
Beim Wirbel rund um die künstliche Intelligenz gibt es gleich mehrere Missverständnisse, die Selbstständige und Unternehmer vermeiden sollten. Der größte Irrtum ist, die KI für einen Hype zu halten, einen Marketing- Trend wie Dubai-Schokolade oder Thermo-Cups. Das fällt manchmal schwer, denn seit dem Fokus auf generative KI rund um ChatGPT & Co. gibt es so gut wie keine „smarte“ Lösung, die nicht das Marketing-Label „powered by AI“ erhält. Oft auch zu Unrecht.
Dennoch ist es wichtig zu verstehen, dass künstliche Intelligenz gekommen ist, um zu bleiben.
Künstliche Intelligenz als strategischen Wettbewerbsvorteil nutzen
Wenn Experten noch vor Kurzem prognostiziert haben, dass Unternehmer spätestens in fünf Jahren entweder ihre Geschäftsprozesse vollständig auf die neuen KI-Realitäten angepasst haben oder untergehen, dann erscheint dies in manchen Branchen heute bereits als leichtsinnige Langsamkeit. Andererseits beobachten wir eine zunehmende Kluft zwischen Industrieunternehmen, die mit künstlicher Intelligenz längst ihre Datenschätze auswerten, die Logistik optimieren oder die Produktion steuern, und vielen kleineren Unternehmen und Freiberuflern, die lediglich ein wenig mit generativer KI experimentiert haben.
Ohne KI geht nichts mehr?
Der zweite Irrtum liegt in der reinen Betrachtung von KI als vermeintlich kreatives Universaltalent zur Generierung von Texten, Bildern oder Videos. Generative KI ist faszinierend – nicht nur auf den ersten Blick. Sie ist aber lediglich ein Teilaspekt der künstlichen Intelligenz, die unsere Gesellschaft und das Geschäfts- sowie Arbeitsleben massiver und schneller verändern wird als das Internet.
Um ein Bild zu nutzen: ChatGPT&Co. sind lediglich die Spitze des Eisbergs. Die noch entscheidenderen und deutlich disruptiveren Technologiesäulen sind die, die Wissenschaftler „Narrow AI“ und „Artificial General Intelligence“ nennen, die „Allgemeine Künstliche Intelligenz".
Was kann KI wirklich?
Fast sieben Jahrzehnte Forschungsarbeit an KI hatten nicht zum Ziel, dass uns jemand nette Posts auf Social-Media formuliert und illustriert. Die große technologische wie ethische Frage ist die nach der Rolle der Maschine. Bleibt sie Werkzeug des Menschen oder wird sie zur vollwertigen Kollegin und damit auch zur potenziellen Konkurrentin? Nämlich dann, wenn die KI menschenähnliche, aufgabenübergreifende Intelligenz und ein Bewusstsein erlangt – kombiniert mit ihrem enormen Arbeitstempo und dem geringen Interesse an Pausen und Urlaubstagen.
Der dritte Irrtum ist die Fixierung auf Zeit- und Kostenersparnisse. Wie alle transformativen Technologien, wird auch die künstliche Intelligenz natürlich erheblich zur weiteren Optimierung von Prozessen beitragen. Aus Sicht gerade von Unternehmensgründern, Selbstständigen und Kleinunternehmern sollte das Augenmerk aber auf einem ganz anderen Thema liegen: Dem Entwickeln von Strategien, Erkennen von Geschäftspotenzial und dem Optimieren von Portfolio und Angeboten.
Ideen aus der KI für den Wettbewerbsvorteil nutzen
Dass die KI helfen kann, heutzutage ein Unternehmen mit weniger Personal und weniger laufenden Kosten zu gründen, ist sicherlich nicht zu unterschätzen. Der wirkliche Wettbewerbsvorteil und Geschäftserfolg entsteht aber ja nicht aus niedrigeren Kosten, sondern aus einer möglichst einzigartigen Geschäftsidee. Jeder Unternehmer und Gründer beobachtet natürlich den Markt und seine Wettbewerber und bemüht sich idealerweise um Alleinstellungsmerkmale und weniger um den günstigsten Preis.
Mein Tipp
Der wertvollste Impuls, den ich dir geben kann, lautet: Nutze die künstliche Intelligenz nicht nur als Texter oder Grafiker, sondern vor allem als Marktforscher, Produktmanager und Business-Development-Genie! Also nicht primär als preiswerten Ersatz im Marketing, sondern als deinen unternehmerischen Sparringspartner.
Die KI – mein Geschäftspartner
Mit dem geeigneten Prompt und wenigen Parametern zu einer unternehmerischen Entscheidung analysiert dir die künstliche Intelligenz ganze Geschäftsideen, vergleicht und kalkuliert entscheidende unternehmerische Handlungsoptionen, kreiert im Dialog mit dir wirklich überzeugende Angebote und schärft so deine Positionierung. Du erhältst Analysen und Handlungsempfehlungen, deren Beauftragung sich sonst nur größere Unternehmen leisten können. Das klingt zu schön, um wahr zu sein? Irrtum, bereits ein KI-Chatbot wie ChatGPT bietet dieses Potenzial, das viel zu wenig genutzt wird. Selbstverständlich hängt das Ergebnis von deinem Prompt und einer konkreten Aufgabenstellung ab. Und natürlich entwickelt auch die KI keine unschlagbare Geschäftsidee im Autopilot-Modus. Aber in Teamarbeit und in Iterationsschleifen gewinnst du wertvolle Entscheidungsgrundlagen und sicherst dir einen nahezu unbezahlbaren Wettbewerbsvorteil.

Oliver Schwartz
Der Autor ist Experte für künstliche Intelligenz, Unternehmensberater Speaker und Podcaster. Sein neuestes Buch „KI ist Chefsache“ liefert wertvolles Grundlagenwissen, Impulse und Strategien für Unternehmer. www.ki-businessbuch.de