
Mal eben schnell die Liege eindecken, dabei mit dem Handy zwischen Schulter und Ohr den Kindern bei den Hausaufgaben helfen und gleichzeitig im Kopf die notwendigen Nachbe- stellungen an Kabinettware durch- gehen – ist das dein Alltag? Klar, wir sind alle Meister im Multitasking. Aber bringt uns das auch wirklich weiter? In diesem Artikel liest du, warum Monotasking besser ist und zu mehr Erfolg führt.
Multitasking scheint seit Jahren ein absolutes Muss für erfolgreiche Unternehmerinnen zu sein. Wir haben dadurch den Eindruck, vieles gleichzeitig erledigen zu können und deshalb sehr effizient zu sein – und das gibt ein gutes, zufriedenes Gefühl, nicht wahr? Doch ist es auch wirklich effizient?
Was genau aber versteht man unter Multitasking?
Ins Deutsche übersetzt bedeutet dieser Begriff so viel wie „Mehrfachaufgaben-Ausführung“. Per Definition bedeutet er also das Ausführen völlig unterschiedlicher Aufgaben gleichzeitig – die Endergebnisse müssen hier vollkommen unabhängig voneinander sein. Sind sie das nicht, handelt es sich „nur“ um eine Handlung, wie sie beispielsweise beim Autofahren vorliegt: Verkehr einschätzen + lenken + kuppeln + beschleunigen oder bremsen. Das Endergebnis ist immer die Fahrt von A nach B. Bei dem im Vorspann genannten Beispiel sind die Ergebnisse dagegen völlig unterschiedlich und daher als Multitasking zu bezeichnen.
Multitasking – gut oder schlecht?
Multitasking wird von vielen – ja, bis vor ein paar Jahren auch von mir – als etwas Positives angesehen. Auch ich habe auf diese Weise gearbeitet und mir abends innerlich auf die Schulter geklopft, weil ich wieder so viel mehr erledigt hatte. Erst viel später wurde mir klar, wie viele kleine Fehler ich dabei gemacht hatte. Die ließen sich zwar meist problemlos wieder „ausbügeln“, aber sie kamen vor. Und mit zunehmendem Alter (und zunehmender Arbeitsbelastung) wurden die Fehler häufiger und größer.
Fehlerquelle Verzettelung
Und das ist ja auch recht logisch: Beim Abarbeiten mehrerer Dinge auf einmal kannst dDu dDich nicht wirklich auf jede einzelne Tätigkeit konzentrieren. Natürlich hängt das auch davon ab, welche Areale des Hirns gerade angestrengt werden. Aber im Großen und Ganzen scheint diese Aussage zu stimmen (jedenfalls nach meiner Erfahrung). Multitasking hat – wenn man es richtig anwendet – ganz unbestritten einige Vorteile.
Vorteile Multitasking
- es spart Zeit,
- es sichert mehr Erfolgserlebnisse als Monotasking,
- es lässt die Effizienz wachsen,
solange es sich um einfache Routinea-Aufgaben handelt!
Diese Argumente haben bei leichten Routineaufgaben, die wir gleichzeitig erledigen können, durchaus ihre Berechtigung. Du kannst ganz sicher die Liege frisch eindecken und dabei im Kopf eine Liste der Produkte zusammenstellen, die du danach beim Lieferanten bestellen möchtest. Wenn wir aber ganz ehrlich sind, dann kommen solche Routinetätigkeiten – zumindest im Behandlungs- und Verkaufsablauf – selten vor. Wir sind in erster Linie Dienstleisterinnen, und das bedeutet, dass wir uns voll auf unsere Kundin konzentrieren müssen, während wir sie begrüßen, behandeln und das abschließende Verkaufsgespräch führen. Dabei haben gleichzeitige Gedanken an deine Tochter, mit der du die Vokabeln für den Test morgen noch durchgehen musst, keinen Platz. Deine Kundin wird – vielleicht nur unbewusst, aber trotzdem – spüren, dass du gerade nicht voll bei ihr bist. Und das wird ihr nicht gefallen!
Multitasking? Nur bisweilen!
Du siehst, Multitasking sollte nur sehr gezielt eingesetzt werden. Denn die Liste der Nachteile ist um einiges länger als die der Vorteile. Auf Dauer wird sich komplexes Multitasking auch auf deine Gesundheit auswirken (wie im Kasten schon angedeutet). Wir Frauen haben es (leider) immer noch oftmals in uns, allen gefallen und es jedem rRecht machen zu wollen. Dafür scheint Multitasking natürlich gut geeignet zu sein. Das ist aber nicht so!
Wenn wir es über eine längere Zeit wirklich jedem rRecht machen wollen und deshalb Multitasking anwenden, werden wir uns hoffnungslos überfordern. Ich habe das selbst erlebt – es ist ein Teufelskreis! Ich wollte immer perfekt funktionieren, habe vieles gleichzeitig erledigt und musste nach einiger Zeit erleben, dass ich von Kundinnen kritisiert wurde – weil mir in meiner Überforderung Fehler passiert sind. Das wiederum hat mich zu mehr Leistung angetrieben – was wieder in Überforderung und Fehlern endete. Ganz am Ende dieser Spirale, die ich aus eigener Kraft leider nicht mehr unterbrechen konnte, standen der Burn-out und die Depression.
Natürlich waren noch andere Faktoren dafür verantwortlich, aber in der Retrospektive kann ich sagen, dass alles mit dem Multitasking begonnen hat.
Nachteile Multitasking
- Echte Zeitersparnis liegt bei komplexem Multitasking nicht vor – weil du jede der Tätigkeiten, die du gleichzeitig ausführen willst, zugunsten der anderen kurz unterbrechen und zum Schluss kontrollieren musst, ob du wirklich alles und alles richtig erledigt hast.
- Das Risiko für Fehler steigt und die Produktivität nimmt ab.
- Die Ausführung der einzelnen Aufgaben wird automatisch langsamer.
- Der psychische Druck ist riesig und die Folgen sind häufig nicht nur seelisch, sondern auch körperlich: Der Mensch ist evolutionsbiologisch nicht dafür gemacht, mehrere unterschiedliche Dinge parallel zu erledigen.
- Es besteht das Risiko einer falschen Behandlung – wenn du (völlig in Gedanken) zum Beispiel ein falsches Peeling bei der Kundin anwendest und diese danach vom Dermatologen behandelt werden muss.
Diese Nachteile überwiegen meiner Ansicht nach die Vorteile um ein Vielfaches.
Die bessere Lösung: Monotasking statt Verzetteln
Ich möchte dir hier ein paar Möglichkeiten aufzeigen, wie du mit Monotasking genauso gute Ergebnisse erzielen und dabei gesund bleiben kannst:
1. Vermeide Störfaktoren
Nimm beispielsweise das Handy nicht mit in den Behandlungsraum. Dessen ständiges Piepen und Pfeifen lenkent dich ab und kostet Zeit und Energie.
2. Plane ganz bewusst kleine Pausen ein
Nutze zum Beispiel einen Teil der Einwirkzeit der Maske, um kurz durchzuatmen, etwas zu trinken oder einfach nur aus dem Fenster zu schauen.
3. Arbeite nach dem Eisenhower-Prinzip
Nach diesem Prinzip gibt es wichtige, unwichtige, dringende und nicht dringende Dinge. Kategorisiere deine Aufgaben entsprechend, damit du wichtige und dringende Dinge zuerst erledigst. Unwichtige und nicht dringende Dinge können beispielsweise andere übernehmen oder sie können vielleicht sogar „im Papierkorb landen“.
4. Erstelle eine Prioritätenliste
Auch eine Prioritätenliste (die oft aus dem Eisenhower-Prinzip entsteht) kann helfen: Der riesige Berg an Arbeit wird auf diese Weise in kleinere „Häppchen“ unterteilt, die ihn plötzlich weniger riesig und durchaus machbar zeigen.
5. Nein sagen lernen
Sage auch mal konsequent „Nein“ – nicht nur zur Kundin, wenn sie immer wieder ganz spontan noch Zusatzbehandlungen haben möchte, die deinen zeitlichen Rahmen sprengen würden. Auch zu Familie und Freunden, wenn du merkst, dass du an deinem Limit bist (das fällt naturgemäß schwerer, ist aber manchmal wichtig).
6. Lerne Achtsamkeit dir selbst gegenüber
Wende ab und zu Achtsamkeitsübungen an. Und nein, das ist keine verlorene Zeit, denn zum Beispiel ein paar tiefe, bewusste Atemzüge nach dem Aufstehen am offenen Fenster können dich viel entspannter in den Tag gehen lassen. Zwischendurch schenken sie neue Energie und Power, sodass danach alles schneller geht.
7. No pressure!
Vermeide es, dich selbst unter Druck zu setzen. Ja, sehr oft sind wir es selbst, die uns den Leistungs- und Zeitdruck machen. Du musst es aber nicht immer allen Recht machen und du darfst Dir zu jeder Zeit Hilfe holen.
8. Me-Time ist wichtig
Plane im Geschäftsjahr ganz bewusst ein oder zwei Auszeiten ein, die nur für dich allein gedacht sind – und damit meine ich keine Familienurlaube oder Mädelsausflüge. Diese Auszeiten sollten dir wieder Kraft und Energie geben. Das könnte beispielsweise ein Schweige-Wochenende in einem Kloster sein oder eine Etappe auf einem Wanderweg.
Fazit
Wir sollten immer daran denken, dass wir Menschen und keine Computer sind – der PC mag mehrere komplexe Prozesse im Hintergrund verarbeiten können, wir nicht. Dein Körper und deine Seele werden dir das Mono- oder auch Singletasking auf Dauer danken – wie auch deine Kundinnen und dein persönliches Umfeld!

Claudia Gesang
Die gelernte Industriekauffrau, Kosmetikerin und Heilpraktikerin für Psychotherapie arbeitet freiberuflich als Autorin im Kosmetik- und Wellnessbereich. www.claudia-gesang-balance.de