
Licht und Wärme der Sonne sind nicht nur für das Klima und das Pflanzenwachstum entscheidend, sondern steuern auch zahlreiche physiologische Prozesse im menschlichen Organismus. So reguliert das Tageslicht unter anderem biologische Rhythmen, beeinflusst den Schlaf-Wach-Zyklus und spielt eine zentrale Rolle im Hormonhaushalt. Die UV-Strahlen der Sonne haben therapeutische Wirkung und können gleichzeitig auch negativ auf die Hautgesundheit wirken mit akuten oder chronischen Schäden als Folge.
Das Sonnenlicht setzt sich aus verschiedenen Strahlungskomponenten zusammen, wobei insbesondere die ultraviolette Strahlung (UV-Strahlung) von dermatologischer Relevanz ist. Ein umfassendes Verständnis der Sonnenstrahlung und ihrer biologischen Wirkungen ist von zentraler Bedeutung für die Dermatologie (siehe Basics zu UV-Strahlen). Neben den Risiken der UV-Exposition hat Sonnenstrahlung auch essenzielle positive Wirkungen auf die Haut und den Organismus. Besonders die UVB-Strahlung spielt eine entscheidende Rolle bei der Vitamin-D-Synthese und wird gezielt in der dermatologischen Therapie eingesetzt.
Vitamin-D-Synthese
Vitamin D ist ein Schlüsselfaktor für zahlreiche physiologische Prozesse, insbesondere für die Hautgesundheit. Der menschliche Körper deckt seinen Hauptbedarf an Vitamin D über die endogene Synthese in der Haut, die durch UVB-Strahlung (280–315 nm) angeregt wird. Die Menge des produzierten Vitamin D hängt von mehreren Faktoren ab, darunter Dauer der UV-Exposition, Hautareal und Hauttyp. Ein ausreichender Vitamin-D-Spiegel ist essenziell für die Haut, da das Vitamin:
- die Proliferation hemmt und die Differenzierung von Keratinozyten fördert, wodurch es zur Hauterneuerung beiträgt.
- die Barrierefunktion der Haut stärkt, indem es die Produktion von Lipiden und Strukturproteinen reguliert.
- den Haarfollikelzyklus beeinflusst und eine Rolle im Haarwachstum spielt.
- zytoprotektive Effekte entfaltet, die die Haut vor oxidativem Stress und DNA-Schäden schützen.
- das Hautimmunsystem stimuliert und die Abwehrmechanismen gegen Pathogene verbessert.
- die Produktion antimikrobieller Peptide wie Cathelicidine fördert, die gegen Hautinfektionen wirken.
Ein Vitamin-D-Mangel wird mit einer erhöhten Anfälligkeit für Krebserkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Autoimmunerkrankungen und Infektionen in Verbindung gebracht. Daher ist eine Supplementierung bei Mangelzuständen aus medizinischer Sicht sinnvoll. Eine ausgiebige, ungeschützte UV-Exposition ist hingegen nicht zielführend, da die schädlichen Wirkungen der UV-Strahlung überwiegen.
Therapeutische Wirkungen der UV-Strahlung
In der Dermatologie wird UV-Strahlung gezielt für therapeutische Zwecke eingesetzt. Künstliche UV-Lichtquellen (UVA- und UVB-Strahlen) sind fester Bestandteil der Behandlung verschiedener Hauterkrankungen, darunter Psoriasis (Schuppenflechte), Vitiligo (Weißfleckenkrankheit) und das atopische Ekzem (Neurodermitis). Als Wirk-
mechanismen der UV-Therapie lassen sich folgende Ansätze zusam-
menfassen:
- Hemmung der Keratinozytenproliferation, wodurch übermäßige Zellteilungen in der Epidermis reduziert werden.
- Immunmodulatorische Effekte, die entzündliche Prozesse in der Haut dämpfen.
- Induktion der Apoptose, insbesondere von hyperproliferativen oder fehlregulierten Immunzellen.
Ein weiteres wichtiges Anwendungsgebiet ist die Vitamin-D-Therapie bei Psoriasis. Vitamin D reguliert hier nicht nur die Keratinozyten-Differenzierung, sondern hat auch entzündungshemmende und immunsuppressive Eigenschaften, die sich po-
sitiv auf den Krankheitsverlauf auswirken. Sonnenstrahlung spielt eine zentrale Rolle für die Hautgesund-heit – sowohl durch die natürliche Vitamin-D-Synthese als auch in der dermatologischen Therapie. Während eine übermäßige UV-Exposition mit Hautschäden und Krebsrisiken verbunden ist, sind gezielte und kontrollierte Anwendungen von UV-Licht essenzielle Bestandteile der modernen Dermatologie.
Basics zu UV-Strahlen
Die UV-Strahlen werden je nach Wellenlänge in UVA, UVB und UVC unterteilt:
- UVC-Strahlen werden durch die Ozonschicht nahezu vollständig absorbiert und erreichen die Erdoberfläche nicht.
- UVB-Strahlen machen nur einen kleinen Anteil der Sonnenstrahlung aus, haben jedoch eine sehr hohe biologische Wirksamkeit. Sie sind ein starker Stimulus für entzündliche Prozesse und führen zur Bildung von DNA-Photoläsionen wie mutagenen Thymin-Dimeren (kovalent verknüpfte Pyrimidinreste innerhalb der DNA; können zu weiteren Mutationen im Genom führen). Diese Schäden können, wenn sie nicht effizient repariert werden, langfristig zur Entstehung von Hautkrebs beitragen.
- UVA-Strahlen dringen tiefer in die Haut ein und sind in Bezug auf direkte DNA-Schäden weniger aktiv als UVB. Dennoch sind sie ein bedeutender Faktor für die Hautalterung und oxidative Schäden. Durch die Bildung freier Radikale führen sie zu Zellstress und Schäden an DNA sowie anderen Makromolekülen wie Proteinen und Lipiden.
Risiken minimieren, Vorteile nutzen
Neben akuten Schäden wie Sonnenbrand kann eine unkontrollierte UV-Exposition langfristig zu frühzeitiger Hautalterung und Hautkrebs führen. Ein bewusster Umgang mit Sonnenstrahlung ist daher entscheidend, um die positiven Effekte der Sonne zu nutzen und gleichzeitig gesundheitliche Risiken zu minimieren.
Akute Schäden: Sonnenbrand und Sonnenallergien
Eine übermäßige UV-Exposition kann innerhalb kurzer Zeit zu einer Entzündungsreaktion der Haut führen, die sich als Sonnenbrand äußert. Dabei spielt vor allem UVB-Strahlung eine zentrale Rolle. Sie aktiviert eine Kaskade von Entzündungsmediatoren, darunter Zytokine sowie vasoaktive und neuroaktive Substanzen, die gemeinsam eine entzündliche Reaktion in der Haut auslösen. Die Folge sind Rötungen, Schwellungen, Schmerzen und in schweren Fällen Blasenbildung.
Neben Sonnenbrand können be-
stimmte Hauttypen empfindlich auf Sonnenlicht reagieren und sogenannte Sonnenallergien (Polymorphe Lichtdermatosen) entwickeln. Ein Beispiel dafür ist die Mallorca-Akne, die sich durch Juckreiz, Rötungen und Hautausschläge äußert.
Chronische Schäden: Hautalterung und Elastose
Langfristige UV-Exposition trägt maßgeblich zur frühzeitigen Hautalterung (Photoaging) bei. Besonders UVA-Strahlen dringen tief in die Haut ein und fördern den oxidativen Stress, der den Abbau von Kollagen- und Elastinfasern beschleunigt. Dies führt zu einer Verdickung der Hautstruktur, auch als Elastose bekannt, sowie zu Faltenbildung, Pigmentstörungen und einem insgesamt vorzeitig gealterten Hautbild.
Hautmalignome und erhöhtes Hautkrebsrisiko
Die schwerwiegendste Folge einer langfristigen UV-Belastung ist die Entwicklung von Hautkrebs. UV-Strahlen verursachen DNA-Schäden, die entweder durch direkte Mutationen (wie UVB-induzierte Thymin-Dimere) oder durch indirekten oxidativen Stress (verursacht durch UVA-Strahlen) entstehen. Wiederholte Sonnenbrände, insbesondere in der Kindheit, erhöhen das Risiko für verschiedene Hautkrebsarten erheblich, darunter das Basalzellkarzinom, das Plattenepithelkarzinom und das maligne Melanom.
Ganzheitlich schützen
Ein bewusster Umgang mit Sonnenstrahlung erfordert eine ausgewogene Balance zwischen ihren positiven und negativen Effekten. Während eine kontrollierte UV-Exposition bzw. Supplementierung von Vitamin D empfehlenswert ist, müssen gleichzeitig Schutzmaßnahmen getroffen werden, um Hautschäden zu vermeiden. Effektiver Sonnenschutz ist essenziell, um die schädlichen Auswirkungen der UV-Strahlung zu minimieren und gleichzeitig die positiven Effekte der Sonne zu nutzen. Sonnenstrahlung ist ein natürlicher Bestandteil des Lebens und spielt eine zentrale Rolle für die Hautgesundheit. Dennoch erfordert sie einen verantwortungsvollen Umgang, um akute und chronische Hautschäden zu vermeiden. Dermatologen und Kosmetikerinnen haben eine Schlüsselrolle in der Aufklärung über das richtige Maß an Sonnenexposition, effektive Schutzmaßnahmen und die Prävention von UV-bedingten Hauterkrankungen.
Das Sonnenschutz-1x1
- Verwenden Sie Sonnenschutzmittel mit einem hohen Lichtschutzfaktor (LSF 30 oder höher). Diese sollten gegen UVA- und gegen UVB-Strahlen schützen.
- Der Sonnenschutz muss auf den individuellen Hauttyp abgestimmt werden, da hellere Hauttypen empfindlicher auf UV-Strahlung reagieren als dunklere Hauttypen.
- Zudem ist es wichtig, Sonnenschutzprodukte regelmäßig und in ausreichender Menge (2 mg/cm2) aufzutragen, insbesondere nach dem Schwimmen oder starkem Schwitzen. Dies gilt auch für Produkte, die als wasserfest deklariert werden.
- Direkte Sonnenexposition während der Mittagsstunden zwischen 11 und 15 Uhr vermeiden. In diesem Zeitraum ist die UV-Strahlung am stärksten und das Risiko für Sonnenbrand und langfristige Schäden besonders hoch.
- Auch im Schatten sollte man sich bewusst sein, dass Sonnenlicht von reflektierenden Oberflächen wie Sand, Wasser oder Schnee zurückgeworfen wird und die Haut trotzdem UV-Strahlen ausgesetzt ist.
- Weitere effektive Sonnenschutzmaßnahmen sind UV-schützende Kleidung, insbesondere bei längeren Aufenthalten im Freien.
- Sonnenbrillen mit UV-Filter schützen Augen und empfindliche Haut um die Augenpartie.
- Ein breitkrempiger Hut kann zusätzlich Gesicht, Nacken und Ohren vor direkter Sonneneinstrahlung bewahren.
Quellen:
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Anna Holling-Tersteeg
Die Kosmetikwissenschaftlerin und staatlich geprüfte Kosmetikerin ist Leitung PR, Kommunikation und KosWis-Strategie bei Medicos Kosmetik/Aesthetico. www.aesthetico.de