
Sichtbar erweiterte Äderchen, fleckige Rötungen, Hitze- und Spannungsgefühle: Gefäßlabile Haut ist weit mehr als nur ein Schönheitsmakel, an dem Betroffene zum Teil sehr stark leiden. Dies weiß auch Dermatologin Dr. Antje Söller. Die Fachärztin stellt die Hautbilder, ihre Ursachen und Therapien vor.
Rötungen im Gesicht, plötzliche Hitzewellen, ein geröteter Hals nach einem Glas Wein – was für viele Menschen lediglich Ausdruck momentaner Emotion oder Umweltreize ist, kann für andere ein anhaltendes, belastendes Symptom darstellen.
Rötungen der Haut und eine gesteigerte Gefäßreaktivität, oft als Gefäßlabilität bezeichnet, sind weit mehr als nur kosmetische Erscheinungen. Sie geben häufig Hinweise auf komplexe physiologische, dermatologische oder systemische Vorgänge – besonders dann, wenn sie gehäuft im höheren Lebensalter auftreten. Denn wo die Gefäße aus dem Gleichgewicht geraten, zeigt sich nicht selten der stille Einfluss des Alterns selbst: Inflammaging, die unterschwellige Entzündung des Alters, wird dabei zunehmend als pathophysiologisches Fundament erkannt.
Fundierte Diagnose
Wie die jahrelange Erfahrung mit Patienten zeigt: Eine fundierte Dia-gnose ist nicht nur medizinisch entscheidend, sondern auch psychologisch entlastend. Wenn Menschen mit chronischer Gesichtsrötung, plötzlichen Flush-Episoden oder unspezifischen Hautreaktionen in die Praxis kommen, haben sie oft einen langen Leidensweg hinter sich mitsamt unklaren Diagnosen, irritierenden Pflegeprodukten und fehlenden therapeutischen Ansätzen. Erst das genaue Verstehen der individuellen Ursachen schafft die Basis für eine gezielte, wirksame und verträgliche Behandlung und richtige Pflegeroutine. Folgende Krankheitsbilder treten dabei besonders häufig auf:
Rosacea
Dermatologisch gesehen steht die Rosacea an vorderster Front. Sie ist der Prototyp der entzündlichen Gesichtsrötung mit Flush, Papeln und sichtbaren Teleangiektasien. In ähnlichem Erscheinungsbild, aber anderer Genese zeigt sich das seborrhoische Ekzem in talgreichen Hautarealen oder die atopische Dermatitis mit ihrem charakteristischen Juckreiz. In diesen Fällen ist das Erythem nur die Spitze des entzündlichen Eisbergs.
Wirkstoffe bei Rötungen und Rosacea im Überblick
Biophytex: mindert Rötungen und Teleangiektasien (erweiterte Blutgefäße in der Haut)
Phytotonin: stärkt die Blutgefäßwände und verbessert die Mikrozirkulation Tripeptid-8: Wirkt beruhigend und entzündungshemmend, vermindert Rötungen, Schwellung und Brennen
FEC-Liposomen: regen die Mikrozirkulation der Haut an und vermindern Rötungen
Stimulactal: wirkt gegen Entzündungsbakterien, lindert Juckreiz und unterstützt den Aufbau einer intakten Hautflora
Kupfergluconat: spielt bei der Stimulation der Kollagen- und Elastinbildung eine entscheidende Rolle. Diese stabilisieren das Gewebe, damit die feinen Blutgefäße vom umliegenden Gewebe besser gestützt werden.
Microsilber: wirkt stabilisierend, desensibilisierend, beruhigend, entzündungshemmend und juckreizmildernd
Ballonrebe: wird auch als „Kortison der Naturheilkunde“ bezeichnet und zählt zu den wichtigen Heilpflanzen bei entzündlichen Hauterkrankungen
Systemische Ursachen
Noch subtiler, aber umso bedeutungsvoller sind Rötungen, die systemische Ursachen haben. Ein flüchtiges Schmetterlingserythem im Gesicht kann Ausdruck eines Lupus erythematodes sein. Auch das Karzinoid-Syndrom oder das Mastzell- aktivierungssyndrom führen zu plötzlich einsetzenden Flush-Episoden, begleitet von Symptomen, die bis zur Kreislaufdysregulation reichen können. Bei Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) wiederum sind Hitzeintoleranz, Schwitzen und diffuse Gesichtsrötung typische Begleiterscheinungen eines beschleunigten Stoffwechsels.
Inflammaging
Und dann ist da noch ein Phänomen, das erst in den letzten Jahren zunehmend Beachtung findet: Inflammaging. Gemeint ist ein Zustand chronisch niedriggradiger Entzündung, der den alternden Organismus begleitet wie ein leiser, aber stetiger Unterton. Immunologische Umbauten, die Akkumulation seneszenter Zellen, oxidative Stressprozesse und eine veränderte Mikrobiomzusammensetzung bilden den Nährboden für eine permanente Reizlage, nicht selten mit dermatologischer Manifestation. Gerade bei älteren Menschen kann dies zu anhaltenden Gesichtsrötungen führen, die rosaceaartig imponieren, aber Ausdruck einer systemischen Entzündungsbereitschaft sind.
Fundierte Anamnese
Die Diagnostik dieser vielfältigen Erscheinungsformen verlangt ein waches Auge und ein differenziertes Vorgehen. Neben einer ausführlichen Anamnese mit Augenmerk auf Auslöser, Begleitsymptome und Lebensstil geben auch Laborparameter (Schilddrüsen- und Entzündungswerte, Autoimmunmarker, Hormonstatus) sowie apparative Verfahren (Dermatoskopie, gegebenenfalls Biopsie) wichtige Hinweise.
Erst wenn die Ursache klar ist, können gemeinsam mit dem Patienten die richtige Pflege, die passende medikamentöse Therapie und ein tragfähiges Langzeitkonzept entwickelt werden – individuell, schonend, aber effektiv. Gerade bei empfindlicher, gereizter oder alternder Haut zählt jedes Detail.
Therapiemöglichkeiten
Und wie sieht die Therapie aus? Sie ist so vielseitig wie die Ursachen. Allgemeine Maßnahmen wie die Vermeidung bekannter Trigger, kühle Umschläge oder eine sanfte Hautpflege bilden das Fundament.
Topische Medikamente wie Brimonidin-Gel (ein selektiver Vasokonstriktor) oder entzündungshemmende Cremes mit Metronidazol, Erythromycin oder Ivermectin bieten gezielte Hilfe bei Rosacea.
Systemisch können niedrig dosiertes Doxycyclin, Betablocker oder Anti-histaminika zum Einsatz kommen. Letztere insbesondere bei mastzellassoziierten Reaktionen. Bei kosmetisch störenden Teleangiektasien und Entzündungen können eine gezielte Lasertherapie und begleitende LED-Lichttherapie oft zu guten Ergebnissen führen.
Inflammaging beeinflussen
Doch bei allem pharmakologischen Feingefühl bleibt eines entscheidend: Ein tieferes Verständnis der Rolle des Inflammaging eröffnet neue Perspektiven jenseits der symptomatischen Behandlung. Denn die stille Entzündung des Alterns lässt sich beeinflussen durch eine antiinflammatorische Ernährung, reich an Omega-3-Fettsäuren, Polypheno-len und Ballaststoffen, durch regelmäßige Bewegung, Stressmodulation und den gezielten Aufbau eines gesunden Mikrobioms. Ergänzend können Antioxidantien wie Vitamin C, E oder Resveratrol therapeutisch als Teil eines langfristigen, ganzheitlichen Konzepts genutzt werden.
Fazit
Die Prognose hängt – wie so oft – von der Ursache ab. Während funktionelle oder lebensstilassoziierte Rötungen durch einfache Verhaltensanpassung gut zu kontrollieren sind, erfordern entzündliche oder systemische Ursachen eine präzise, oft längerfristige Therapie. Wichtig ist: Die Haut ist nicht nur Grenzorgan, sondern auch unser Spiegel innerer Zustände. Und wo die Gefäße labil werden, beginnt oft ein Dialog, der medizinische Aufmerksamkeit verdient – mit klarem Blick auf die individuelle Biografie und das stille Entzündungsgeschehen des Alterns.

Dr. med. Antje Söller
Die Autorin ist Fachärztin für Dermatologie mit eigener Praxis in München sowie Beraterin und dermatologische Fachexpertin der Skincare-Marke Von Lupin. Zu ihren Behandlungsschwerpunkten zählen die klassische Dermatologie sowie die ästhetische Medizin.
www.dermatologie-drsoeller.de, www.von-lupin.com