Von Know-how
zu wow!: Mikrobiom – Mikroorganismen als Mitbewohner

25.11.2025
Foto: CoreDESIGN/Shutterstock.com


Eine solide Aus- und Weiterbildung ist immer die Grundlage, um erfolgreich zu werden. Im Kosmetikinstitut ist das nicht anders. Grund genug, um diesem Thema eine  Serie zu widmen. Alles, was Sie von Hautaufbau bis Umgang mit Kunden wissen müssen, erfahren Sie hier.

Das Mikrobiom bezeichnet die Gesamtheit der Mikroorganismen und ihres kollektiven genetischen Materials, die in oder auf dem Körper leben. Es umfasst sowohl das Darmmikrobiom als auch das Hautmikrobiom, ebenso wie die Flora der Mundhöhle und der Genitalien.
Die Bakterien begleiten uns ein Leben lang. Die Besiedelung unserer Haut beginnt mit der Geburt und verändert sich im Laufe des Lebens. Viele der angesiedelten Bakterien werden als „Kommensale“ bezeichnet. Der Begriff bedeutet „Tischkumpane“ und beschreibt diese Verbindung sehr treffend. 
An unseren Tischen zu Hause sitzen Menschen, die wir mögen, Menschen, die wir eingeladen haben – sie bringen Blumen mit oder sogar einen Nachtisch, und wir erfreuen uns an ihrer Gesellschaft. Ähnlich verhält es sich mit unseren Mikroorganismen: Wir sind nicht einfach nur ihr Wirt, sondern leben auch in enger Symbiose mit ihnen.


Welche Mikroorganismen leben auf uns?


Auf unserer Haut finden sich vor allem grampositive Bakterien wie Cutibakterien, Staphylokokken und Corynebakterien. Neben Bakterien leben dort auch Pilze wie Malassezia, Candida, Aspergillus und Penicillium. Dieses Ensemble wird auch als Mykobiom bezeichnet. Die Mikroorganismen treten in einer Dichte von rund 10.000 Bakterien pro Quadratzentimeter Haut auf.
Welche Funktionen und Vorteile hat das Hautmikrobiom?
 

  • Schutz: Unser Haut-pH-Wert, den wir schützen und erhalten möchten, ist wesentlich das Ergebnis der Arbeit des Mikrobioms. Die Mikroorganismen sind einerseits auf den pH-Wert angewiesen, andererseits prägen sie ihn aktiv mit. Ein stabiler pH-Wert unterstützt das Mikrobiom und schützt gleichzeitig vor Dysbalancen sowie der Besiedelung durch schädliche Mikroorganismen. Kommensale erzeugen antimikrobielle Stoffwechselprodukte und konkurrieren mit pathogenen Keimen um Lebensraum und Nährstoffe. So bleibt die Balance gewahrt, und ein aktiver Hautschutz wird gewährleistet. Zusätzlich produzieren manche Bakterien Antioxidantien und reduzieren so die Belastung der Haut durch freie Radikale.
  • Barriere: S. epidermidis, ein zentrales Hautbakterium, zersetzt Sphingomyelin aus Zellwänden und macht es für das übrige Mikrobiom verfügbar. Dadurch wird der Abschuppungsprozess unterstützt, gleichzeitig entsteht die Grundlage für den Aufbau wichtiger Barrierebestandteile wie Ceramiden. Auch das Strukturprotein Filaggrin wird durch mikrobielle Aktivität in Urokaninsäure umgewandelt, die wiederum eine Rolle im UV-Schutz der Haut spielt. Die Aktivität der Mikroorganismen sorgt für Balance im Stratum corneum und wirkt als aktives Schutzsystem der Haut.
  • Regeneration: Neben dem Schutz unterstützt ein gesundes Mikrobiom die Regeneration nach Verletzungen. Mikroorganismen erkennen Veränderungen an der Hautoberfläche und leiten Reparaturprozesse ein. Sie fördern beispielsweise die Anziehung von Wachstumsfaktoren. Außerdem interagieren sie mit Haut- und Immunzellen: Dadurch kann die Abwehr aktiviert, Entzündung reguliert und mithilfe von Neurotransmittern auch Juckreiz beeinflusst werden. 


Ist das Mikrobiom ein selbsterhaltendes System?


Ja, aber: Gewohnheiten, die unter dem Begriff „moderner Lifestyle“ zusammengefasst werden, können das Mikrobiom stören und eine Dysbiose auslösen. 
Dazu zählen der Gebrauch von Antibiotika, Stress, hormonelle Einflüsse und ungeeignete Hautpflegeprodukte. Folgen sind Rötungen, Irritationen, trockene Haut, verlangsamte Heilungsprozesse und eine vorzeitige Verschlechterung der Hautqualität. Auch Erythemerkrankungen stehen oft im Zusammenhang mit Dysbiose.
Die Rolle der Kosmetikerinnen
Neben dem Schutz des Hautmikrobioms, etwa durch pH-neutrale Produkte, den Verzicht auf aggressive Reinigungsroutinen und die Vermeidung von Überpflegung, gibt es die Möglichkeit, das Mikrobiom aktiv zu unterstützen.
 

  • Präbiotika sind keine lebenden Mikroorganismen, sondern liefern Nährstoffe für die Entwicklung und den Erhalt des Mikrobioms. Typische Inhaltsstoffe sind Inulin und Fructooligosaccharide.
  • Probiotika sind lebende Bakterien. Bekannt aus Nahrungsmitteln, finden sie mithilfe moderner Technologie zunehmend Einsatz in der Kosmetik. Sie werden gezielt dem Mikrobiom zugeführt, um die Balance positiv zu beeinflussen. Ziel ist es, die antioxidative Kapazität der Haut zu erhöhen, die Barriere zu stärken und so Hydratation sowie Widerstandskraft zu verbessern.
  • Postbiotika konzentrieren sich auf bakterielle Stoffwechselprodukte. Dazu zählen Fermente, aber auch Fettsäuren. Diese Wirkstoffgruppe kann zur Entzündungsregulation, zur Befeuchtung der Haut und zur Stabilisierung der Barriere eingesetzt werden.

Was sollte im Institut beachtet werden?


Bei Hautanalyse und Beratung gilt es für Kosmetikerinnen, besonders auf Zeichen einer Dysbiose zu achten und Faktoren der Entstehung wie Stress, oder Medikamenteneinnahme aktiv nachzufragen. 
Bestehende Irritationen, Hauttrockenheit, oder gestörte Regenerationsprozesse können so in Zusammenhang gebracht werden. In der Kommunikation rund um das Mikrobiom liegt sowohl eine Aufgabe als auch eine Möglichkeit. Die Aufgabe besteht in der Aufklärung: Durch gezielte Gespräche sollen Bakterien ein positiveres Image bekommen und so das Mikrobiom Einzug in das Denken und Handeln unserer Kundschaft erhalten. Es ist etwas, das die Hautgesundheit nachhaltig positiv beeinflusst. Die Möglichkeit, die sich bietet, ist die klare Kommunikation unserer Kompetenz! Kosmetikkonzepte  dürfen durchaus Themen wie Ernährung und Stressmanagement mit umfassen. 
Das Mikrobiom macht offensichtlich, wie Zusammenhänge unseres Körpers die Hautgesundheit beeinflussen und so auch die Hautpflege zu einem mehrdimensionalen Konzept erwachsen lassen.

So geht es weiter:

Diese Teile erscheinen in den kommenden Ausgaben von BEAUTY FORUM:
 

  • Needling – Verletzung als Chance
  • Die Darm-Haut-Achse
  • Haut und Psyche: Psychoneuroimmunologie
  • UV-Strahlung und Haut
Foto: Kristina Carmen Bernhöft

Die Expertin


Kristina Carmen Bernhöft 
ist Kosmetikwissenschaftlerin und Kosmetikerin und hat sich auf die ­Professionalisierung des Kosmetik-Handwerks spezialisiert. Aus- und ­Weiterbildung als Grundstein  für ­sicheres Handeln liegen ihr ­
besonders am Herzen.
 

Foto: BEAUTY FORUM

Dieser Artikel stammt aus dem Fachmagazin BEAUTY FORUM

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