Das Dekolleté wird bei der Hautpflegeroutine oft vergessen. Dabei verdient es mindestens genauso viel Aufmerksamkeit wie Gesicht und Hals. Einen Einblick in die Studienlage geeigneter Wirkstoffe für die kosmetische Pflege und für minimalinvasive Verfahren zur Verbesserung der Hautalterungserscheinungen am Dekolleté gibt Alena Rössle, M. Sc. Kosmetikwissenschaftlerin und Heilpraktikerin.
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Die Brustkorbanatomie hat Auswirkungen auf die Stellung der Brüste und ist der genetischen Ausprägung der Brustmasse angepasst. Dementsprechend formt sich die Fläche des Dekolletés. Die entstehenden Falten des Dekolletés zeichnen sich durch vertikal verlaufende Linien zentral im Brustbereich aus. Physische Veränderungen wie Körpergewichtsschwankungen, Schwangerschaft/ Stillzeit sowie die Dynamik der weiblichen Brust, aber auch die persönliche Schlafposition sind bei der Faltenausprägung mit zu berücksichtigen.1 Beeinflusst durch die anatomischen Gegebenheiten des Dekolletés wird die Hautstruktur anhand weiterer intrinsischer und extrinsischer Faktoren beeinträchtigt. Mit zunehmendem Alter setzt die biologischbedingte Hautalterung ein, die genetisch determiniert und durch innere Faktoren bestimmt ist. Hormonelle Veränderungen der Wechseljahre und der damit einhergehende Östrogenmangel führen zu epidermalen Veränderungen.2, 3
Erste Veränderungen durch Umwelteinflüsse, insbesondere durch schädliche UV-Strahlen, machen sich ungefähr mit dem 30. Lebensjahr bemerkbar. UV-Strahlung, die als größter Faktor extrinsischer Hautalterung gilt, induziert unter anderem eine Elastose, Gefäßzeichnungen sowie Pigmentverschiebungen.4, 5 Dünne Hautregionen reagieren besonders empfindlich auf äußere Einflüsse und es kann leichter zu Irritationen kommen. Das Dekolleté weist im Vergleich zu der Gesichtshaut eine dünnere Epidermis (3 – 44 µm) und Dermis (1319 – 1400 µm) auf.6
Vor der Behandlung
Um die Wirksamkeit der jeweiligen Behandlung zu verdeutlichen, eignen sich neben standardisierten Vorher-nachher-Fotos auch validierte Rating-Skalen.7 Visuell wahrnehmbare Veränderungen können so bewertet und in den Verlaufskontrollen eingesetzt werden.
Minimalinvasive Treatments
Hyaluronsäure (HA)
Hyaluronsäure – ein Vielfachzucker – setzt sich aus N-Acetyl-D-Glucosamin und D-Glucuronsäure zusammen, die durch ß-(1->3)-Bindungen miteinander verbunden sind. Dadurch erhält HA ihren polyanionischen Charakter, wodurch sie eine hohe Affinität zu Wasser aufweist. Die disaccharidischen Grundeinheiten sind wiederum durch ß-(1->4)-Bindung miteinander verknüpft, sodass sie eine lineare, saure, makromolekulare Kette bilden. In ausgestreckter Form kann ein vollständiges HA-Molekül mit mehr als 10.000 Disaccharideinheiten eine Länge von ~ 10 μm aufweisen.8, 9
Mit HA als Injektionsmaterial können einerseits, hinsichtlich sofort sichtbarer Effekte, einzelne Falten gezielt mit größeren Volumina pro Injektionspunkt (IP) in subkutane oder supraperiostale Strukturen aufgefüllt werden. Ein vernetzter HA-Filler mit hoher Lifting-Kapazität wird zur tiefen Faltenaugmentation bevorzugt. HA-Füllsubstanzen mit geringerer Lifting-Kapazität werden eher für oberflächlichere Augmentationen eingesetzt.11 – 14
Andererseits können serielle, intradermale Mikropunktionen mit HA die Stimulation der extrazellulären Matrix, speziell die Fibroblasten, hervorrufen, wodurch es zu einer Anregung der Kollagensynthese kommen kann. Neues Kollagen wird gebildet und erzielt langfristigere Effekte bezüglich der Verbesserung von Hautalterungserscheinungen.10, 14, 15
Vermehrt werden auch sogenannte HA Skin Quality Booster eingesetzt, die die Hautqualität verbessern sollen. Deren viskose Gelstruktur und der Lifting-Effekt sind geringer als von herkömmlichen HA-Füllsubstanzen.16 Mehrere großflächige Mikroinjektionen in die dermale oder unmittelbar subdermale Schicht mit relativ kleinen Volumina pro IP werden gesetzt.17
Kalziumhydroxylapatit (KaHP)
Das synthetisch hergestellte KaHP besteht aus stabilen, kugelförmigen Kalziumhydroxyl-Partikeln, die in einer gelartigen Trägersubstanz suspendieren. Der sofort volumengebende Effekt nach der Injektion resultiert aus der viskoelastischen Eigenschaft der Gelmatrix sowie einer Substanzzunahme in der Haut. Der wässrige Gelträger löst sich innerhalb von wenigen Wochen bis Monaten auf.18, 19 Die KaHP-Mikrosphären hingegen verbleiben weiter bzw. länger an der injizierten Lokalisation im Gewebsareal, bis sie über Stoffwechselwege in Kalzium- und Phosphationen gespalten und aus dem Körper ausgeschieden werden.20, 21 Die signifikante Zunahme des Kollagen-Typ-I und die Abnahme von Kollagen-Typ-III nach sieben Monaten korreliert mit der Verbesserung der Hautelastizität und der dermalen Zunahme der Hautdicke im Dekolleté.22
Die Kollagenproliferation und der langsame Abbau der Mikrokügelchen können dadurch eine Langzeitwirkung von etwa 12 bis 18 Monaten erreichen und das Hautbild langfristig verbessern.23 Die Langlebigkeit wird von Faktoren wie dem Behandlungsareal, der Platzierung des Materials sowie dem Alter und Metabolismus beeinflusst.24
Die Behandlungsmöglichkeiten können einzeln oder in Kombination angewendet werden. Beispielweise kann eine KaHP- oder HA-Injektion mit lichtbasierten Verfahren ergänzt werden, was einen potenziell synergistischen Effekt zur Verbesserung der Dekolleté-Falten darstellt.25 – 28
Topische Treatments
Eine minimalinvasive Behandlung schließt eine individuell abgestimmte Hautpflegeroutine nicht aus – im Gegenteil – sie ist unerlässlich für das Well-Aging.
Hyaluronsäure
Bedeutsam ist hier das Molekulargewicht der HA. Eine niedermolekulare HA kann im Vergleich zu einer hochmolekularen weiter in die Haut eindringen. Aufgrund der begrenzten Permeabilität der hochmolekularen HA bildet sie eine dünne Schicht auf der Hautoberfläche, hydriert diese und verringert den transepidermalen Wasserverlust (TEWL). 29, 30
Eine placebokontrollierte Studie konnte signifikante Ergebnisse – im periokulären Bereich – hinsichtlich der Hautelastizität und -feuchtigkeit bei zweimal täglicher 0,1-prozentiger HA-Produktanwendung mit verschiedenem Molekulargewicht (50, 130, 300, 800 und 2000 kDa) über 60 Tage feststellen. Dabei hob sich die verringerte Faltentiefe bei den niedermolekularen HA-Präparaten (50 und 130 kDa) deutlich von den anderen ab.29
Retinoide
Zu den Vitamin-A-Derivaten zählen: Retinol-Ester, Retinol, Retinal (Retinaldehyd) und Retinsäure, die in angegebener Reihenfolge eine aufsteigende Wirksamkeit und absteigende Toleranz (zum Beispiel Hautreizungen) aufweisen. Retinal und Retinol müssen beide in Retinsäure verstoffwechselt werden. Dafür benötigt Retinal einen Schritt weniger, wodurch die Umwandlung circa elfmal schneller ist. Zudem ist Retinal dreimal wirksamer als Retinol.31, 32
Ex vivo konnte mittels histologischer Untersuchungen eine signifikante reparierende Eigenschaft von Retinal bei Kollagen- und Elastinfasern nachgewiesen werden, die durch UVA-Exposition modifiziert wurden.33 Neben der Reparatur von dermalen Fasern konnten 0,05- und 0,1-Prozent-Retinal-Cremes auch oberflächlich signifikante Verbesserungen durch eine glattere Hautstruktur mit ansteigenden Feuchtigkeits- und abnehmenden TEWL-Werten erzielen. Ferner konnten bei 0,1-Prozenthaltiger Retinal-Creme Hyperpigmentierungen gemindert werden.34
Vitamin C
Vitamin C (L-Ascorbinsäure) ist hydrophil und fungiert in wässrigen Zellkomponenten als Antioxidans, welches reaktive Sauerstoffspezies inaktiviert und dadurch vor oxidativem Stress schützt. Topisch appliziertes Vitamin C (10 Prozent) führte unter Laborbedingungen sowie in vivo zu einer geringeren Entstehung von Erythemen und Sonnenbrand-Reaktionen.35 – 37
Als Co-Faktor von Prolyl- und LysylHydroxylase ist Ascorbinsäure essenziell für die Kollagenbiosynthese, indem es eine ausschlaggebende Rolle in der Produktion und Stabilisierung von Kollagenmolekülen einnimmt. Eine Steigerung in der Produktion von Kollagen-Typ-I und -III konnte in Fibroblasten-Kulturen sowie in vivo nachgewiesen werden. Ferner konnte eine Hemmung der Matrixmetalloproteinasen (Enzym, das zum Kollagenabbau führt) gezeigt werden.
Die Stimulation der Kollagensynthese und eine Verbesserung des elastischen Netzwerks der papillaren Dermis haben positive Auswirkungen auf die Elastizität und optimieren somit das Hautbild.38 – 42
Außerdem fördert Vitamin C die Keratinozytendifferenzierung sowie den Anstieg von Barrierelipiden, wodurch eine verbesserte Hautbarriere und -feuchtigkeit resultieren. Die Interaktion von Vitamin C mit Kupferionen des aktiven Zentrums der Tyrosinase, einem Enzym der Melaninproduktion, führt zur Hemmung des Enzyms und zu einer aufhellenden Wirkung.43 – 46
Lichtschutz
Täglicher Sonnenschutz beugt nicht nur vorzeitigen Hautalterungserscheinungen durch die UVA-Strahlung vor, sondern auch der Entstehung maligner (bösartiger) Hautveränderungen.46 Da es sich beim Dekolleté um ein flächenmäßig großes Areal handelt, muss die verwendete Menge eines Sonnenschutzproduktes (≈ 2 mg/ cm2 ) entsprechend adaptiert werden. Parfüm sollte, um unerwünschte Reaktionen mit der UV-Strahlung zu vermeiden, nicht am Dekolleté aufgetragen werden.
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Alena Rössle, M. Sc.
Die KosmetikwissenschaftIerin, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin an der Universität Hamburg ist erfahren in der Koordination von kosmetischen und klinischen Studien sowie in der In-vivo-Evaluation von Hautzuständen. Als Heilpraktikerin ist sie spezialisiert auf Hautgesundheit und Ästhetik.