Was macht ein Produkt nachhaltig?

28.05.2025
Foto: Dmytro Zinkevych/Shutterstock.com

Immer mehr Verbraucher möchten nachhaltige Kosmetikprodukte kaufen, dadurch zur ­Verringerung der Umweltverschmutzung beitragen und Ressourcen schonen. Doch was ­genau macht ein Produkt eigentlich umweltfreundlich? Und was ist von Öko-Labeln zu halten? Steht hier wirklich die Umwelt im Vordergrund? Unsere Autorin beschäftigt sich in diesem  Artikel mit diesen wichtigen Fragestellungen.

Das EU Ecolabel ist das in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, aber auch von Norwegen, Liechtenstein und Island anerkannte EU-Umweltzeichen. Das 1992 durch eine EU-Verordnung (Verordnung EWG 880/92) eingeführte freiwillige Zeichen hat sich nach und nach zu einer Referenz für Verbraucher entwickelt, die mit dem Kauf von umweltfreundlicheren Produkten und Dienstleistungen zu einer Verringerung der Umweltverschmutzung beitragen wollen.

Der Hintergrund für das Ecolabel

Geworben wird für das Label unter anderem mit diesem Argument: „Für Kosmetikmarken und Hersteller von Inhaltsstoffen von Kosmetik ist ein Label zur Bestätigung der Umweltfreundlichkeit nicht länger nur ein  Marketinginstrument, sondern eine unbedingte Notwendigkeit für das Geschäft, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Der Anstieg der ökologiebewussten Kosmetik bedeutet, dass Hersteller von Kosmetika regulatorische Veränderungen im Voraus bei der Produktentwicklung einplanen sollten.“¹
Man geht also davon aus, dass Hersteller von Kosmetikprodukten nicht aus ethischen Gründen Produkte umweltfreundlich machen, sondern in erster Linie mit dem  Label für einen besseren Abverkauf sorgen wollen,  weil der Verbraucher das Label als Qualitätsmerkmal für ein kosmetisches Produkt bewertet. Das ist zwar kein sehr schmeichelhafter Blick auf die Branche. Wenn aber auf diese Weise mehr Kosmetikhersteller als bisher dazu gebracht werden, umweltfreundlich zu arbeiten, ergibt die Zertifizierung durchaus Sinn. Für den Verbraucher ist es in jedem Fall ein gutes Signal, weil es aussagt: Mit dem EU Ecolabel können sie eine umweltfreundliche Alternative im Vergleich zu konventionellen Kosmetikprodukten wählen.

Kriterien für ein  nachhaltiges Produkt

Sehen wir uns den Bewertungsmaßstab der EU einmal an: „Die Kriterien basieren auf wissenschaftlichen Standards und sollen den gesamten Produktlebenszyklus berücksichti-
gen – einschließlich der umweltverträglichen Herstellung und Entsorgung. Der Fokus liegt dabei unter anderem auf den wichtigsten Umweltauswirkungen, insbesondere auf Ressourcenverbrauch, Emissionen und Auswirkungen auf den Klimawandel.“² 
Weitere Kriterien können unter anderem sein: die Substitution gefährlicher Stoffe durch die Verwendung alternativer Materialien, Langlebigkeit und Wiederverwendbarkeit der Produkte, die Reduzierung von Tierversuchen, Gesundheits- und Sicherheitsaspekte sowie ethische und soziale Faktoren.

Konkret garantiert das EU-Umweltzeichen Folgendes:

  • Geringe Toxizität für Wasserorganismen
  • Biologisch abbaubare Inhaltsstoffe
  • Minimale und leicht zu recycelnde Verpackungen
  • Erneuerbare Inhaltsstoffe nachhaltigen Ursprungs
  • Gute Leistung 

Geringe Toxizität für
Wasserorganismen

Toxisch für Wasserorganismen ist zum Beispiel Glyphosat. Das habe ich bisher allerdings noch nicht in kosmetischen Produkten gefunden. Dafür aber jede Menge Inhaltsstoffe, die in die Kategorie „chronisch wassergefährdend“ fallen, wie zum Beispiel Polydimethylsiloxan, Pfefferminzöl, Methylisothiazolinon, Retinylacetat, Methylisothiazolinon, Trichloressigsäure, Tretinoin und Benzophenon.

Biologisch abbaubare Inhaltsstoffe

Alle Naturstoffe sind mehr oder weniger schnell biologisch abbaubar. Pflanzen und tierische Produkte schneller, Mineralöle und Silicone langsamer.

Minimale und leicht zu recycelnde Verpackungen

Die Behältnisse, Flaschen, Tiegel, Beutel – ob  aus Glas, Kunststoff oder Aluminium – sollten nicht auf Deponien der Nachwelt überlassen werden, sondern möglichst zu 100 Prozent wiederverwertet. Hersteller müssen sich  auch schon bisher an einem Erfassungs-, Verwertungs- und Recyclingsystem beteiligen. Auch bei der Herstellung der Behältnisse sollten alle möglichen Maßnahmen zur Vermeidung von CO2-Emission ergriffen werden. Alternativ hat man immer noch den  „Ausweg“ über die Finanzierung von Klimaschutzprojekten zum Beispiel in Brasilien. 

Erneuerbare Inhaltsstoffe nachhaltigen Ursprungs

Diese Forderung wird durch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz weitgehend geregelt. Da  es allerdings nur für Firmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern gilt, kann es durch Auslagerung einzelner Herstellungsprozesse leicht umgangen werden.

Gute Leistung

Unter „Guter Herstellungspraxis“ (englisch = Good Manufacturing Practice, abgekürzt GMP) versteht man Richtlinien zur Qualitätssicherung der Produktionsabläufe und -umgebung in der Produktion von Arzneimitteln und Wirkstoffen, aber auch bei Kosmetika. Ein GMP-gerechtes Qualitätsmanagementsystem dient der Gewährleistung der Produktqualität und der Erfüllung der für die Vermarktung verbindlichen Anforderungen der Gesundheitsbehörden.

Fazit

Was bei der Bewertung umweltfreundlicher  Kosmetika vollständig außen vor gelassen wird, ist der Mensch. Aber können wir eigentlich eine Grenze zwischen uns und der Natur ziehen? Sind wir nicht Teil dieser Umwelt? Ist es wichtig, Wasserorganismen vor für sie toxischen Substanzen zu schützen, unser Mikrobiom aber nicht? Meine  Antwort auf die Frage: „Was genau macht ein Kosmetikprodukt eigentlich umweltfreundlich?“, ist deshalb: Ein „umweltfreundliches Produkt“ sollte kein ökologisches System stören. Nicht das der Natur und nicht das des Menschen.

Literatur:
1, 2 Cosmetic Business, 18.3.2025

Foto: Rosemarie Heim-Schüler

Rosemarie Heim-Schüler

Die Autorin ist Kosmetikerin und Gründerin von Rosel Heim nature+science. www.rosel-heim.de

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