
Oh, sorry… – wie schnell und leicht rutschen uns diese zwei Worte heutzutage über die Lippen! Aber tut es uns denn wirklich leid? Meinen wir denn auch, was wir da äußern? Ich halte es da mit den Juristen: „Es kommt auf den Einzelfall an.“! Hier liest du, wann eine Entschuldigung ehrlich ist und wirkt, und wie du dich im Berufsalltag elegant und authentisch entschuldigen kannst, wenn mal was schief gelaufen ist.
Was eine Entschuldigung bedeutet
Ein Fehler ist schnell mal passiert – auch im Institutsalltag und obwohl wir so sorgfältig wie möglich arbeiten. Und dann ist es wichtig, sich richtig und authentisch zu entschuldigen. Dies kann sowohl Mitarbeiter, als auch Kunden betreffen.
Um richtig zu verstehen, was denn mit einer Entschuldigung gemeint ist, müssen wir uns die Definition und vor allem die Abgrenzung zur Verzeihung ansehen. Wikipedia definiert den Begriff Entschuldigung so:
„Eine Entschuldigung ist im Wortsinne eine Schuldbefreiung, die zu den Umgangsformen gehört. Im korrekten Sinn ist die Bitte um Entschuldigung jedoch nur eine Höflichkeitsfloskel, die Mitgefühl für Geschehnisse ausdrückt, die zwar in Zusammenhang mit der bittenden Person stehen, für die sie jedoch keine Verantwortung hat (etwa für ein Malheur). Eine anerkannte Schuld für eine fehlerhafte Handlung, Duldung oder Unterlassung wird nur durch eine Bitte um Verzeihung ausgedrückt. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden Entschuldigung und Verzeihung jedoch meist synonym gebraucht. Der Geschädigte kann die Entschuldigung annehmen oder ablehnen.“(https://de.wikipedia.org/wiki/Entschuldigung vom 19.12.2024)
Entschuldigung oder Verzeihung?
Es ist also gar nicht so leicht einzuschätzen, ob ich die Kundin jetzt um Entschuldigung oder um Verzeihung bitten sollte. Um hier ziemlich eindeutig den Unterschied herauszuarbeiten, möchte ich ein „außerkosmetisches“ Beispiel heranziehen: Du hast bei deiner besten Freundin versehentlich ein Glas Rotwein auf ihren neuen Teppich gekippt. Natürlich entschuldigst du dich sofort und bietest an, die Kosten für die Reinigung zu übernehmen. Wenn sie aber von deiner eine Affaire mit ihrem Lebensgefährten erfahren und dich zur Rede gestellt hätte, wärst du dann auch so schnell mit einer Bitte um Entschuldigung und Wiedergutmachung gewesen? Siehst du – das st der Unterschied!
Die Formen der Entschuldigung
Wenn es um einen kleinen Fehler unsererseits geht, können wir uns meist sehr schnell entschuldigen, beispielsweise wenn wir der Kundin versehentlich einmal keine Erfrischung angeboten haben: „Ach, Frau Müller, das tut mir sehr leid – ich war wohl in Gedanken. Darf ich Ihnen jetzt einen Tee anbieten?“ Unser „es tut mir leid“ geht dabei recht leicht über die Lippen, schließlich ist es ja kein Beinbruch, wenn Frau Müller ihren obligatorischen Tee ein paar Minuten später erhält.
Entschuldigen als Höflichkeitsfloskel
Denn ob es uns wirklich sehr leid tut, Frau Müllers Tee vergessen zu haben, ist zweitrangig. Wir haben mit der Entschuldigung den korrekten Umgangsformen Genüge getan. Noch deutlicher wird die Floskelhaftigkeit einer Entschuldigung in diesem Fall: „Ach, Frau Müller, es tut mir leid, dass Ihr Urlaubsdomizil nun schon belegt ist.“. Hier wollen wir uns nicht wirklich entschuldigen – schließlich können wir ja nichts dafür, dass sie zu spät gebucht hat. Wir zeigen mit unserer Entschuldigung hier lediglich Mitgefühl. Diese Höflichkeitsaussage „kostet“ uns nichts, erhöht aber die Kundenbindung.
Entschuldigen bei Fehlern mit Folgen
Schwieriger werden diese Worte, wenn wir ein falsches Peeling angewendet haben und Frau Müllers Haut zu brennen beginnt und sich stark rötet. Für das falsche Peeling müssen wir Verantwortung übernehmen und uns buchstäblich ent-schuldigen. Denn in dem Wort Entschuldigung steckt der Begriff der Schuld. Wir haben einen schweren Fehler gemacht, für den die Kundin Schmerzen oder Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen muss. Nun ist es an der Zeit, um Verzeihung zu bitten (und natürlich Wiedergutmachung anzubieten). Wir sind danach auf das Wohlwollen der Kundin angewiesen – sie kann die Bitte um Verzeihung und die Wiedergutmachung ablehnen und uns im schlimmsten Fall sogar verklagen. Sie kann die Wiedergutmachung annehmen, uns aber die Verzeihung verweigern und nicht mehr wiederkommen (was erfahrungsgemäß auch negative Mundpropaganda nach sich ziehen kann). Die siehst, bei einer echten Schuld, die uns auch moralisch bedrückt, fällt es uns nicht leicht, uns zu entschuldigen und um Verzeihung zu bitten.
Ehrlichkeit ist immer Trumpf
Vielleicht regt sich bei der einen oder anderen Kollegin der leise Gedanke, das falsche Peeling nicht zu erwähnen und statt dessen das Brennen und Röten auf die Tagesform der Haut der Kundin oder eine falsche Heimpflege zu schieben. Hier kann ich nur zu einem Gedankenstopp raten – aus meiner Erfahrung akzeptiert die Kundin eine ehrlich gemeinte und emotional dargebrachte Bitte um Verzeihung eher als ein ausweichendes, schwammiges Verhalten. Wir Menschen sind naturgemäß darauf programmiert, uns zu verteidigen – in unserem Beispiel liegt die Schuld aber so eindeutig bei uns, dass wir – wenn wir ehrlich zu uns selbst sein und uns morgen noch im Spiegel ansehen können wollen – um Verzeihung bitten müssen.
Ruhig Gefühle zeigen
Und spätestens jetzt bemerken wir, dass wir für eine ehrliche Entschuldigung und Bitte um Verzeihung ein starkes Gefühl der Selbstachtung brauchen. Wir sind alle nur Menschen und damit fehlbar! Wir dürfen uns der Kundin gegenüber in einem solchen Fall durchaus als verletzlich zeigen. Dazu gehört natürlich, dass wir eine gewisse Nähe zur Kundin zulassen. Sie darf sehen, wie entsetzt wir sind, dass wir uns nichts sehnlicher wünschen, als die Zeit zurückzudrehen und das richtige Peeling einzusetzen. Sie wird darüber hinaus in unserer Bitte um Verzeihung auch die Scham spüren, die wir empfinden, einen so unnötigen und schwerwiegenden Fehler gemacht zu haben. Lass das zu! Bleib aber gleichzeitig auf Augenhöhe mit der Kundin, denn auch sie ist ein Mensch, der Fehler machen kann und macht. Nobody is perfect!
Zuhören und wahrnehmen
Höre der Kundin in diesem Gespräch gut zu – denn Verzeihung und Versöhnung erreichen wir nur, wenn wir mit der Kundin im Gespräch und im Kontakt bleiben (oder wieder eintreten). Richtiges Zuhören ist nicht ganz einfach, deshalb hier ein paar kleine Tipps dazu:
- Gib deine Abwehrhaltung (siehe oben: „Ich bin nicht schuld“) auf!
- Unterbrich die Kundin nicht!
- Stelle Fragen (zum Beispiel, womit du deinen Fehler wieder gutmachen kannst)
- Übernimm Verantwortung!
- Gib der Kundin gegebenenfalls Zeit für die Annahme deiner Bitte um Verzeihung!
- Danke der Kundin, wenn sich die Situation mit ihrer Hilfe geklärt hat!
- Bleib am Ball, ohne die Kundin zu bedrängen!
- Bitte um eine Gesprächspause, wenn du in deiner Bitte um Verzeihung einmal nicht weiterkommst!
- Ziehe aber auch Grenzen, wenn dir die Kundin bei dieser Gelegenheit eine Generalschuld (zum Beispiel für die Preiserhöhung oder ähnliches) zuschieben will!
Wenn du es schaffst, dass deine Kundin deine ehrliche, tiefe Entschuldigung (und ja, hier verwende ich den Begriff durchaus als Synonym zur Bitte um Verzeihung) annimmt, dann zeigt das, dass sie dir nach wie vor vertraut und die Geschäftsbeziehung wie auch die (vielleicht etwas tiefergehende) persönliche Beziehung zu ihr bestehenbleiben kann.

Claudia Gesang
Die gelernte Industriekauffrau, Kosmetikerin und Heilpraktikerin für Psychotherapie arbeitet freiberuflich als Autorin im Kosmetik- und Wellnessbereich.
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