Moisturizer in der Hautpflege, Teil 1

14.07.2011
Effektive Frischmacher

Der Begriff Moisturizer stammt aus dem Englischen und bezeichnet dort Feuchtigkeitscremes. In der vorliegenden Übersicht geht es um die Inhaltsstoffe, die die Hautfeuchte beeinflussen

Die an Land lebenden Organismen haben eine Reihe von Strategien entwickelt, um sich gegen Austrocknung und sicheren Tod zu schützen. Dazu hat die Natur Zellmembranen, Zellbestandteile und Hautbarriere in dieser Hinsicht optimiert:

– Aquaporine sind Peptide, die in die Zellmembranen eingebaut sind. Sie kontrollieren den Transport von Wasser und speziellen Stoffen wie etwa Glycerin durch die Zellmembranen. Aquaporine lassen sich durch viele Stoffe, etwa durch Vitamine, stimulieren.
– Bakterien schützen sich durch Substanzen, die Wasser bei Trockenheit binden können, die Bildung von Eiskristallen in der Kälte unterbinden und bei Temperaturanstieg die Denaturierung der Proteine verhindern. Beispiele sind Ectoin und Diglycerylphosphat.
– Amphibisch lebende Organismen besitzen schleimige Körperoberflächen, die verhältnismäßig lange Wasser festhalten. Tierische Schleimstoffe bestehen meist aus Glykoproteinen (Verbindungen aus Proteinen und Kohlenhydraten), pflanzliche durchweg aus Polysacchariden. Sukkulente Pflanzen enthalten auch in ihren Blättern hohe Schleimstoffkonzentrationen. Beispiel: Aloe vera.
– Im Stratum corneum des Menschen befinden sich effektive Barriereschichten, die den Durchtritt von Wasserdampf begrenzen. Sie setzen sich aus langkettigen Ceramiden, Cholesterin und Fettsäuren zusammen.
– Der NMF (Natural Moisturizing Factor) der menschlichen Haut besteht aus einer Vielzahl von wasserbindenden Substanzen, insbesondere Aminosäuren.
– Das Sebum der Haut dichtet mit Fettstoffen wie Squalen die Haut an ihrer Oberfläche ab und reduziert so die Wasserverdunstung.

Messung der Hautfeuchte

Ziel von Feuchtigkeitscremes ist es, eine individuell normale Hautfeuchte zu stabilisieren. Messtechnisch kann man die Effekte der Cremes durch Messung der Hautfeuchte und des transepidermalen Wasserverlustes (TEWL), aber auch visuell durch das Verhalten von kleinen „Trockenfältchen“ beobachten. Extreme Erhöhungen der Hautfeuchte durch okklusiv wirkende Wachse und Kohlenwasserstoffe sind weniger wünschenswert, da sie Hautquellungen und in der Folge Störungen innerhalb des Hautaufbaus erzeugen. Konventionelle Antifaltencremes funktionieren genau nach diesem Prinzip, indem sie durch die Quellung kleine Fältchen wegdrücken.

Die Hautfeuchte lässt sich leicht mit einem Corneometer messen. Dieses ist im Prinzip ein flacher Kondensator, dessen Kapazität durch das Dielektrikum Wasser verändert und gemessen wird. Das Corneometer hat nur eine geringe Eindringtiefe und lässt daher nur eine Aussage über die obersten Schichten des Stratum corneums zu. Der transepidermale Wasserverlust (TEWL) entspricht der Menge des als Dampf durch die Haut nach außen durchtretenden Wassers. Er ist ein Maß für die Durchlässigkeit und den Zustand der Hautbarriere.

Die Sebumaktivität beeinflusst den TEWL, daher kann man mit einiger Erfahrung durch Messung von Hautfeuchte und Sebum auf den transepidermalen Wasserverlust schließen. Dies hilft bei der Hautanalyse, wenn der TEWL im Sommer nur ungenaue Werte liefert.


Hautbarriere und TEWL

Die meisten Emulgatoren stören die Schichtstruktur der Hautbarriere und erhöhen den TEWL. Sie werden daher gern mit Kohlenwasserstoffen, sprich Paraffinen und Montanwachsen, kombiniert, die den TEWL durch ihren undurchlässigen Oberflächenfilm wieder senken. Ein Indiz für die barrierestörende Wirkung der Emulgatoren ist der Auswascheffekt von hauteigenen Lipiden bei der Hautreinigung. Moderne Feuchtigkeitscremes verzichten auf Emulgatoren oder nutzen solche, die in der Haut in kurzer Zeit abgebaut werden.

Viele Substanzen haben einen indirekten Effekt auf den TEWL. Dazu gehören etwa Linolsäure (essenzielle Fettsäure) oder Linolsäure liefernde pflanzliche Öle. Linolsäure dient als Substrat für das barriereaktive Ceramid I. Ein Defizit an essenziellen Fettsäuren äußert sich in trockener, schuppiger Haut.

Andere Substanzen zeigen einen direkten Effekt auf Hautfeuchte oder TEWL, indem sie Wassermoleküle binden. Diese Fähigkeit resultiert aus ihren hygroskopischen (wasseranziehenden), funktionellen Gruppen:

  • Hydroxygruppen (-OH): Alkohole, Glykole, Glycerin, Saccharide (Zucker) etc.
  • Carboxygruppen (-COOH): organische Säuren und ihre Salze
  • Polyethylenglykole (-O-CH2-CH2-)n: zu den PEGs siehe KOSMETISCHE Praxis 2009 (1), 12–15
  • Aminogruppen (-NH2, -NH-): Amine, Aminosäuren
  • Amidgruppen (-CO-NH2, -CO-NH-): Harnstoff, Allantoin, Fettsäureamide, Peptide, Proteine etc.
  • Metallionen: Magnesium (Mg2+), Calcium (Ca2+). Es handelt sich hier um sogenannte Kationsäuren, die hygroskopisch sind, aber nur in chelatisierter Form (z.B. in Verbindung mit AHAs) appliziert werden sollten. Andernfalls besteht die Gefahr, dass sie mit den Fettsäuren der Hautbarriere reagieren und deren Schichtstruktur schädigen. Unlösliche Salze wie Magnesium- und Calciumpalmitate oder -stearate haben keinen Einfluss auf die Hautfeuchte und bleiben auf der Hautoberfläche zurück.
  • Mineralsalze: Natrium- und Kaliumsalze der Phosphorsäure (Phosphate), Salzsäure (Chloride) und Schwefelsäure (Sulfate)
Grenzen der Wirksamkeit

Die Hautfeuchte hängt einerseits von der Integrität des NMF, der Hautbarriere und des Sebums, andererseits von der Luftfeuchte ab. Von Natur ist die Haut anpassungsfähig. Bei schnellen Wechseln der Luftfeuchte zwischen Innenräumen und Außenatmosphäre sowie bei geschädigter Haut ist jedoch eine Anpassung schwieriger – insbesondere bei nicht mehr ganz junger Haut. Drei einfache Regeln mögen dies veranschaulichen:

  • 100%ig feuchte Luft mit einer Temperatur von 0 °C hat nach Erwärmung auf 10 °C eine Luftfeuchte von etwa 50 % und bei 20 °C eine Luftfeuchte von etwa 25%. Bei jeder Erhöhung um 10 °C tritt in etwa eine Halbierung ein.
  • Der TEWL steigt mit sinkender Luftfeuchte.
  • Die Wirksamkeit eines Moisturizers sinkt mit der Abnahme der Luftfeuchte. Ab einer für jeden Moisturizer charakteristischen Luftfeuchte wird er wirkungslos und gibt sein Wasser an die umgebende Luft ab.

Bei niedrigen Luftfeuchten sind niedrigmolekulare, gut penetrierende Moisturizer wie Urea, Glycerin, Glykole, Salze etc. alleine überfordert. Da hilft auch kein häufiges Nachapplizieren. Im Gegenteil: In diesem Fall finden hypertone Aufkonzentrationen der Moisturizer statt, die bei empfindlicher, etwa zu Rosacea neigender Haut zu Irritationen führen können. Die Bandbreite niedrigmolekularer Moisturizer kann durch hochmolekulare wie Hyaluronsäure, CM-Glucan und andere Filmbildner erweitert werden. Filmbildner bauen eine zusätzliche Hürde für den TEWL an der Hautoberfläche ein. Bei noch niedrigeren Luftfeuchten und womöglich auch höheren Außentemperaturen muss die Dosierung der Fettstoffe inkl. Phytosterine in Hautpflegepräparaten angehoben werden. Hier ist Fingerspitzengefühl nötig, um nicht über das Ziel hinauszuschießen und unerwünschte Quellungen durch Okklusion zu erzeugen und bei längerer Anwendung die Regenerationsfähigkeit der Haut zu beeinträchtigen. Bei einer Rosaceahaut wächst darüber hinaus die Gefahr, dass die für sie typischen anaeroben Bakterien ideale Lebensbedingungen vorfinden und sie zum „Explodieren“ bringen.

Autor: Dr. Hans Lautenschläger

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