgreifen, die eigentlich dem Unternehmen zustehen würden, das sich an die Spielregeln hält. 
Die Folge: Wir haben nun Ärzte, die ohne Sicherheitsnetz arbeiten müssen – und Patienten, die darauf vertrauen, dass ein kleiner Eingriff nicht zur Katastrophe wird. Der Engpass zeigt: Ästhetische Medizin braucht mehr als Lippenvolumen. Sie braucht Regulierung, behördliche Überwachung und ein Bewusstsein dafür, dass Schönheit ohne Sicherheit kein Wert ist.

Foto: Dipl. Kauffrau Astrid Tomczak LL. M.

Dipl. Kauffrau Astrid Tomczak LL. M.

Die studierte Betriebswirtin ist seit 2006 in der Ästhetischen Medizin tätig und berät Unternehmen zu Market-Access-Strategien. Sie verfasst regelmäßig Artikel zu betriebswirtschaftliche und rechtlichen Themen der Branche.

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