Zukunft gestalten: Bildungsperspektiven in der Körperpflege

28.07.2025
Roman Samborskyi

Kosmetikerinnen müssen den hohen Erwartungen ihrer Kunden gerecht werden, über unternehmerische Qualitäten verfügung und gleichzeitig immer mehr rechtliche Maßgaben erfüllen. Einen hochwertige und tiefgehende Ausbildung wird deshalb immer wichtiger. Wir sprachen darüber mit Karin Huber-Ittlinger, 1. Vorstand des Landesverbands des Bayerischen Kosmetikhandwerks (LVBKH). Der Landesverband - der erste seiner Art - setzt sich dafür ein, dass Bereiche wie Ausbildung, politische Anerkennung und gewerkliche Zuordnung des Kosmetikhandwerks gestärkt werden.

Für ein gestärktes Berufsbild der Kosmetikerin

Business: Liebe Karin, mit welchen Herausforderungen sind viele Kolleginnen und Kollegen in der täglichen Praxis konfrontiert?

Karin Huber-Ittlinger: In der täglichen Praxis stehen viele Kosmetikerinnen vor der Herausforderung, einerseits den hohen Erwartungen ihrer Kunden gerecht zu werden und andererseits mit rechtlichen, fachlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Schritt zu halten. Der Anspruch an fundierte Hautkenntnis, fachgerechte Behandlungen und professionelle Beratung ist enorm gestiegen – gleichzeitig kämpfen viele Betriebe mit Bürokratie, Fachkräftemangel und fehlender Anerkennung im Kosmetikhandwerk, das längst gesundheitsrelevante Aspekte umfasst. Auch die Unterschiede in der Ausbildungsqualität und die unübersichtliche Marktlage durch nicht fachlich ausgebildete Anbieterinnen stellen ein großes Problem dar.

Denkst du, dass der Beruf der Kosmetikerin mehr Beachtung in der Öffentlichkeit verdient hat?

Unbedingt! Die gesellschaftliche Wahrnehmung hinkt leider noch hinter dem fachlichen Anspruch her. Viele sehen die Kosmetikerin noch immer als „Verwöhnerin“, obwohl unser Beruf längst anspruchsvolle Fachkenntnisse in Dermatologie, Produktchemie, Hygiene und Kundenpsychologie erfordert. Es ist an der Zeit, diesen Beruf aus der Wellness-Schublade zu holen und ihn dort zu verorten, wo er in vielen Fällen längst angekommen ist: im hauttherapeutischen Bereich mit präventivem Charakter.

Was kannst du zur Rolle von Kosmetikerinnen für die präventive Hautgesundheit sagen?

Die Kosmetikerin ist für mich längst nicht mehr nur im Bereich der Schönheit aktiv – sie ist Haut„gesundheits“beraterin, Früherkennerin und Unterstützerin in der Prävention. In einer Zeit, in der Hautprobleme wie Akne, Rosacea oder Pigmentstörungen stark zunehmen, ist die Kosmetikerin oft die erste Anlaufstelle. Ihre Aufgabe ist es, individuell zu analysieren, professionell zu beraten und langfristig zu begleiten. Dabei ist klar: Kosmetikerinnen sind keine Dermatologinnen und wollen es auch nicht sein – doch sie leisten im präventiven Bereich wertvolle Arbeit, die eine Lücke im Gesundheitssystem füllen kann. Gerade durch ihre Nähe zur Kundschaft können sie zur frühzeitigen Erkennung beitragen und dadurch das Gesundheitssystem entlasten. Diese Rolle als „Hautpräventologin“ gehört stärker in den gesundheitlichen Diskurs eingebunden – wir leisten hier einen wichtigen Beitrag zur Lebensqualität und Hautgesundheit.

Was denkst du, wäre besonders wichtig für die Ausbildung zur Kosmetikerin?

Eine klare Struktur, praxisnahe Inhalte und eine bessere Verzahnung zwischen Theorie und Anwendung. Es braucht Ausbildungsbetriebe mit echtem Fachwissen, Schulen mit modernen Standards und eine bessere Kontrolle der Qualität. Gleichzeitig wünsche ich mir, dass ethische Aspekte, Kundenkommunikation und betriebswirtschaftliche Grundlagen stärker vermittelt werden – denn viele Kosmetikerinnen machen sich selbstständig. Dafür brauchen sie mehr als gutes Fachwissen – sie brauchen unternehmerisches Denken.

Müsste die Körperpflegeausbildung reformiert und an diese neuen Anforderungen angepasst werden?

Ja, absolut. Die Anforderungen in unserer Branche haben sich verändert – Hautgesundheit, Digitalisierung, Nachhaltigkeit und interdisziplinäres Arbeiten spielen heute eine große Rolle. Die Ausbildung muss das widerspiegeln. Es braucht mehr Durchlässigkeit, mehr Spezialisierungsmöglichkeiten und eine klare Abgrenzung zu angrenzenden Berufen. Auch die Vereinheitlichung von Standards bundesweit wäre ein wichtiger Schritt.

Findest du, dass die Ausbildung zur Kosmetikerin mehr akademisiert werden müsste?

Eine komplette Akademisierung halte ich nicht für den richtigen Weg – aber eine stärkere Verzahnung mit akademischen Angeboten wäre wünschenswert. Es sollte möglich sein, sich gezielt weiterzubilden, etwa in Hautanalyse, Kosmetologie oder Ernährungsberatung – idealerweise berufsbegleitend. Die Akademisierung darf nicht dazu führen, dass praktische Exzellenz verloren geht. Der Beruf lebt von Können und Nähe – aber er braucht die Möglichkeit zur Weiterentwicklung auf hohem Niveau.

Was kannst du über den Studiengang Kosmetologie sagen? Wie beurteilst du ihn?

Der Studiengang Kosmetologie ist eine große Chance, unser Berufsbild wissenschaftlich zu verankern und weiterzuentwickeln. Er zeigt ganz klar, dass unser Beruf weit über das rein Ästhetische hinausgeht – nämlich in Forschung, Produktentwicklung und wissenschaftliche Analyse hinein. Leider ist dieser Weg noch zu wenig bekannt und für viele Praktikerinnen nur schwer zugänglich. 

Um uns ein eigenes Bild von den akademischen Möglichkeiten zu machen und gezielt den Austausch mit Hochschulen zu fördern, haben wir vom LVBKH auf Einladung der Universität Osnabrück an den Hochschultagen in Paderborn teilgenommen. Dort konnten wir wertvolle Einblicke in bestehende Studienangebote – wie etwa das Lehramtsstudium im Bereich „Berufliche Bildung mit Fachrichtung Kosmetologie" – gewinnen. Unser Ziel war es, den Diskurs zwischen Praxis und Wissenschaft zu stärken und mögliche Anknüpfungspunkte für Weiterentwicklung und Kooperation auszuloten.

Was rätst du jungen Kosmetikerinnen in Bezug auf Ausbildung und Weiterbildung?

Sich gut auszubilden, sich einen qualitativ hochwertigen Betrieb zu suchen, der nicht nur Arbeitskraft braucht, sondern bereit ist, Wissen weiterzugeben. Weiterbildung ist in unserer Branche keine Kür, sondern Pflicht. Auch hier würde ich mir mehr Betriebe wünschen, die ausbilden – Haut verändert sich, Produkte entwickeln sich weiter, neue Technologien kommen hinzu. Ich rate jeder jungen Kosmetikerin: Bleib neugierig, vernetze dich, bilde dich ständig weiter – und sei stolz auf deinen Beruf.

Liebe Karin, vielen Dank für das Gespräch und deine Einschätzung!

Karin Huber-Ittlinger

Karin Huber-Ittlinger

Unsere Interview-Partnerin ist ausgebildete Kosmetikerin mit eigenem Institut, Kosmetikmanagerin und 1. Vorstand des Landesverbands des Bayerischen Kosmetikhandwerks (LVBKH). 

www.lvbkh.de

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