
Nägel schneiden, Hornhaut abschleifen, eincremen, fertig! So kann eine Fußbehandlung aussehen, muss sie aber nicht! Fünf ganz verschiedene Behandlungen, die eine abwechslungsreiche Arbeit in der podologischen Praxis garantieren, stellen wir hier vor.
Das Schönste am Beruf des Podologen oder auch der kosmetischen Fußpflege ist, dass es nie an einer He-rausforderung mangelt. Ich widme mich in diesem Artikel fünf der häufigsten Behanlungsmethoden und biete Ihnen die Möglichkeit, sich davon inspirieren zu lassen.
1. Hühneraugen und Co.
In der Fußbehandlung haben wir jeden Tag mit Menschen zu tun, die uns ihr Fuß-Leid klagen. Erst wenn genau hingeschaut wird, können die Folgen von zu engen, kurzen oder schmalen Schuhen die Folgen aufzeigen. Hühneraugen (Clavi)! Diese sehr schmerzenden kleinen Verhornungsstellen können Betroffenen das Leben zur Hölle machen! Doch erkennen allein reicht nicht. Hier ist Ursachenforschung gefragt. Warum entsteht denn dort die Druck- oder Reibungsstelle?
In den Augen der Betroffenen liegt es unter gar keinen Umständen an den teuren Markenschuhen! Auch sind diese Schuhe außerdem so weit, weich und bequem, dass die gar nicht drücken. Doch auf Nachfrage schmerzen die Füße in diesen Schuhen komischerweise am häufigsten! Hier ist nun detektivische Diplomatenarbeit gefragt. Ein Blick auf die Schuhsohle (Abb. 1) verrät meist schon, „wo der Schuh drückt“. Um die Behandlung erfolgreich zu gestalten, ist es wichtig, dem Kunden zu erklären, dass die Behandlung meist nur das Symptom behandelt, die Ursache allerdings woanders liegt. Wenn diese Faktoren berücksichtigt werden, ist der Erfolg vorprogrammiert.

Abb. 1: Hier ist gut zu sehen, wie schmal die Einlagenform ist und am kleinen Zeh die „Schuhwand“ scheuern würde. Auch zwischen D4/5 ist potenzielle Hühneraugengefahr.
2. Einwachsender Nagel
Fast täglich haben wir Anrufe in der Praxis von Menschen, die Entzündungen an den Nägeln haben. Diese Probleme sind bei uns allgegenwärtig. Doch die Therapie eines einwachsenden Nagels gehört ausnahmslos in podologische Hände. Hier geht es um therapeutische Maßnahmen. Ich möchte Ihnen kurz einen Überblick verschaffen, was bei uns zu einer Therapie beim einwachsenden Nagel (Unguis incarnatus) gehört.
Wenn ein neuer Fall vorstellig wird, beginnen wir mit einer ausführlichen Anamneseabfrage – bezogen auf Erkrankungen, Medikamente, Bewegungseinschränkungen, Vorbehandlungen, medizinische Einlagen oder Maßschuhe und berufliche sowie sportliche Tätigkeiten. Im Anschluss werden die Füße in Länge und Breite vermessen, ge-
scannt und die Schuhe werden überprüft (bei uns heißt das Fuß- und Schuhscreening).
Wichtig: Geben Sie im Vorfeld an, dass der Patient die Alltags- und gegebenenfalls Arbeitsschuhe zum Termin mitbringt.
Dann werden Fotos im Stehen von allen Seiten angefertigt. Zudem auch Fotos im Stand auf der Sohle des Schuhes, um einen Einblick zu bekommen, in welchem Größenverhältnis das Ganze ist. Dann wird der betroffene Zeh dokumentiert und aus bestimmten Winkeln fotografiert. Diese Fotodokumentation ist im Falle einer Heilmittelabrechnung Vorschrift!
Im weiteren Verlauf erfragen wir, wie es zu diesem Problem gekommen ist und welche Maßnahmen gegebenenfalls im Vorfeld geleistet wurden. Nachdem wir einen gesamten Überblick haben, wird mit dem Patienten der therapeutische Weg besprochen und eine zeitliche Prognose in Aussicht gestellt. Nun kann die Therapie beginnen.

Abb. 2: Durch die Motivation, dass sie sich eine andere Zehenbox (die Form der vorderen Sohle) zulegt, konnte sich der Fuß innerhalb von weniger als acht Wochen sichtlich verbessern.
3. Nagelpilz und Folgen
Die Fußvolkskrankheit Nummer eins ist vermutlich der Nagelpilz, eine penetrante Erkrankung, die kaum lebenslange Erfolgsaussichten hat. „Einmal ein Nagelpilz, immer ein Risikopatient.“ Dennoch sind täglich Patienten in der Praxis, die unter dieser lästigen Pilzerkrankung leiden. Nicht jeder Nagelpilz ist erfolgreich behandelbar, und bei mehr als 75 Prozent kommt er innerhalb von zwei Jahren aus oft nicht erklärbaren Gründen zurück. Genau das ist es, was auf beiden Seiten sehr frustrierend ist.
Bevor mit einer Therapie begonnen wird, muss genau abgeklärt werden, ob es sich wirklich um eine Pilzerkrankung handelt. Es gibt Nagelerkrankungen, die sehen dem Pilz sehr ähnlich, haben aber einen ganz anderen Ursprung (zum Beispiel Schuppenflechte). Dazu wird eine Laborprobe benötigt, die zu mehr als 80 Prozent ein Ergebnis bringen kann.
Sollte der Pilz deutlich nachweisbar sein, ist zu klären, welche therapeutischen Maßnahmen eingesetzt werden. Therapien sind in der kosmetischen Fußpflege aus rechtlichen Gründen nicht erlaubt. Sind mehr als zwei Drittel der vorderen Nagelplatte befallen, ist in der Regel nur noch eine orale Antimykose (Tabletten) möglich.
Dann wäre es wichtig zu wissen, wie lange der Betroffene schon unter dieser Pilzerkrankung leidet und was er selber dagegen getan hat. In wirklich vielen Fällen sind jahrelang aufzutragende Präparate wie Lacke, Cremes und Lösungen schon zur Anwendung gekommen, dennoch ohne Erfolg.
Das muss nicht zwingend daran liegen, dass diese nicht wirkten, vielmehr wird wahrscheinlich die unregelmäßige Anwendung mit gegebener Unterbrechung, ursächlich sein. Hier setzen wir darauf, dass in sehr engen Terminabständen (innerhalb von drei Wochen) der Patient regelmäßig zum Ab- und Ausschleifen der mykotischen Stellen kommt. Eine Therapie in der Form kann mit Rückfall schon mal gute zwei Jahre dauern. Das sollte dem Betroffenen unbedingt erklärt werden, denn nur Konsequenz kann hier zum Erfolg führen.

Abb. 3: Zustand des Fußes vor der Behandlung; wenn man sich hier die Fußform der 16-jährigen Patienten anschaut, zeigt sich erschreckend, welche fatalen Folgen die vermeintlich weichen
bequemen Stoffturnschuhe haben.
Der D1 hat im ersten Zehengelenk schon die Form des Schuhes angenommen.
Die D 4, 5 krümmen sich signifikant.
An der O1-Nagelplatte leidet sie seit drei Jahren an einer Mykose, die durch die ständige Druckbeschädigung ihrer
Schuhe nicht abklingen kann.
Profi-Tipp
Wenn Ihre Praxis über eine Kassen-zulassung verfügt, ist es seit Juli 2022 möglich, die Nagelspangenbehandlung über die Krankenkasse per Heilmittelverordnung abzurechnen.
4. Therapeut für die Seele
Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass an dieser Stelle die meisten von Ihnen nun bejahend nicken, denn neben der praktischen Arbeit an den Füßen sind wir der ultimative Zuhörer für den seelischen Kummer.
Ich möchte meinen, dass dieser Anteil mindestens den gleichen Zeitfaktor hat wie unsere mechanische Arbeit am Fuß. Die Seele derer, die vor uns sitzen, ist manchmal voller, als die Druckstelle dick ist. Doch ist es auch für uns manchmal ein unglaublicher Spagat, für den Kummer der Patienten die richtigen Worte zu finden, den passenden Rat zu haben oder nur das zustimmende Nicken. Denn die Geschichten sind zum Teil so unglaublich intim und häufig kann man nur staunen, was man gerade zu hören bekommt.
Wir sind für diese Menschen eine Vertrauensperson auf ganzer Linie, nicht nur an den Füßen. Was uns zum Teil zugetragen wird, hört nicht immer ein Psychotherapeut. Schwierig wird es, wenn hier von uns die Trennung der Betroffenheit und Anteilnahme nicht stattfindet und die schreckliche Geschichte den Weg in unser Zuhause und in unseren Feierabend findet. Das darf nicht sein, egal wie mitfühlend Sie sind!
Eigenschutz steht an erster Stelle. Wenn Sie bemerken, dass die Themen der Patienten häufig bei Ihnen privat mit am Tisch sitzen, sollten Sie die Reißleine ziehen, sonst sind irgendwann Sie diejenige, die ihren Kummer loswerden muss.
5. Hallux valgus
Der Hallux valgus in der Praxis die herausforderndste Aufgabe. Für den Fußbehandler schwierig, denn direkt therapeutisch kann kaum vorgegangen werden. Hier sind Orthopäden sowie Fußchirurgen die fachlichen Ansprechpartner.
Nach Operationen können Physiotherapeuten zum Einsatz kommen. In der Fußpraxis wird meist nur unterstützt. Vorbeugend können wir die Betroffenen anleiten, das Schuhverhalten zu überprüfen und gegebenenfalls zu ändern. Hier kommt das Schuhscreening erfolgreich zum Einsatz. Durch Druckschutz oder auch Orthosen sind manchmal Entlastungen möglich, die die Beschwerden lindern oder ihnen vorbeugen.
Im Rahmen der Fußbehandlung können Sie Ratschläge zum Thema Fußmobilität und Pflege geben. Wir achten drauf, dass die Patienten möglichst abwechslungsreiche Schuhe tragen und wenn es geht sehr viel barfuß laufen, damit die Muskeln immer neu herausgefordert werden.
Durch Fußmassagen und Faszienbehandlung der unteren Sehnenplatte können sich die Fußknochen lockern und Schmerzen erleichtern.
Wir beraten, wo im näheren Umfeld therapeutische Angebote für die Füße sind oder auch Schuhtechniker zum Einsatz kommen. Ein kleiner Beitrag zum großen Problem.

Abb. 4: Nach acht Wochen Schuhformveränderung (siehe Abb. 2) ist deutlich zu erkennen, dass der D3 sich entkrümmt, der D1 nicht mehr ganz so stark eingeknickt ist und sich die Nagelplatte am
O1 langsam erholt.

Maren Bloß
Die Autorin ist selbstständige Podologin und Wundexpertin (ICW). Sie leitet eine kassenzugelassene Praxis in Niedersachsen, betreibt Aufklärung zum Berufsbild und hat verschiedene Fachbücher verfasst.