Zurück zur Natürlichkeit

29.11.2024
Foto: gpointstudio/Shutterstock.com

Die Tätowierung der Areola (Brustwarzenvorhof) ist eine spezialisierte Technik, die häufig nach einer Brustrekonstruktionen durchgeführt wird. Die Behandlung kann das Aussehen der Brustwarze und Areola wiederherstellen, um ein natürlicheres Erscheinungsbild zu erzielen und damit das Selbstbewusstsein und die Körperwahrnehmung der Betroffenen verbessern. Wir haben den Experten für Mikropigmentation Stefan Skalbania zu den wichtigsten Aspekten der ­Behandlung und seinen Erfahrungen befragt.

MEDICAL: Wann kann nach der Brust-OP mit der Brust-Tätowierung gestartet werden? 
Stefan Skalbania: Hier sind sehr viele Aspekte zu beachten. Nach einer Bruststraffung mit Implantat oder Eigengewebe sollten fünf bis sechs Monate bis zur Behandlung gewartet werden. Dieser Zeitraum wird von Plastischen Chirurgen empfohlen. Heilung und Formung der Brust werden erst nach diesem Zeitraum als abgeschlossen betrachtet. 
Oft wird auch medizinisch eine Brustwarze mit einer speziellen Operationsmethode geformt. Auch hier gibt es viele Varianten. 
Die Wunde muss verheilen, und in Absprache mit einem Arzt sollte dann der richtige Zeitpunkt für eine ergänzende Tätowierung gewählt werden. 
Eine medizinische Tätowierung nach Brustaufbau wird in der Regel durchgeführt, wenn die Patientin alle Behandlungen abgeschlossen hat. Chemotherapie und Bestrahlungen sind in der Regel beendet. Ein Brustaufbau wird in den meisten Kliniken erst bei Patientinnen gemacht, wenn sie die Krebsbehandlung abgeschlossen haben. Natürlich gibt es auch Kliniken, die das parallel machen. In diesem Fall sollte längere Zeit abgewartet werden, bis man medizinisch tätowieren kann.

MEDICAL: Wie ist Ihre Erfahrung: Warten Patientinnen eher oder kommen sie unmittelbar nach der OP für ein Brust-Tattoo?
Patientinnen haben eine Brustrekonstruktion erhalten, nachdem die Chemotherapien und Bestrahlungen abgeschlossen wurden. Oft bekommen Sie im Abschlussgespräch in der Klinik den Hinweis, dass sie nun mit einer medizinischen Tätowierung den gesamten Abschluss des Brustaufbaus beenden können. Immer mehr Patientinnen entscheiden sich für eine Tätowierung ohne Brustaufbau. Es gibt viele Wege zum Ziel, die die Patientinnen heute einschlagen.

MEDICAL: Wie ist der Behandlungsablauf? 
Immer geht der Behandlung ein Beratungsgespräch voraus. Es werden Wünsche, Ziele und Möglichkeiten aufgrund der Gegebenheiten, Vor- und Nachpflege und Risiken besprochen. Die Beratung kann telefonisch oder auch vis-à-vis erfolgen. Es gibt viele Fragen, die in jedem Fall geklärt werden müssen. Das kann zwischen 15 Minuten bis zu einer Stunde dauern. Nach der Terminplanung kommt die Kundin zur Behandlung. Hierbei ist es wichtig, die Behandlung mit Erfahrung und Liebe zum Beruf durchzuführen. Die Kundin äußert Wünsche bezüglich Ausdruckskraft und Zielsetzung. Wir als Profis wählen die entsprechenden Farben aus und arbeiten diese mit der richtigen Technik sowie Einstichtiefe in die Haut.

MEDICAL: Wie sieht das Vorgespräch aus?
Selbstverständlich ist in erster Linie der Wunsch der Kundin wichtig: Wie soll das Ergebnis nach der Behandlung aussehen? Der erfahrene Behandler beschreibt die Vorteile der Behandlung, wichtige Kontraindikationen müssen erörtert werden. 
Es wird eine Vorzeichnung durchgeführt. Professionell gezeichnet und geschminkt kann die Kundin sich so bereits im Spiegel das Ergebnis vorstellen. 

MEDICAL: Gibt es Fälle, bei denen Sie eine Behandlung abgelehnt haben oder ablehnen würden?
Ja, das ist schon vorgekommen, vor allem wenn die Haut über einem Implantat zu dünn ist. Eine Hautstärke von ein bis zwei Millimeter ist extrem dünn und sollte vorher besprochen werden. Hier ist zu empfehlen, eine Testtätowierung durchzuführen, bei der nur wenig Farbe eingearbeitet wird. 
Die Patientinnen, die zu uns kommen, möchten immer eine Behandlung zur Vervollständigung des Brustaufbaus haben. Selten ist eine Behandlung abzulehnen, da erst mit diesem letzten Schritt das Operationsergebnis vollständig aussieht.

MEDICAL: Was ist Ihrer Meinung nach besonders wichtig im Vorfeld?
Ein wichtiger Aspekt ist, sich die Haut besonders im Behandlungsareal anzuschauen und zu beurteilen. Zum Beispiel, ­welche Technik ist die richtige für die Kundin und deren individuelle Hautbeschaffenheit, welche Ziele hat die Kundin? Soll es realistisch wirken, nur unterstützend, vielleicht auch intensiv und ausdrucksstark?

MEDICAL: Und wie sollte die Nachsorge aussehen?
Zum Thema Nachsorge gibt es viele gute Ideen. Es sollte am Anfang nicht zu viel und intensiv gepflegt werden. Die frisch gearbeiteten Hautareale sollten dezent mit feuchten Wattepads oder einem Kosmetiktuch mit 99-Prozent-Wasseranteil abgetupft werden. Im medizinischen Bereich, nach Narben- oder einer Brusttätowierung kann man mit einem Tattoopflaster arbeiten, aber auch eine Kompresse auf die frische Tätowierung gelegt ist hilfreich. 
Anschließend kann ab dem vierten oder fünften Tag mit einer Tattoo-Creme behandelt werden. Heute greifen viele  Kundinnen auch auf Kokosfett zurück.

MEDICAL: Was ist bei der Farb- und Gerätewahl zu beachten?
Grundsätzlich eignet sich jedes Gerät dafür, um eine medizinische Tätowierung durchzuführen. Es ist aber darauf zu achten, da wir am Körper arbeiten, unbedingt mit Handstücken zu arbeiten, die gleichfalls in der klassischen Tätowierung Einsatz finden. 
Es gibt auch Geräte aus dem asiatischen Markt, die wirklich nur für das Gesicht konzipiert sind, da diese extrem schwach sind. Ein Gerät darf nicht zu stark, aber auch nicht zu schwach sein. In der Regel sind Handstücke, die weich, aber dennoch kräftig arbeiten, zu empfehlen, eher mit einem mittleren bis langem Hub.

MEDICAL: Warum verwenden Sie ein Tattoo-Handstück für die Behandlung?
Ein Tattoo-Handstück empfiehlt sich bei der Behandlung von Narben am Körper oder bei einer Areola-Tätowierung zum Beispiel nach Brustaufbau, natürlich auch bei Farb­angleichung, wenn nach Bruststraffung die Areola versetzt wurde. Oft ist diese dann verblichen oder unrund in der Form. Das kann sehr gut mit einer Camouflage-Technik angeglichen werden.

MEDICAL: Was unterscheidet die Tattoo- von einer PMU-Behandlung?
Der Unterschied liegt darin, dass ein PMU-Handstück für die empfindliche, dünnere Gesichtshaut konzipiert ist. Man benötigt in dem Sinne weniger Stichkraft im Gesichtsbereich. 
Im Körperbereich, bei stärkerer Haut, macht es mehr Sinn, mit einem Handstück aus dem Tätowier-Bereich zu arbeiten. Arbeitet man mit dem Tattoo-Gerät im Gesicht, können irreversible Schäden durch zu intensives Einbringen von Pigmenten entstehen. Ein PMU-Handstück, wiederum am Körper benutzt, hat nicht genügend Kraft, um die Farbe intensiv und gleichmäßig in die Körperhaut einzubringen.

MEDICAL: Wie wichtig ist die Absprache mit dem Arzt?
Eine Absprache mit dem Arzt ist absolut wichtig! Er weiß, wann der richtige Zeitpunkt für eine anschließende Tätowierung geeignet ist. Er kennt die Krankheitsgeschichte sowie den Weg und die Art des Brustaufbaus und empfiehlt der Patientin  den richtigen Zeitpunkt, mit einer Tätowierung zu beginnen.

MEDICAL: Wo liegen die Kosten? Und beteiligen sich die Krankenkassen an den Kosten?
Die Kosten sind sehr individuell. Pro Seite werden etwa zwischen 600 bis 1.000 Euro veranschlagt. Ich habe sogar von Preisen gehört, bei denen für eine beidseitige Tätowierung 2.500 Euro berechnet wurden. 
Es sollte alles in einem menschlichen Rahmen bleiben, und aus meiner Sicht, selbst wenn man Meister seines Handwerks ist, sollte man die Kirche im Dorf lassen und nicht die Krankenkassen mit erhöhten Preisen abzocken. Nicht alle Krankenkassen bezahlen diese Behandlung. 
Die Kundin muss daher selbst entscheiden, was sie selbst finanziell tragen möchte. Eine Kostenübernahme oder -beteiligung bleibt in jedem Fall eine Einzelfallentscheidung der Kassen.

MEDICAL: Wie ist Ihre Einschätzung: Ist unter Betroffenen bekannt, dass es die Möglichkeit von Brust-Tattoos gibt? 
Ich glaube, das hängt viel mit der Klinik und den operierenden Ärzten zusammen. Es gibt Kliniken, die ihren Job sehr gut machen, allerdings abschließend die Patientinnen damit allein stehen lassen, ohne Informationen zu geben, wie im Anschluss an die Operation das Ergebnis ästhetisch noch ergänzt werden kann. 
Allerdings empfehlen auch viele Kliniken, auf die Hilfe von einer medizinischen Tätowierung zurückzugreifen, und raten zu diesem sehr wichtigen Schritt. Patientinnen berichteten auch, dass sie die Information während einer Kur/Reha erhalten haben und sich danach erst zu diesem Schritt entschieden haben. 

Foto: Stefan Skalbania

Stefan Skalbania

Der Visagist und Ausbilder für Mikropigmentation  ­besitzt mehr als 15  Jahre Erfahrung. Als ausgebildeter Heilpraktiker verfügt  er über vertieftes Wissen in ­Dermatologie und  ­Regeneration von pigmentierter Haut. www.skalbania-aesthetics.de

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