Welche Bedeutung haben Peptide für die Kosmetikbranche?

17.11.2017
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Wirkstoffe Peptide

In jüngster Zeit sind es hauptsächlich die Peptide, die in ­Kosmetikprodukten die besten Wirkergebnisse liefern. Was wissenschaftlich gesehen hinter diesen bemerkens­werten Molekülen steckt, und welche Bedeutung Peptide für die Kosmetikbranche haben, lesen Sie hier.

Zunächst einmal sollten wir die Substanzen und die Produkte, die Peptide enthalten, ins richtige Verhältnis setzen. Es ist eine Tatsache, dass die wissenschaftlichen Zusammenhänge, wie diese Substanzen als Kosmetika wirken, dem Verbraucher durch keine Art des Marketings erklärt werden können. Kosmetika sind als Produkte definiert, die äußerlich angewendet werden, um das Aussehen der Haut zu verändern, und jedes kosmetische Marketing und alle kosmetischen Inhaltsstoffe müssen die gesetzlichen Bestimmungen erfüllen. Während ich sehr wohl die wissenschaftlichen Zusammenhänge der Wirkung dieser Produkte in einem Artikel erläutern kann, kann ein Hersteller, der ein Produkt mit diesen Substanzen auf dem Markt anbietet, die wissenschaftlichen Zusammenhänge dem Verbraucher nicht darlegen – denn das würde als eine Form der Produktwerbung angesehen werden und physiologische Werbeversprechen enthalten, die für ein Kosmetikum nicht zulässig wären.

Peptide – kleine Moleküle, große Wirkung

Peptide sind, chemisch ausgedrückt, kurze Aminosäureketten, in denen die Aminosäuren durch Peptidbindungen miteinander verbunden sind. In der Kosmetikbranche bezieht sich der Begriff „Peptide“ auf Moleküle, die aus kurzen Aminosäureketten – sehr kleinen Grundbestandteilen also – bestehen, die in der Lage sind, das Stratum basale zu überwinden und physiologische Veränderungen auf dermaler Ebene anzustoßen oder in einigen Fällen sogar in die Dermis vorzudringen, mit Neurotransmittern zu konkurrieren und so physiologische Prozesse zu beeinflussen. Heute gibt es Peptide, die Alterszeichen bekämpfen, die Haut aufhellen und sogar die Wimpern verlängern.

Eine der unserer Meinung nach beliebtesten Peptidwirkmechanismen der Branche ist die botoxartige Wirkung eines bestimmten Hexapeptids („Argireline“ von Lipotec). Es bekämpft die Alterszeichen, indem es die Muskelkontraktionen hemmt, welche die Lipidmatrixstrukturen stören. Kann man die Kontraktionen verhindern, behält die Lipidmatrix ihre Struktur und es tritt keine Deformation der Haut auf – das Auftreten von Falten wird wirkungsvoll verhindert. Das lässt sich bewerkstelligen, indem man ein „Mimikpeptid“ als Cosmeceutical anbietet, das an-

stelle des normalerweise vom Körper produzierten Peptids an den Rezeptoren bindet und damit die Kontraktion verhindert.

Um einen Neurotransmitter freizusetzen, der einem Muskel befiehlt zu kontrahieren, ist normalerweise ein sogenannter SNARE-Komplex erforderlich. Dieser SNARE-Komplex enthält das Protein SNAP-25. Ein analoges Peptid (nämlich das topisch angewandte „Mimikpeptid“), das es ersetzt, kann den SNARE-Komplex destabilisieren, dadurch wird die Freisetzung des Neurotransmitters gehemmt und die Muskelkontraktion verhindert. Ergebnis: eine verminderte Mimik und weniger Falten.

Aktuelle neue Peptide

Aber es sind noch viele andere Peptide mit beeindruckender molekularer Bioaktivität auf dem Markt, die schnelle und drastische Resultate erzielen. Zu diesen Peptiden mit erstaunlicher Wirkung gehören:

  • „Botox“-artige Wirkung: „BONT-L Peptide Solution“ (Infinitec) und „Argireline“ oder „Snap-8 Solution“ (beide von Lipotec)
  • Verbesserung der strukturellen Reorganisation der dermalen Matrix: „Uplevity Peptide“ (Lipotec) oder „Peptiskin“ (Solabia)
  • Induzierte Melanogenese: „Bronzing S.F. Peptide Solution“ (Infinitec)
  • Hautaufhellung: „SpecPed H2P” (Spec-Chem Industry) oder „ß-White” (Lucas Meyer Cosmetics)
  • Längere Augenwimpern: „SpecPed SC-MH16” (Spec-Chem Industry), „Capixyl” (Lucas Meyer Cosmetics) oder „SymPeptide” (Symrise)

Entscheidend: der Transport

Eine der wichtigsten Herausforderungen für den Kosmetikchemiker ist, den Wirkstoff an den Ort seiner Wirkung zu bringen. Kein Wunder, denn die Haut und ihre verschiedenen Schichten sind eine äußerst effektive Schutzbarriere. Um besser zu verstehen, wie es manchen Substanzen gelingt, die äußeren Hautschichten zu überwinden, sehen Sie sich die verschiedenen Barriereschichten und die entsprechenden Molekülgrößen an (Tabelle unten).

Um durch das Stratum corneum (und tiefere Schichten) zu kommen, müssen Substanzen entweder durch die Zellen hindurch oder um sie herum passieren. Wie man sieht, müssen wasserlösliche Moleküle extrem klein sein, um das Stratum corneum zu durchqueren. Lipidlösliche Moleküle können durch Lipiddoppelschichten wandern, wenn sie klein sind, müssen aber dieselben Distanzen überwinden. Auch wenn sie einen Weg finden, müssen sie dennoch eine unglaublich lange Strecke (im Vergleich zu ihrer eigenen Größe) zurücklegen, bis sie das Stratum corneum durchdrungen haben. Das hat eine besonders große Bedeutung für die Beförderung von Peptiden – sie sind extrem klein und können bis ins Stratum basale und darüber hinaus vordringen, müssen aber im Vergleich zu ihrer eigenen Größe eine unglaublich weite Distanz zurücklegen. Deswegen ist der Träger, also die Produktbasis, in der sie sich befinden, ein essenzieller Bestandteil, der den Großteil ihrer Passage durch die Epidermis ermöglicht. Sobald sie am Stratum basale „abgegeben“ werden, sind ihre Weiterreise in die Dermis und ihre Wirksamkeit dort gesichert – aber sie erst einmal dorthin zu bekommen, ist das Problem.

Aufgrund der Komplexität der Haut und der Unterschiede zwischen den Hautschichten können Substanzen mit einem Molekulargewicht von unter 1.000 Dalton in der Lage sein, die Epidermis zu durchdringen, wenn sie sich in einer amphiphilen Basis befinden. Standardemulsionen sind amphiphile Basen, die sowohl hydrophile (Wasser) und hydrophobe (Lipide) Phasen als auch amphiphile Substanzen (Emulgatoren) enthalten, sodass sie als exzellente Träger für kleine Moleküle zumindest bis in die tieferen Schichten des Stratum corneum dienen können. Verwendet man osmolytische Substanzen wie etwa Feuchthaltemittel, lässt sich damit eine Penetration bis zum Stratum granulosum erreichen. Um die gewünschte Wirkung zu erzielen, müssen Peptide der Haut in einem geeigneten Trägerstoff verabreicht werden, um am Wirkungsort im Stratum basale anzukommen; dies wird am besten durch eine (amphi-phile) Emulsionsbasis gewährleistet, die mit Feuchthaltemitteln und/oder liposomalen Trägersystemen kombiniert wird.

Besteht ein Risiko, zu viel zu versprechen und zu wenig zu leisten?

Kein Zweifel: Diese Substanzen sind richtig teuer. Im Vergleich sind sie teurer als die meisten anderen heute erhältlichen Wirkstoffe. Aber wenn sie in der passenden Konzentration eingesetzt und mit einem kompatiblen Basisprodukt mit leistungsfähigen Trägermechanismen formuliert werden, um sicherzustellen, dass sie dort hinkommen, wo sie am besten wirken, dann sind die Resultate garantiert. Und das bedeutet: Eine richtig konzipierte Formulierung mit der richtigen Konzentration dieser Substanzen wird immer Ergebnisse erzielen.

Aber für Hersteller ist die Versuchung groß, Produktionskosten zu sparen, um attraktive Verkaufspreise zu ermöglichen; dabei wird man zweifellos zuerst den Peptidgehalt reduzieren. Daran liegt es dann auch, wenn das Produkt nicht wirkt, und nicht etwa daran, dass das Peptid nicht leistungsfähig wäre. Ein anderes Problem besteht dann, wenn diese hochwirksamen Substanzen mit einem unzureichenden Trägersystem kombiniert werden.

Benutzt dagegen ein Anbieter Schlüsselsubstanzen, um den Transport dieser Wirkstoffe zum Stratum basale sicherzustellen, verleiht er seinem Produkt einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil gegenüber einer Mitbewerbermarke, die denselben Wirkstoff in derselben Konzentration verwendet, aber mit einer minderwertigen Trägerbasis kombiniert. Es kommt also auf die möglichst geschickte Formulierung an, wenn man die für den Verbraucher bestmöglichen sichtbaren Resultate sicherstellen will.

Kleine Menge, große Wirkung

Und schließlich: Peptide tauchen zwar erst weit hinten auf der INCI-Liste auf, doch sie sind so wirksam, dass auch nicht viel von ihnen benötigt wird, um hervorragende Ergebnisse zu erzielen. Von dem oben erwähnten Hexapeptid sind lediglich 77 Mikrogramm pro Anwendung erforderlich, um erstaunliche Resultate zu erhalten. Bei anderen Peptiden führen sogar noch geringere Mengen zu messbaren Vorzügen für Haut und Haar.

Auf einen Blick

  • Peptide sind kurze Aminosäureketten, die in die Dermis wandern und einen physiologischen Prozess beeinflussen.
  • Peptide bekämpfen die Alterszeichen, hellen die Haut auf und verlängern die Wimpern.
  • Die Herausforderung besteht darin, einen Wirkstoff zum Wirkungsort zu transportieren.
  • Die möglichst geschickte Formulierung ist entscheidend, wenn man die bestmöglichen sichtbaren Resultate sicherstellen will.
  • Auf der INCI-Liste tauchen Peptide zwar erst weit hinten auf der INCI-Liste auf, doch sie sind so wirksam, dass auch nicht viel von ihnen benötigt wird, um hervorragende Ergebnisse zu erzielen.

Geschrieben von
Belinda Carli | Leiterin des Institute of Personal Care Science (IPCS) Coolum Beach, Australien, www.personalcarescience.com.au

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