Aktuelle Forschungen zur Haut-Hirn-Achse zeigen, wie eng beide Organe miteinander verbunden sind und wie sehr Stress, Angstzustände und Depressionen die Haut beeinflussen und umgekehrt. Das größte Organ des Menschen kann Gefühle darstellen und hat dabei ihre ganz eigene Sprache. Rötungen, Schweiß und auch Gänsehaut sind einfache Beispiele dafür, wie sich unsere Gefühlslage auf der Haut widerspiegelt. Wie sich die wechselseitige Beziehung zwischen Haut und Gehirn bei Hautkrankheiten darstellt, zeigen wir hier am Beispiel Akne, Psoriasis und atopische Dermatitis.
Dass Psyche und Haut eng miteinander agieren, ist auch auf ihren gemeinsamen Ursprung zurückzuführen. Haut, Gehirn und Nerven bilden sich embryologisch aus der Neuronalplatte (erstes Entwicklungsstadium des Nervensystems beim Embryo) im Ektoderm.
Das Zusammenspiel wird auch dadurch deutlich, dass unsere Mastzellen in der Haut ein wesentlicher Angriffspunkt für Stresshormone sind. Aktivierungen dieser führen nicht nur zu einer Reaktion des Immunsystems, sondern auch zu verschiedenen Hautveränderungen.
Zusammenspiel und Folgen
Die Beziehung zwischen der Haut und dem Gehirn besteht in beide Richtungen. Entzündungsmechanismen der Haut inkludieren auch immer das Gehirn, indem beispielsweise neuronale Botenstoffe und Hormone ausgeschüttet werden.
Auch auf immunologischer Ebene findet die Kommunikation zwischen der Haut und dem Gehirn statt, indem Immunzellen transportiert werden.
Die Folge können oxidativer und metabolischer Stress sein. Unter entzündungsfördernden Bedingungen lässt sich eine Interaktion mit der psychischen Gesundheit feststellen, sodass Stimmungs- und Verhaltensänderungen auch auf der Haut sichtbar werden. Dabei reagieren die Zellen der Haut und ihre Anhangsgebilde nicht nur auf regulatorische Signale. Sie synthetisieren auch eine Vielzahl an Hormonen selbst.
Studien zeigen, dass Stressoren das kutane Immunsystem beeinträchtigen und psychischer Stress die epidermale Barriere beeinflusst. So erholt sich die Stratum-corneum-Barriere schneller, wenn psychischer Stress beseitigt wurde.
Auf immunologischer Ebene konnte nachgewiesen werden, dass die Antigenpräsentation durch epidermale Langerhans-Zellen verlängert werden kann, wenn Stressoren beseitigt werden.
Juckende Haut ist eines der Haupt-signale, die in Zusammenhang mit psychisch belastenden Situationen steht. Früher glaubte man, dass das Signal Juckreiz über Schmerzbahnen zum Gehirn geleitet wird. Doch heute sind sich Forschende einig, dass das vegetative Nervensystem bis in die oberste Hautschicht reicht. Dort gibt es spezielle Juckreizfasern, die über das Rückenmark ins Gehirn führen. Die Signale werden dann in Areale geführt, die stark mit Emotionalität in Verbindung stehen und unabhängig von Schmerzen sind.
Bei chronisch entzündlichen Hauterkrankungen wie der Akne, der Psoriasis und auch bei der atopischen Dermatitis lässt die wechselseitige Beziehung zwischen Haut und Gehirn gut darstellen.
Als eines der Hauptsignale, die in Zusammenhang mit psychisch belastenden Situationen steht, gilt die juckende Haut.
Beispiel: Akne
Die Acne vulgaris ist eine der häufigsten chronisch entzündlichen Hauterkrankungen. Dass Stress zu einem „Aufflammen“ beziehungsweise einer Verschlechterung der Akne-Läsionen führt, bestätigen viele Studien mit großen Kohorten.
Eine Studie zeigt, dass Betroffene von einer Verschlechterung der Akne nach einer belastenden Erfahrung berichten. So kann auch intensive Wut zu einer Verschlechterung der Akne führen. Der erhöhte Schweregrad der Akne steht laut Studien in einer direkten Verbindung zu einem erhöhten Stresslevel. Besondere Bedeutung scheint diese Beziehung bei Akne-Läsionen im Erwachsenenalter zu haben. Spezielle Studien zur Acne tarda zeigen die Korrelation zwischen beruflichem Stress und dem Akne-Schweregrad. In emotional stressigen Situationen kommt es zur Freisetzung von Androgenen und anderen Botenstoffen, die dann eine Verschlechterung der Aknehaut begünstigen.
Auch konnten weitere entzündungsfördernde Botenstoffe in der von Akne betroffenen Haut vermehrt nachgewiesen werden.
Beispiel: Psoriasis
Die Psoriasis (Schuppenflechte) ist eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung mit systemischer Ausprägung, bei der psychologische Faktoren eine wichtige Rolle spielen.
Die Entstehung und die Ursachen der Psoriasis sind komplex und multifaktoriell. Genetische und Umweltfaktoren zählen gleichermaßen zu den Einflussfaktoren wie psychischer Stress. Denn durch die Dysregulierung des Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Systems kann es zu einer Verschlechterung der Psoriasis kommen.
Hautzellen schütten als Reaktion auf Stress verschiedene Neuropeptide und Hormone aus, die diese Dysregulierung begünstigen. Die Verschlechterung der Psoriasisläsionen geht mit einer erhöhten Produktion von Entzündungsmediatoren einher, die zu einem Ungleichgewicht der Neurotransmitter und zur Entwicklung von Depressions- und Angstsymptomen beitragen könnten. Die Behandlung der Psoriasis erfordert daher multidisziplinäre Ansätze.
Beispiel: Atopische Dermatitis
Die atopische Dermatitis (AD) ist eine chronische entzündliche Hauterkrankung, die durch barrieregeschädigte, trockene und zu Juckreiz neigende Haut charakterisiert ist. Die Betroffenen leiden unter einer Reihe von Begleiterkrankungen. Im Zusammenhang mit der AD konnten erhebliche Schlafstörungen sowie eine erhöhte psychische Belastung nachgewiesen werden.
Studien zeigen, dass die AD mit Stigmatisierungen, Angstzuständen, Depressionen und sozialem Rückzug verbunden ist und nicht nur die Betroffenen selbst, sondern auch ihr nahes soziales Umfeld betrifft. Der durch die Hauterkrankung verursachte Stress kann die Symptome der AD verschlimmern.
Der sogenannte Juckreiz-Teufelskreis, der charakteristisch für die atopische Dermatitis ist, wirkt sich sowohl auf kutane als auch auf systemische Entzündungsprozesse aus. Zusätzlich stört nächtlicher Juckreiz die Schlafqualität enorm, die vor allem bei Kindern für die gesunde Entwicklung neuronaler Strukturen wichtig ist. Auch konnte nachgewiesen werden, dass es einen engen Zusammenhang zwischen der Hauterkrankung und Depressionen sowie Angstzuständen gibt.
Um Stress mit einer zu komplizierten Pflegeroutine zu vermeiden, bietet sich erst einmal eine Basispflege an.
Aufgaben der medizinischen Kosmetik und Dermatologie
All diese Fakten zeigen, wie bedeutsam die Beziehung zwischen der Gesundheit der Haut und der Psyche ist. Die Anamnese ist hier der Ausgangspunkt für die professionelle Kundenberatung und -behandlung. Sie gibt Aufschlüsse über wichtige Ereignisse, die Lebensumstände, den familiären Hintergrund und mögliche Stressoren. Unsere Haut ist das Spiegelbild unseres gesamten Organismus.
Die Aufgabe der medizinischen Kosmetik und Dermatologie ist es herauszufinden, wo die Ursachen und Begleitfaktoren für Hautveränderungen liegen. Die Erkenntnis ergibt sich aus der Synergie zwischen Anamnese und Hautanalyse. Die Behandlung erfolgt dann im Idealfall in multidisziplinärer Herangehensweise und schließt auch psychotherapeutische Ansätze ein.
Eine entspannungsfördernde Umgebung im Institut und eine zielgerichtete Hautpflegeroutine sind wesentliche kosmetische Ansatzpunkte.
Das Ziel der kosmetisch-dermatologisch-psychologischen Behandlung ist nicht nur die Verbesserung des Hautzustands, sondern auch wie die Betroffenen mit ihrer Hautkrankheit im Alltag umgehen.
Wie gelingt die Umsetzung im Institut?
Im Institut bedeutet dies, sich für die Kundin und die Behandlung Zeit zu nehmen. Eine aufgeräumte, cleane Atmosphäre, wenig Störfaktoren (laute Geräusche, Unterbrechungen, zum Beispiel durch ein klingelndes Telefon oder Laufkundschaft) und eine empathische, ehrliche Kundenkommunikation sind hier nennenswerte Faktoren.
Vor allem auf kommunikativer Ebene besteht die Herausforderung, zwar Verständnis zu zeigen, empathisch und ehrlich zu sein und dies in der Kommunikation so zu zeigen. Aber wenn darüber hinaus die Notwendigkeit besteht, dass die Kundin gesprächstherapeutisch betreut und behandelt wird, gehört diese Aufgabe unbedingt in die Hände von professionell ausgebildetem Fachpersonal.
Auch kann eine komplizierte Pflegeroutine mit sehr vielen Produkten ein zusätzlich Stressfaktor sein. Wird die Komplexität der Pflegeroutine auf die wesentlichen Präparate reduziert, stellt sie eine niedrigere Hürde für die Kundin dar. Ist die Basispflege erst einmal ein fester Bestandteil des Alltags, kann sie durch weitere Präparate schrittweise ergänzt werden.
Quellen:
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Anna Holling-Tersteeg
Die Autorin ist Kosmetikwissenschaftlerin und staatlich geprüfte Kosmetikerin. Sie ist Leitung PR, Kommunikation und KosWis-Strategie bei Medicos Kosmetik/Aesthetico.
www.aesthetico.de