Wenn unser Selbst- und Fremdbild auseinanderdriften, kann das im Job zu Herausforderungen in der Kommunikation und im Umgang mit Kolleginnen und Kollegen führen. Zeit für eine Runde Selbstreflexion!
Kennst du diese Situation: Du hast dich selbst, deine Kommunikation oder deine Taten anders eingeschätzt, als dir von Außenstehenden reflektiert wird?
Manchmal machen wir uns gedanklich kleiner und unbedeutender, als wir sind. Wir erachten unsere Taten für selbstverständlich oder wissen nicht, welchen Stellenwert wir bei anderen haben. Es kann aber auch genau umgekehrt ablaufen. Wir denken über uns selbst, verständlich zu kommunizieren, Rücksicht auf andere zu nehmen, witzig, charmant oder ein Teamplayer zu sein – werden aber ganz anders wahrgenommen. In beiden Fällen kann das Auseinanderklaffen von Selbst- und Fremdbild zu Herausforderungen in unserem Leben führen.
Wechselwirkungen
Wie wir uns sehen und wie andere uns sehen, steht in engem Verhältnis zueinander. In der Mitte, zwischen diesen beiden Polen, befindet sich unser „Selbstwert“ – auch „Selbstbewusstsein“ genannt. Je besser Selbst- und Fremdbild ausbalanciert sind, umso mehr sind wir uns unserer selbst bewusst und strahlen dies auch aus. Nehmen wir diese Balance bei jemand anderem wahr, dann sagen wir, „jemand ist in seiner Mitte“ oder „jemand ist bei sich selbst“.
Besteht hingegen eine Disbalance, kann das Selbstwertgefühl darunter leiden. Etwa dann, wenn wir über uns schlechter denken, als andere das tun. Oder umgekehrt: Finden wir uns selbst superklasse, andere haben aber einen ganz anderen Eindruck, ist auch hier die „Mitte“ verschoben.
Beide Phasen kommen in unterschiedlichen Ausprägungen und im Laufe des Lebens in jedem von uns vor.
Fremdbild und Selbstbild im Berufsleben
Im Job ist es wichtig, das eigene Auftreten reflektieren zu können. Etwa dann, wenn wir feststellen, regelmäßig vor Herausforderungen mit anderen Menschen zu stehen. Bei Problemen wie Misskommunikation, angespannter Stimmung, nicht erreichten Zielen, instabilem Team kann man sich fragen: Hat das vielleicht etwas mit dem eigenen Auftreten zu tun?
Die Reflexion von Selbst- und Fremdbild kann gezielt eingesetzt werden, um Herausforderungen im Miteinander entgegenzutreten oder auch dann, wenn man etwas erreichen möchte. Wer im Verkauf tätig ist (letztlich sind wir das alle, denn jeder von uns verkauft täglich etwas, nämlich sich selbst) oder einen bestimmten Job ergattern möchte, sollte sich über die Themen der Selbst- und Fremdwahrnehmung ebenfalls im Klaren sein.
Definitionen
Du ahntest es bereits: Das Selbstbild ist dabei der Blick auf uns selbst. Das, was wir von uns wahrnehmen und wie wir uns selbst einschätzen. Das Fremdbild hingegen ist die Einschätzung von außen. Wie schätzen andere uns ein? Wie sehen sie uns? Wie nehmen sie uns wahr? Es sind häufig die feinen Nuancen, Verhaltensweisen oder Reaktionen, die wir an uns selbst gar nicht wahrnehmen und uns auch nicht zuschreiben würden. Freunde, Familie, aber eben auch Kolleginnen und Kollegen haben diesbezüglich eine differenziertere Wahrnehmung. Und ja, die Wahrheit über sich selbst zu erfahren, bereitet vielen von uns zunächst einmal ein unangenehmes Gefühl. Dabei könnten wir diese Art der Reflexion als Chance betrachten, uns besser kennen zu lernen und unseren Umgang mit unserem Umfeld optimieren zu können.
Das Johari-Fenster
Das Modell des „Johari- Fensters“ wird in vielen Bereichen der Lehre und Bildung genutzt, um bildlich darzustellen, wie wir uns bewusst und unbewusst wahrnehmen. Durch diese Gegenüberstellung der Wahrnehmungsebenen wird deutlich, dass es Dinge gibt, die wir selbst an uns nicht wahrnehmen, sogenannte „blinde Flecken“. Die Nutzung des Johari-Fensters kann im Team dazu dienen, mehr Vertrauen zueinander aufzubauen. Wichtig ist bei der Anwendung im beruflichen Kontext, dass die Teilnahme von Offenheit, Respekt und Toleranz geprägt ist. Hier findest du weitere Informationen dazu: https://karrierebibel.de/johari-fenster/.
Selbststudium
Wenn du dich dem Thema zunächst einmal nur für dich widmen möchtest, geht das auch ohne Seminare oder aufwendige Workshops. Eine gute Grundlage bilden Sachbücher, Hörbücher oder Online-Tutorials, die über YouTube kostenfrei zur Verfügung stehen. Als eines der bekanntesten Sachbücher in diesem Bereich zählt der Bestseller „Alles Idioten“ von Thomas Erikson. Aber auch „100 Fragen an mich selbst“ oder „Das Date mit mir Selbst“ bieten spielerischen Zugang zu dem Thema.
Fazit
Wenn du erfahren möchtest, warum wir wie wahrgenommen werden und warum die einen im Team so ticken und die anderen anders, dann ist der Einstieg in die Thematik über die Stichpunkte Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung für dich genau richtig. Und was zunächst nach unangenehmen Aha-Erlebnissen klingen mag, ist durch die positive Brille betrachtet nichts anderes als eine Chance, leichter durchs Leben zu gehen. Denn wenn wir uns selbst, aber auch die anderen um uns herum „zu lesen lernen“, werden Reibungspunkte im Miteinander weniger. Und das macht gute Gefühle.
Die zwei Ebenen der Reflexion
Wir können die Reflexion von Selbst- und Fremdbild also auf zwei Ebenen anwenden: Reaktiv, um Unstimmigkeiten oder Disharmonien auf die Schliche zu kommen, oder proaktiv, um etwas zu erreichen, auf das wir hinarbeiten.
Francesco Reich
Der Dipl.-Betriebswirt ist Unternehmensberater und Mitinhaber der Vital Kosmetikakademie GmbH in Berlin. Sein Fokus liegt auf den Bereichen Controlling, Finanzen und Marketing in der Kosmetik- und Wellnessbranche. www.vital-kosmetikakademie.de