Fokus Frau

06.08.2025
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Die Gesundheitsvorsorge bei Frauen gewinnt zunehmend an Bedeutung, insbesondere im Kontext der Kosmetikwissenschaft. Dieser Artikel beleuchtet den Stand der ­Wissenschaft und die neuesten Entwicklungen, die Frauen dabei unterstützen, ihre Gesundheit aktiv zu fördern. 

Gemäß des Statistischen Bundesamts lag der Frauenanteil in Deutschland Ende 2023 bei ca. 50,7 Prozent der Gesamtbevölkerung.1 Damit ist rund jede zweite Person in Deutschland eine Frau. Dennoch wird Frauengesundheit meist nur von Frauen selbst thematisiert. Der Österreichische Drogeriefachhändler BIPA hat eine Studie in Auftrag gegeben, die zeigt, dass sich in Österreich 88 Prozent der Frauen, aber nur etwa die Hälfte der Männer für Themen wie Menstruation, Menopause oder Verhütung interessieren.2 
Auch in Deutschland ist dies ähnlich. Das Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG, ehemals Bundeszentrale für öffentliche Aufklärung, BZgA) berichtet regelmäßig über geringes Wissen, insbesondere bei Männern und jungen Erwachsenen, zu Verhütung, Menopause oder Zyklus. Aber auch Frauen fühlen sich nicht ausreichend informiert.3 
In einer von Doctolib/YouGov in Auftrag gegebenen Umfrage im Jahr 2024 gaben 54 Prozent der Frauen an, sich bei frauenspezifischen Beschwerden nicht ausreichend informiert oder ernst genommen zu fühlen.4 
Auch das Robert Koch-Institut (RKI) gibt an, dass viele über Krankheiten wie Endometriose oder das prämenstruelle Symptom (PMS) kaum Bescheid wissen, obwohl Millionen Frauen betroffen sind.5 Ferner ist Gender-Medizin, also geschlechtsspezifische Unterschiede bei Symptomen und Medikamentenwirkung, vielen kaum bekannt. 
Diese gesellschaftlichen Wissenslücken rund um Frauengesundheit machen auch vor der Kosmetikbranche nicht Halt. Obwohl Hautpflege ein zentraler Bestandteil weiblicher Selbstfürsorge ist, fehlt es im kosmetischen Fachbereich häufig an fundierter Kenntnis über hormonelle Einflüsse auf die Haut, geschlechtsspezifische Pathophysiologien oder die Bedeutung der Gender-Medizin. Dabei sind Kosmetikerinnen oft die ersten Anlaufstellen für Frauen mit Hautveränderungen, sei es durch hormonelle Schwankungen während des Menstruationszyklus, durch Schwangerschaft oder im Zuge der Menopause. Umso bedeutsamer ist es, dass Hautexpertinnen im kosmetischen Bereich nicht nur symptomorientiert arbeiten, sondern auch über hormonelle Zusammenhänge, dermatologische Auswirkungen gynäkologischer Veränderungen und psychische Belastungsfaktoren informiert sind.

Zyklus und Hautgesundheit

Der Menstruationszyklus beeinflusst die Hautgesundheit der Frau in bedeutendem Maße, da die zyklischen Schwankungen der Sexualhormone, vor allem von Östrogen, Progesteron und Androgenen, zentrale Hautparameter wie Talgproduktion, Hydratation, Barrierefunktion und Entzündungsneigung modulieren.
In der follikulären Phase (Tag 1–14) verbessert der steigende Östrogenspiegel die epidermale Feuchtigkeitsbindung, steigert die Kollagensynthese und erhöht die Hautelastizität, was zu einem ebenmäßigeren Hautbild führt.7 Um den Eisprung (Tag 14) kann die erhöhte Sensitivität durch den hormonellen Peak von LH und FSH zunehmen.
In der lutealen Phase (Tag 15–28) dominiert Progesteron bei gleichzeitig sinkendem Östrogen, was zu einem relativen Anstieg an Androgenen führt.8 Dieser hormonelle Shift begünstigt eine gesteigerte Sebumproduktion, erweiterte Poren und entzündliche Hautveränderungen – häufig in Form prämenstrueller Akne.9 Angesichts dieser hormonell bedingten Veränderungen erscheint die Entwicklung zyklusadaptierter Hautpflegekonzepte vielversprechend. Analog zu zyklusgesteuerten Ansätzen im Sport gewinnt die individualisierte, phasenorientierte Hautpflege zunehmend an Bedeutung – ein interdisziplinärer Ansatz, der Gynäkologie, Dermatologie und Kosmetologie sinnvoll verbindet.

Während der Menopause

 Neben dem Menstruationszyklus beeinflussen auch die hormonellen Veränderungen während der Menopause die Hautgesundheit erheblich – ein Aspekt, der im Vergleich zu vasomotorischen Symptomen wie Hitzewallungen bislang wenig Beachtung findet. In einer Befragung von 87 Frauen berichteten 64 Prozent über Hautprobleme, von denen die Hälfte diese mit der Menopause in Verbindung brachte, wobei trockene Haut als häufigstes Symptom genannt wurde.10
Eine weitere Studie mit 1287 französischen Frauen zeigte, dass 72 Prozent Hautveränderungen während der Peri- oder Postmenopause wahrnahmen, während 50 Prozent angaben, darüber unzureichend informiert worden zu sein.11 Diese Ergebnisse verdeutlichen den Bedarf an verstärkter Aufklärung und Sensibilisierung. 
Bereits in der Perimenopause, ab dem späten dritten Lebensjahrzehnt, beginnen hormonell bedingte Veränderungen der Haut. In dieser Phase kommt es durch das Nachlassen der ovariellen Funktion zu starken Schwankungen der Sexualhormone. Typisch sind Phasen einer relativen Östrogendominanz bei gleichzeitigem Progesteronmangel, was sich insbesondere in der zweiten Zyklushälfte bemerkbar macht.12 
Diese hormonellen Disbalancen
beeinträchtigen signifikant die Hautphysiologie. So reduziert ein sinken-
der Östrogenspiegel die Barrierefunktion der Haut, mindert die Feuchtigkeitsspeicherung und erhöht die Anfälligkeit gegenüber oxidativem Stress. Gleichzeitig nimmt die Kollagensynthese ab, was zu Elastizitäts- und Festigkeitsverlust führt. Auch die Immunfunktion wird durch den Hormonmangel beeinflusst, was Hauterkrankungen wie Rosacea begünstigen kann.13 Studien deuten darauf hin, dass hormonelle Ungleichgewichte ein möglicher Auslöser für Rosacea bei Frauen sein könnten.14

Präventive Hautpflege

Um den Auswirkungen hormoneller Veränderungen entgegenzuwirken, empfiehlt sich eine präventive Hautpflege mit barrierestabilisierenden und entzündungshemmenden Wirkstoffen. Bewährt haben sich Ceramide, Panthenol und Niacinamid. Panthenol wirkt feuchtigkeitsspendend, juckreizlindernd und unterstützt die Hautregeneration, indem es tief in das Stratum corneum eindringt.15 Niacinamid stabilisiert die Hautbarriere und fördert nachweislich die Synthese epidermaler Lipide wie freie Fettsäuren, Cholesterol und Ceramide.16

Nach der Menopause

Postmenopausal verstärken sich zahlreiche hormonell bedingte Hautveränderungen. Der Rückgang des Estradiolspiegels führt zu einer verminderten Synthese epidermaler Lipide, was die Wasserbindungskapazität des Stratum corneum senkt, den transepidermalen Wasserverlust erhöht und die Barrierefunktion der Haut schwächt.17 
Innerhalb der ersten fünf Jahre nach der Menopause geht zudem bis zu 30 Prozent des dermalen Kollagens verloren, gefolgt von einem weiteren jährlichen Verlust von ein bis zwei Prozent über die nächsten 15 Jahre.18 Dieser Kollagenrückgang korreliert stärker mit dem hormonellen Status als mit dem chronologischen Alter. Eine menopausale Hormontherapie (MHT) kann den Kollagengehalt signifikant verbessern und einem weiteren Abbau vorbeugen.17 Parallel steigt der Elastinabbau, was sich klinisch in Faltenbildung und Hauterschlaffung äußert.

Schützende Hautpflege

Um diesen strukturellen Veränderungen entgegenzuwirken, sind topische Wirkstoffe essenziell. Ein täglicher Breitband-Lichtschutz schützt effektiv vor UV-induzierten Matrixschäden an Kollagen und Elastin.19 Antioxidantien wie Vitamin E hemmen die durch UV-Strahlung und Feinstaub induzierte Aktivierung von Matrix-Metalloproteinasen (MMPs),20, 21 während Vitamin C, Retinoide und bestimmte Peptide die Kollagensynthese fördern und die extrazelluläre Matrix stabilisieren.22, 23, 24 Zudem nimmt mit dem sinkenden Östrogenspiegel auch der Gehalt an Glykosaminoglykanen in der Dermis ab, was die Hautfeuchtigkeit verringert. Feuchthaltefaktoren wie Glycerin, Urea und Hyaluronsäure sowie bioaktive Oligopeptide tragen zur Wiederherstellung der epidermalen Hydratation bei.25 
Ergänzend gewinnen Phytoöstrogene wie Resveratrol, Genistein und Equol zunehmend an Bedeutung. Klinische Studien belegen deren Wirksamkeit in der topischen Anwendung hinsichtlich Hautdicke, Elastizität und Kollagengehalt, womit sie vielversprechende Optionen für eine indi­vidualisierte Hautpflege in der Menopause darstellen.26, 27

Interdisziplinäre Arbeit

Ein zukunftsorientiertes Verständnis von Frauengesundheit erfordert eine integrative und interdisziplinäre Herangehensweise. Die Wechselwirkungen zwischen hormonellen Prozessen und Hautphysiologie lassen sich nicht losgelöst betrachten, weshalb die Zusammenarbeit von Kosmetik, Dermatologie, Endokrinologie und Psychologie von zentraler Bedeutung ist. Nur durch den wechselseitigen Wissenstransfer dieser Fachbereiche kann ein umfassendes Bild weiblicher Hautgesundheit in den unterschiedlichen Lebensphasen entstehen.


Literatur: 

    1        www.destatis.de/DE/Themen/Laender-Regionen/Internationales/Thema/allgemeines-regionales/frauenanteil-parlamente.html#:~:text=Im%20neu%20gewählten%2021.,zuletzt%2051%2C6%20%25%20Frauen. Stand: Juni 2025
    2    www.bipa.at/cp/presse-ehrlich-gesagt Stand: Juni 2025
    3    www.bioeg.de/was-wir-tun/frauengesundheit?utm_source=
chatgpt.com Stand: Juni 2025
    4    www.doctolib.de/gesundheit/ge­schlechts­unterschiede-in-der-ge­sundheitsversorgung/?utm_source =chatgpt.com Stand: Juni 2025
    5    www.rki.de/DE/Themen/Gesundheit-und-Gesellschaft/Gesundheitliche-Einflussfaktoren-A-Z/F/Frauen-
gesundheit/frauengesundheit-node.html?utm_source=chatgpt.com Stand: Juni 2025
    6    Grabmeier B, Landthaler M, Hohenleutner S. Menstruationszyklus und Haut [The menstrual cycle and the skin]. J Dtsch Dermatol Ges. 2005 Jan; 3 (1): 52–63; quiz 64–5. German. 
7        Ma L, Jiang H, Han T, Shi Y, Wang M, Jiang S, Yang S, Yao L, Jia Q, Shao L. The menstrual cycle regularity and skin: irregular menstrual cycle affects skin physiological properties and skin bacterial microbiome in urban Chinese women. BMC Womens Health. 2023 May 31; 23 (1): 292. 
    8    Nguyen ML, Nguyen S, Sood N, Marivada S, Magaldino A, Mayrovitz HN. Physiological Changes in Women‘s Skin During the Menstrual Cycle: A Scoping Review. Cureus. 2024 Dec 7;16(12):e75286.
    9    Anaba EL, Oaku IR. Adult female acne: A cross-sectional study of diet, family history, body mass index, and premenstrual flare as risk factors and contributors to severity. Int J Womens Dermatol. 2020 Dec 4; 7 (3): 265–269. 
    10    Leitch C, Doherty V, Gebbie A. Women‘s perceptions of the effects of menopause and hormone replacement therapy on skin. Menopause Int. 2011 Mar; 17 (1): 11–3. 
    11    LePillouer-Prost A, Kerob D, Nielsen M, Taieb C, Maitrot Mantelet L. Skin and menopause: women‘s point of view. J Eur Acad Dermatol Venereol. 2020 Jun; 34 (6): e267–e269. 
    12    Akiba S, Shinkura R, Miyamoto K, Hillebrand G, Yamaguchi N, Ichihashi M. Influence of chronic UV exposure and lifestyle on facial skin photo-aging--results from a pilot study. J Epidemiol. 1999 Dec; 9 (6 Suppl): S136–42
    13    Caufriez A, Leproult R, L‘Hermite-Balériaux M, Kerkhofs M, Copinschi G. Progesterone prevents sleep disturbances and modulates GH, TSH, and melatonin secretion in postmenopausal women. J Clin Endocrinol Metab. 2011 Apr; 96 (4): E614–23. 
    14    Yang F, Wang L, Jiang X. Clinical characteristics of rosacea in perimenopausal women. Skin Res Technol. 2024 Jan; 30 (1): e13542. 
    15    Ferreira MS, Sousa Lobo JM, Almeida IF. Sensitive skin: Active ingredients on the spotlight. Int J Cosmet Sci. 2022 Feb; 44 (1): 56–73.
    16    Madaan P, Sikka P, Malik DS. Cosmeceutical Aptitudes of Niacinamide: A Review. Recent Adv Antiinfect Drug Discov. 2021;16(3):196-208.
    17    Hall G, Phillips TJ. Estrogen and skin: the effects of estrogen, menopause, and hormone replacement therapy on the skin. J Am Acad Dermatol. 2005 Oct; 53 (4): 555–68; quiz 569–72. 
    18    Duarte GV, Trigo AC, Paim de Oliveira Mde F. Skin disorders during menopause. Cutis. 2016 Feb; 97 (2): E16–23. 
    19    Krutmann J, Schalka S, Watson REB, Wei L, Morita A. Daily photoprotection to prevent photoaging. Photodermatol Photoimmunol Photomed. 2021 Nov; 37 (6): 482–489. 
    20    Richard F, Creusot T, Catoire S, Egles C, Ficheux H. Mechanisms of pollutant-induced toxicity in skin and detoxification: Anti-pollution strategies and perspectives for cosmetic products. Ann Pharm Fr. 2019 Nov; 77 (6): 446–459. 
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    26    Lephart ED, Naftolin F. Menopause and the Skin: Old Favorites and New Innovations in Cosmeceuticals for Estrogen-Deficient Skin. Dermatol Ther (Heidelb). 2021 Feb; 11 (1): 53–69. 
    27    Wójciak M, Drozdowski P, Skalska-Kamińska A, Zagórska-Dziok M, Ziemlewska A, Nizioł-Łukaszewska Z, Latalska M. Protective, Anti-Inflammatory, and Anti-Aging Effects of Soy Isoflavones on Skin Cells: An Overview of In Vitro and In Vivo Studies. Molecules. 2024 Dec 7; 29 (23): 5790.

Foto: Meike Streker

Dr. phil. Meike Streker
Die Kosmetikwissenschaftlerin ist Expertin für evidenz­basierte Kosmetik und besitzt umfassende Erfahrung im ­Bereich kosmetische und ­klinische Forschung.
www.meikestreker.de

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