Eine Fachmesse bietet dir den gesamten Überblick über das Angebot der Branche. Du kannst Lieferanten optimal miteinander vergleichen, und du bekommst Anregungen und lernst auf der Messe Personen kennen, die du bisher nur vom Telefon her kanntest. Wenn du eine Fachmesse besuchst, stehst du gewissermaßen unter „Erfolgszwang“. Denn du möchtest möglichst viel Verwertbares mit nach Hause nehmen.
Messen sind Chancen
Über interessante und neue Aussteller informierst du dich schon im Vorfeld über das Internet. Ein Messebesuch ist kein Spaziergang und verlangt große Konzentration und eine Portion Aufgeschlossenheit für Neues. Auf dem Messegelände hat die Besucherin den direkten Kontakt mit Lieferanten, kann optimal vergleichen und Vor-Ort-Gespräche führen. Kennst du den typischen Killer für den Besuch: „Die Messe ist anstrengend, kostet Zeit und Geld, ich kann auf den Besuch verzichten“? Mit einer positiven Einstellung motiviert man sich und vermeidet die kritische Einstellung.
Exakte Terminvereinbarungen mit Ausstellern haben sich nicht bewährt. Wenn du dich abhetzen musst, um pünktlich eine Verabredung am Stand einzuhalten, kommt Hektik auf. Absprachen sind günstig, sofern sie nicht an einen Fixtermin gebunden sind. „Muss-Besuche“ beziehen sich auf die Aussteller, die du unbedingt kennenlernen und sprechen willst. „Kann-Besuche“ haben zweite Priorität. Dein wichtigstes Messeziel heißt, Neulieferanten zu entdecken, neue Kontakte zu knüpfen, auch wenn kein aktueller Bedarf besteht. Neue Aussteller ausfindig zu machen, scheitert oft an der Einstellung, dass man einen weiteren Lieferanten nicht braucht. Zum kurzen Nachdenken: Du kennst Erdbeereis, Schokoeis, Vanilleeis. Aber Tomateneis? Da bist du erst mal skeptisch, weil du den Geschmack nicht kennst. Bei neuen Ausstellern entsteht eine ähnliche Skepsis, man zögert. Nach dem Grundsatz „Never change a winning horse“ ist die Wechselbereitschaft vom Stammlieferanten zum neuen Lieferanten gering.
Warum gehst du überhaupt auf die Messe?
Auf den Messebesuch zu verzichten bedeutet, wichtige Trends und Entwicklungen zu verpassen und persönliche Kontakte mit Ausstellern zu versäumen. Wer kann sich das leisten?
Als Messebesucher interessierst du dich vor allem für neue Aussteller und deren Angebote. Auch ohne einen aktuellen Bedarf ist es lohnenswert, sich am Stand umfassend zu informieren. Im Internet kann man sich zwar auch schlaumachen, aber ein persönliches Gespräch beim Aussteller ist durch nichts zu ersetzen. Und trotzdem ist in letzter Zeit eine gewisse Messemüdigkeit zu beobachten, weil das Tagesgeschäft wichtiger erscheint als der Messebesuch, der Geld kostet. Dabei bietet der professionelle Besuch einer Messe neue Informationen, du schaust mal über den Tellerrand und kannst dich fit machen für die Zukunft. Denn im harten Wettbewerb kommt es auf Ideen an, die man auf der Messe erhält.
Checkliste für deinen Messebesuch
- Plane vorzugsweise Neulieferanten-Besuche
- Finde eine positive Einstellung für den Messebesuch
- Unterscheide zwischen „Muss- und Kann-Besuchen“
- Trete unbedingt als interessante Gesprächspartnerin auf
- Nimm doch eine Begleitperson mit (vier Augen sehen mehr)
- Fertige noch auf der Messe ein Protokoll an
- Nutze am besten den Laptop für das Protokoll
- Fahrt und Übernachtung werden rechtzeitig geplant
Du hast hoffentlich häufig mit "Ja" geantwortet
Dein Erstbesuch auf dem Messestand
Natürlich stellst du dich bei neuen Lieferanten mit deiner Visitenkarte professionell vor. Sprich ganz offen über deine Situation und die Erwartungen an eine mögliche Zusammenarbeit. Aussteller sind neugierig und stellen ein paar Fragen, um einen Erstbesucher einzuschätzen, das sollte nicht gleich als „aufdringlich“ bewertet werden. Messegespräche dauern mindestens zwanzig Minuten. Du kannst also pro Messetag etwa zwölf bis vierzehn Intensivgespräche schaffen. Detail-Gespräche führt man zu Hause per Telefon. Der weitere Kontakt mit einem neuen Lieferanten wird am besten direkt auf der Messe vereinbart. Die Kernthemen bei neuen Ausstellern: Produkte, Anwendung, Kundennutzen, Preise und Konditionen. Stelle die Einkaufspreise nicht gleich in den Vordergrund. Andere Aspekte können wichtiger sein, wenn du dich für die Zusammenarbeit mit einem neuen Lieferanten entscheiden willst.
Das Standpersonal der Aussteller ist gut geschult, Aussteller wissen genau, wie man einen Besucher, der sich unverbindlich umsehen will, in ein Gespräch verwickelt und länger festhält. Für einen Besuch plant man nicht länger als 30 Minuten ein, der Blick auf die Uhr ist also wichtig.
Dein Messeprotokoll
Ohne Notizen weiß man schon wenige Wochen nach der Messe nicht mehr viel. Für die Messenacharbeit ist ein aussagefähiger Bericht über den Standbesuch eine wichtige Voraussetzung. Die Messenacharbeit wird durch das Protokoll vorbereitet. Das Messeprotokoll hat für deine Nacharbeit große Bedeutung. Die moderne Art der Datenerfassung erfolgt per Laptop, Print ist umständlich und veraltet. Die Aktivitäten der Messenacharbeit werden schon in das Messegespräch involviert. Maximal innerhalb dreißig Tagen nach der Messe hast du alle gewonnenen Informationen ausgewertet, gewünschte Unterlagen angefordert und Besuche vereinbart. Wichtige Messekontakte werden priorisiert. Bitte nicht warten, bis der Aussteller sich bei dir meldet, bleibe selbst initiativ. Übrigens: Statt Prospekte mitzunehmen, lässt man sich Unterlagen schicken und legt dafür einen Messeordner oder eine Datei an.
Key Points
Auch wenn keine Verträge und Abschlüsse auf der Messe erzielt werden, ist das Knüpfen von Kontakten ein wesentlicher Schritt. Am Gesprächsende steht daher immer die Frage, wie es weitergeht, wer wen kontaktiert. Das Messeprotokoll ist mühsam, aber für die Nacharbeit wichtig. Wer nach Hause kommt und nichts Verwertbares für seinen Betrieb dabei hat, für den sind zukünftige Messebesuche fragwürdig. Ein entsprechend geschärftes Bewusstsein gehört also unbedingt auch zur inneren Vorbereitung auf den Messebesuch. Der Erfolg eines Messebesuchs wirkt sich meist erst langfristig aus, kurzfristige Erfolge gibt es selten.
Rolf Leicher
Der Diplom-Betriebswirt aus Heidelberg ist Fachautor für Betriebs- und Personalführung sowie Marketing.