Bessere Heilung

10.01.2025
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Unsere Haut hat eine beeindruckende Fähigkeit, sich selbst zu regenerieren. Doch wie genau funktioniert die Wundheilung und wie lässt sich der Prozess unterstützen? Lesen Sie mehr über den komplexen Heilungsprozess, welche Phasen bei der Wundheilung durchlaufen werden und welche­ ­topischen und technischen Maßnahmen bei der Hautregeneration helfen. Außerdem erfahren Sie, warum eine nährstoffreiche Ernährung bei der Wundheilung wichtig ist.

Ein kleiner Schnitt, eine kleine Verbrennung oder Abschürfung: Jeder kennt diese alltäglichen kleinen oder auch größeren Verletzungen der Haut und ist jedes Mal von Neuem fasziniert von der immensen Reparaturfähigkeit der Haut. In der Regel heilen Wunden innerhalb von zwei bis drei Wochen ab, und man kann förmlich zuschauen, wie der Wundheilungsprozess die geschädigte Haut regeneriert und wieder in einen „normalen“ Zustand überführt – auf der einen Seite ein echtes Wunderwerk. Auf der anderen Seite kann die Wundheilung allerdings durch unterschiedliche Faktoren beeinträchtigt werden, sodass chronische Wunden entstehen, die nicht gut abheilen.
Wundheilung ist auch ein bedeutender Aspekt vor und nach ästhetischen Eingriffen oder nach Operationen.


Definition einer Wunde


Eine Wunde ist generell definiert als eine Verletzung der Haut oder anderer Gewebe des Körpers, bei der es zu einer Unterbrechung der normalen Struktur kommt. Diese Verletzung kann durch äußere Einwirkungen wie mechanische Kräfte (zum Beispiel Schnitte, Stöße, Schürfwunden) oder innere Einflüsse (zum Beispiel durch Krankheit) entstehen. Wunden können verschiedene Schweregrade  aufweisen und reichen von oberflächlichen Hautverletzungen bis hin zu tieferen Gewebsschäden, die Muskeln, Sehnen oder Organe betreffen. Zudem können sie je nach Zeitverlauf in akute oder chronische Wunden unterschieden werden.
In Abhängigkeit unter anderem der Art der Verletzung, eventuellen Störungen der Wundheilung und der Ursache der Wunde werden spezifische Heilungsprozesse in Gang gesetzt. Dieser sehr komplexe Vorgang der Wundheilung läuft in verschiedenen Phasen ab.


Vier Phasen der Wundheilung


1. Die Absonderungsphase/inflammatorische Phase (Entzündung, Exsudation): Unmittelbar nach der Verletzung tritt Blut aus den beschädigten Gefäßen aus und sammelt sich mit Gewebewasser in der Wunde. Dies sorgt für eine sofortige Spülung und Reinigung der Wunde. Der Blutfluss wird im Rahmen der Gerinnung gestoppt, welche auch gleichzeitig den Regenerationsprozess anstößt. Dabei wird ein spezielles Protein gebildet (Fibrin), das wie eine Art „Klebstoff“ netzartig die Wunde abdichtet – quasi ein natürlicher provisorischer Wundverschluss.

2. Die Reinigungsphase (Resorption): In dieser Phase sorgen spezielle Fresszellen (Makrophagen) für die Abräumung von Gewebstrümmern. Die Zellen der körpereigenen Abwehr bekämpfen eingedrungene Erreger wie zum Beispiel Bakterien. Gleichzeitig werden Stoffe freigesetzt, mit denen Zellen für die Reparatur des Gewebedefektes angelockt werden.

3. Die Vermehrungsphase/proliferative Phase (Granulation): Spezielle Bindegewebszellen (Fibroblasten) wandern in die Wunde ein und starten die Kollagenproduktion. Hierbei dient das Fibrinnetz der ersten Wundheilungsphase als eine Art Baugerüst. Parallel dazu sprießen neue, kleine Gefäße ein. Das Ergebnis ist eine zellreiche, gut durchblutete Defektabdeckung – das Granulationsgewebe bildet sich. Die Wundränder nähern sich wieder an.

4. Die Reparationsphase/restrukturierende Phase (Epithelisierung): Das Granulationsgewebe reift zu reißfestem Bindegewebe, wobei sich die Kollagenbündel entlang der Belastungsrichtung ausrichten. Durch neue Epithelzellen verschließt sich nun auch die Wundoberfläche. Als Endzustand der Wundheilung entsteht eine bindegewebige Narbe. 
Sofern die Regeneration der Haut diesem physiologischen Ablauf folgt, dauert die Heilung einer Wunde in  der Regel circa acht bis zehn Tage, wobei die vollständige Belastbarkeit der Haut erst nach etwa drei Wochen eintritt. 
Nach Abschluss der Wundheilung kommt es im weiteren Verlauf zur Narbenrückbildung, die jedoch ebenfalls in mehreren Schritten abläuft und bis zu mehrere Jahre dauern kann. Eine Narbe entsteht jedoch immer erst dann, wenn die Verletzung bis in die Dermis reicht. Oberflächliche Verletzungen der Epidermis heilen in der Regel narbenlos ab.

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Präparate mit Aloe vera können die Wundheilung beschleunigen.
 

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Silikonpflaster eignen sich zur Pflege und können die Narben verbessern.
 

Wundheilung unterstützen 

Die Wundheilung und spätere Narbenabheilung kann man effektiv unterstützen. Geeignete topische Zubereitungen zur Beschleunigung der Wundheilung enthalten unter anderem Panthenol oder Aloe vera. Sie fördern vor allem bei oberflächlichen Verletzungen die Heilung, wirken feuchtigkeitsspendend und hautberuhigend. Regelmäßig aufgetragene Narbensalben (zum Beispiel mit Glycerin, Heparin, Allantoin oder Zwiebelextrakt) machen die spätere Narbe weich und geschmeidig, lindern Spannungsgefühl und Juckreiz. Neben der Wahl des Inhaltsstoffs ist die mechanische Einwirkung, zum Beispiel Massieren des betroffenen Gewebes, jedoch von übergeordneter Bedeutung. 
Auch Silikonpflaster eignen sich zur Pflege und sind eine bewährte Methode zur Verbesserung von Narben nach einer Verletzung oder Operation. Sie bilden um die Narbe herum ein für die Heilung optimales Feuchtigkeitsmilieu aus, zudem üben sie gleichmäßigen Druck auf das Gewebe aus, sodass Überwucherung von Narbengewebe gemindert wird. Durch die physische Barriere der Silikonauflagen wird die Narbe zudem vor mechanischen Einflüssen und UV-Strahlung geschützt. 
Wichtig ist, die Silikonpflaster erst auf eine vollständig geschlossene Wunde aufzubringen und sie fast durchgängig zu tragen, nur zum Duschen abzunehmen.


Vor- und Nachsorge

Nach chirurgisch-ästhetischen Eingriffen, aber in geringerem Umfang auch bei minimalinvasiven Behandlungen (zum Beispiel Straffungs-Operationen, Fadenliftings oder auch Laserbehandlungen) sind bezüglich der Wundheilung die Vor- und Nachsorge von Bedeutung, um den Heilungsprozess zu unterstützen und das Risiko von Komplikationen und Infektionen zu minimieren. Dies beinhaltet vor allem, die betroffenen Bereiche sorgfältig zu desinfizieren und zu reinigen und nur spezielle Mittel in der Nachsorge zur Pflege einzusetzen. Als weitere Nachsorge empfiehlt es sich zudem, Sonneneinstrahlung zu vermeiden.

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Lasertherapie fördert die Zellregeneration und Durchblutung.

Infektionsrisiko


Ist jedoch der Ablauf der Wundheilung gestört oder kommt es zu In­fektionen, besteht die Gefahr einer chronischen Wunde. Ursächliche Faktoren für eine Störung der Wundheilung können zum Beispiel Be­­gleiterkrankungen, der Ernährungsstatus, Medikamente, Nikotinkonsum aber auch lokale Faktoren, (Durch­blutungssituation, mechanische Be­lastung, bakterielle Besiedlung) sein.

Chronische Wunden

Bei der Behandlung solcher chronischer Wunden sind zunächst eine umfassende Diagnostik und ein individuelles Behandlungskonzept zwingend erforderlich, das die Wundheilungsphasen, den Infektionsstatus und die Exsudat- beziehungsweise Wundsekretmenge berücksichtigt. Für eine strukturierte Diagnostik wird die ABCDE-Regel (siehe Kasten) herangezogen. Bei der ABCDE-Regel stellt vielleicht mancher eine Verbindung zum Thema „Hautkrebs und Beurteilung von Muttermalen“ her. Bei der Wundheilung haben die Buchstaben jedoch eine andere Bedeutung.
Das Therapieziel bei chronischen Wunden ist die Wundheilung zu beschleunigen sowie eine Verbesserung der Lebensqualität der Patienten. Feuchte Wundauflagen sind der Goldstandard für die Behandlung chronischer Wunden Es gibt eine Vielzahl moderner Auflagen wie Alginate, Hydrokolloide, Hydrogele und Superabsorber, die je nach Wundstadium und Menge des Wundsekrets ausgewählt werden. Bei chronischen Wunden an den Beinen und bei Ödemen ist die Kompressionstherapie die Basis der Behandlung, auch um Rückfälle (Rezidive) zu vermeiden.

Einsatz neuer Technologien

Es gibt Bestrebungen, die Wundtherapie durch den Einsatz smarter Wundauflagen und neuer Techno-logien weiter zu verbessern. Bei Pa-tienten, deren Wunden unter Standardtherapien nicht abheilen, könnten die folgenden Verfahren das Wundmanagement ergänzen und die Heilung unterstützen, auch wenn sie sich noch in der Erprobung befinden. Die Therapie mit Kaltplasma (ein ionisiertes Gas mit antiviralen, antibakteriellen und entzündungshemmenden Eigenschaften) kann die Wundheilung fördern, Infektionen reduzieren und den Antibiotikaverbrauch verringern. Die Ultraschalltherapie nutzt Schallwellen zur Stimulation der Gewebereparatur. Sie unterstützt die Sanierung des Wundbettes durch Entfernung von krankhaften und abgestorbenen Belägen und reduziert den Biofilm, was die Wundheilung begünstigen kann. Auch Lasertherapie eignet sich zur Förderung der Zellregeneration und der Durchblutung. Zudem hat sie entzündungshemmende und anti-mikrobielle Effekte. Diese drei Me-thoden zeigen vielversprechende Ergebnisse, aber es fehlen umfassende klinische Studien, um die Wirksamkeit endgültig zu bestätigen.


Exkurs: Wundheilung und Ernährung

Eine angemessene, nährstoffreiche Ernährung spielt eine entscheidende Rolle für eine effektive Wundheilung. Gerade ältere Menschen tragen ein besonders hohes Risiko für Wundheilungsstörungen infolge einer Mangelernährung in sich. Der Energiebedarf des Körpers steigt während des Wundheilungsprozesses, ebenso wie der Bedarf an Zucker (Glukose), Kohlenhydraten, Fetten, Eiweißen (Proteinen), Vitaminen und Spurenelementen. 
Kommt es während der Heilung zu einem Mangel an energieliefernden oder strukturrelevanten Substraten, greift der Körper auf vorhandene Reserven in der „Magermasse“ zurück, was zu Mangelernährung und Verlangsamung der Wundheilung führen kann. Daher ist eine ausreichende Zufuhr von Nährstoffen entscheidend. 
Unter den Mikronährstoffen ist Vitamin C wichtig für die Kollagenbiosynthese und hat entzündungshemmende Eigenschaften. Vitamin A spielt eine entscheidende Rolle in der Zellentwicklung und reguliert das Wachstum und die Differenzierung von Hautzellen. Vitamin D hat entzündungshemmende und immunschützende Eigenschaften, während Vitamin E zur Abwehr von reaktiven Sauerstoffspezies beiträgt und den Schutz von Wunden vor Infektionen unterstützt.

 

ABCDE-Regel bei Wundheilung

  • Anamnese: allgemeine Krankheitserhebung
  • Bakterien: Bestimmung der bakteriellen Besiedlung, insbesondere multiresistenter Erregung
  • klinische Untersuchung: unter anderem Wundbeurteilung, Fotodokumentation
  • Durchblutung: Messung der Durchblutungssituation an den Beinen
  • Extras: Folgeuntersuchungen nach Basisdiagnostik, zum Beispiel Biopsien zur feingeweblichen Untersuchung
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Vitamin C ist wichtig für die Regeneration von Gewebe, zur Unterstützung von Wundheilung und Narbenbildung sowie für ein intaktes Bindegewebe.

Foto: Dr. med. Christine Schrammek-Drusio

Dr. med. Christine  Schrammek-Drusio 
Die Geschäftsführerin der  Dr. med. Christine Schrammek Kosmetik GmbH  & Co. KG ist Dermatologin und Allergologin. 
Als Anti-Aging-Expertin entwickelt sie Behandlungsmethoden, unter anderem die Kräuter­schälkur „Green Peel“, und dermatologische ­Pflegeprodukte. www.schrammek.de

Foto: Christina Drusio

Christina Drusio
Die Autorin ist Teil der 
Inhaberfamilie und Mitglied
der Geschäfts­führung der Dr. med. Christine Schrammek ­Kosmetik GmbH & Co. KG. Sie ist Dermatologin und als Expertin zum ­Thema Haut eine geschätzte Referentin bei internationalen Vorträgen und Seminaren. www.schrammek.de

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