Nagelpilzbehandlung in der podologischen Praxis

10.01.2019
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Diagnose Nagelpilz – was nun? Viele Menschen leiden unter der Volkskrankheit Nagelpilz. Die Behandlung eines Nagelpilzes ist nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint. Es gibt verschiedene Behandlungs-Methoden, die eingesetzt werden können. Ob eine topische, also eine äußerliche Behandlung genügt, hängt vom Schweregrad des Nagelpilzes ab. Ist der Pilz an den betroffenen Nägeln bereits weit fortgeschritten, hilft eine erweiterte Therapie bei einem Arzt und/oder die Podologie weiter. Wie ein Nagelpilz am besten zu behandeln ist und von wem ein Nagelpilz überhaupt behandelt werden darf, lesen Sie im Artikel.

Nagelpilz: Topische Behandlung

BEAUTY FORUM-Hinweis: Die topische Nagelpilz-Behandlung stellt quasi die Grundbehandlung einer Nagelpilzinfektion dar. In diesem Fall wird in der Regel ein spezieller antimykotischer Nagellack auf die betroffenen Stellen aufgetragen.

Ein Nachteil der rein topischen Behandlung mit Nagellack ist, dass die Medikamente zunächst in die harte Nagelsubstanz eindringen und ein ausreichend dosiertes Wirkstoffdepot ausbilden müssen. Dies erfordert sehr viel Geduld und eine konsequente, fehlerfreie Anwendung über einen langen Zeitraum, der je nach Präparat bis zu zwölf Monate betragen kann. Genauso lange dauert es, bis der gesunde Nagel nachgewachsen ist und die zerstörten beziehungsweise durch den Pilz auch verfärbten Nagelteile vollständig verdrängt hat. Insofern hat der Patient nicht nur den Aufwand zu erdulden, sondern auch die optische Entstellung des Nagels, was die Compliance, die Bereitschaft für eine konsequente Therapiebefolgung, beeinträchtigen kann. Hinzu kommen die Kosten, die umso höher liegen, je länger die Mykose-Behandlung dauert.

Häufig erfolglose Nagelpilzbehandlung

Gleichwohl ist auch bei guter Compliance nicht gewährleistet, dass die Nagellacktherapie erfolgreich abschließt. Zuletzt hat das pharmakritische „Arznei-telegramm“ anhand unterschiedlicher Studiendaten darauf hingewiesen, dass die lokale Behandlung nur bei einem kleinen Teil der Anwender zu einer vollständigen Abheilung binnen eines Jahres führt. So erreichten in einer Studie unter einem wasserlöslichen Ciclopirox-Lack nur 5,7 Prozent der Patienten eine vollständige Heilung – definiert als mikrobiologische Sanierung plus Herausbildung eines klinisch vollständig gesunden Nagels in Woche 48 mit Bestätigung in Woche 52. Bei einem Vergleich zwischen wasserlöslichem Ciclopirox-Lack und Amorolfin-Lack erreichten beide Präparate sogar nur eine Heilungsquote von einem Prozent.

Die Podologie: Erfolgreiche Nagelpilzbehandlung

Eine effektive, für den Patienten weniger aufwendige Alternative ist die podologische Behandlung. Vorteile hat diese auch hinsichtlich einer kurzfristig zu erreichenden Aufwertung der Nageloptik. Dabei ist zu beachten, dass aufgrund der berufsständischen Regularien nur Podologen beziehungsweise medizinisch qualifiziertes Fußpflege-Personal zur Behandlung von Nagelpilz befugt sind. Im Sinne einer Heilkundebehandlung mit entsprechender Diagnostik er fordert diese außerdem eine ärztliche Verordnung (Ausnahme: sektorale Heilpraktiker, abhänging vom Bundesland). Lediglich bei der reinen Symptombehandlung, wie sie auch bei Nagelveränderungen ohne medizinischen Hintergrund vorgenommen wird, kann die Verordnung entfallen. Da Nagelpilzinfektionen jedoch mit einer systemischen Erkrankung assoziiert sein können, ist die enge Zusammenarbeit mit dem Arzt ratsam.

Qualifizierte Produkte

Wichtig sind qualifizierte Produkte bei der Mykosebehandlung durch Fußpfleger. Diese enthalten das bewährte Clotrimazol, einen Inhaltsstoff aus der Substanzklasse der Azolderivate. Diese Substanzen verhindern als Breitspektrumantimycetika das Pilzwachstum, das heißt, sie wirken vor allem fungistatisch durch Hemmung der Biosynthese von Ergosterol, einem essenziellen Bestandteil der Zellmembran von Pilzen.

Aber nicht nur durch die Zugabe von Clotrimazol verhindern die Produkte das Pilzwachstum und unterstützen auf diese Weise die Nagelpilzbehandlung. Auch die Pflegestoffe tragen dazu bei, in erster Linie Bisabolol und Panthenol, die den Zellaufbau und somit den natürlichen Barriereschutz gegen Hautpilze fördern. Hinzu kommt, dass Öl und Spray über hervorragende Spreiteigenschaften verfügen und somit auch die tiefer liegenden Bereiche im Nagelfalz gleichmäßig erreichen.

Vorgehen der Podologie bei Nagelpilz

  1. Im ersten Schritt werden die infizierten Stellen der Nagelplatte schonend abgetragen. Hierfür bietet sich ein kleiner Fräser (z.B. Hartmetall) mit einer Arbeitsgeschwindigkeit von mindestens 20.000 bis 30.000 Umdrehungen pro Minute an. Da sich die erweichte Nagelplatte leichter entfernen lässt, kann ein Nasstechnikgerät vorteilhaft sein. Unter hygienischen Voraussetzungen besitzen Nass- und Absaugtechnik dagegen vergleichbare Stärken. Neben der mechanisch-atraumatischen Nagel entfernung kann der Podologe auch ein chemisches Verfahren wählen. Dabei wird der Nagel mittels okklusivem Salbenverband mit hoch dosiertem Harnstoff oder – alternativ – dreiprozentiger Wasserstoffperoxidlösung so weit erweicht, dass nach ca. zwei Tagen alle infizierten Teile mit Zange oder Fräser leicht zu entfernen sind. Vor und nach jeder Behandlung erfolgt eine sorgfältige Hautdesinfektion des freigelegten Nagelbetts.
  2. In einem zweiten Schritt erfolgt die Rekonstruktion der entfernten Nagelpartie. Zum einen sorgt sie für eine authentische Optik. Für viele Patienten ist eine Prothese einfacher zu akzeptieren als ein verpilzter Nagel. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Prothese (künstlicher Nagelersatz) das empfindliche Nagelbett so lange schützt, bis der neue, geheilteNagel vollständig nachgewachsen ist. Zum Schutz vor einer Neuinfektion enthalten die zur Prothetik geeigneten Gele beispielsweise den pilzhemmenden Wirkstoff Clotrimazol. Beim Modellieren der Prothese ist zu unterscheiden: Wurden sowohl der Nagel als auch subunguale Keratosen bis auf das gesunde Nagelbett vollständig entfernt, sollte zunächst eine dünne Haftschicht aufgetragen werde. Sie verhilft der späteren Nagelprothese zu mehr Stabilität. Sind noch Nagel- oder Hornhautreste vorhanden, kann dieser Schritt entfallen.
  3. Zum Modellieren der Prothese kann der Podologe ein lichthärtendes Polymerisationsharz verwenden. Zunächst muss das Nagelbett dabei mit dem Cleaner gereinigt und entfettet werden. Dies gilt auch bei vorherigem Auftragen einer Schicht Nagelmasse. Danach wird der Nagel mit den enthaltenen Gelen modelliert. Dem Podologen stehen hierfür zwei unterschiedliche Viskositäten sowie drei mischbare Farbtöne (klar, opal, rosa) für die optimale Optik zur Verfügung. Die fertige Prothese muss unter UV-Licht aushärten, bevor sie abschließend nochmals mit dem Cleaner gereinigt und entfettet wird.
  4. Nachdem alle infizierten Nagelteile entfernt und die Prothese aufgebaut wurde, ist es wichtig, das neuerliche Ausbreiten einer Nagelpilzinfektion auf den nachwachsenden Nagel zu verhindern. Zu diesem Zweck bedarf es einer antimycetischen Tinktur, welche das Pilzwachstum so lange hemmt, bis der gesunde Nagel vollständig und mykosefrei nachgewachsen ist und die natürliche Schutzfunktion für das Nagelbett übernimmt. Hierfür hat sich das Nagel- und Hautschutz-Öl mit fungistatischem Clotrimazol sowie zellförderndem Panthenol und Bisabolol bewährt. Es wird zum Abschluss der Nagelbehandlung am besten in den Nagelfalz appliziert. Die Pflege mit dem Nagel- und Hautschutz-Öl muss nun dauerhaft fortgesetzt werden. Dies kann nach eingehender Beratung und Sensibilisierung zur Fußhygiene auch direkt von den Betroffenen zu Hause erfolgen.

Der Patient muss mitmachen

  • Erklären Sie Ihrem Patienten, dass es mehrere Monate bis über ein Jahr dauern kann, bis der neue Nagel gesund und frei von Pilzbefall nachgewachsen ist.
  • Empfehlen Sie Ihren Patienten, regelmäßig eine Clotrimazol-haltige Nageltinktur anzuwenden. Die konsequente Nagelpflege ist notwendig, damit die neue Nagelplatte pilzfrei herauswachsen kann.
  • Fußhygiene ist der beste Schutz vor Pilzinfektionen. Empfehlen Sie dem Betroffenem, die Füße täglich mit einer speziellen Fußpflegecreme einzucremen. Ausreichende Lipid- und Feuchtigkeitsanteile stabilisieren die Hautbarriere.
  • Nach dem Duschen sind die Füße richtig abzutrocknen – vor allem zwischen den Zehen. Im Interdigitalbereich kann ein Wattestäbchen helfen.
  • Socken und Schuhe sollten täglich gewechselt, die Schuhe außerdem regelmäßig desinfiziert werden.
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Die verpilzten Nagelpartien werden mit einem kleinen Fräser schonend abgetragen.

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Gesunde Nagelreste sorgen für eine bessere Haftung der anschließenden Nagelprothese.

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Die Prothese wird aus zwei hochviskosen Nail repair Gelen (opal, rosa) modelliert.

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Die unter UV-Licht gehärtete Prothese ist von einem echten Nagel kaum zu unterscheiden.

Ein pilzhemmendes Nagel- und HautschutzÖl wird in den Nagelfalz appliziert.

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