
Anfang des Jahres hat Prof. Dr. Ursula Walkenhorst, Leiterin des Instituts für Gesundheitsforschung und Bildung an der Universität Osnabrück, in Paderborn eine Fachtagung konzipiert mit dem Titel: „Zukunft gestalten: Herausforderungen und Lösungen in der beruflichen Bildung im Bereich Körperpflege“.
Die Ausbildung zur Kosmetikerin nach vorn zu bringen ist ihr ein Anliegen: Professor Ursula Walkenhorst leitet die Abteilung Didaktik der Humandienstleistungsberufe am Institut an der Universität Osnabrück. Wir sprachen mit ihr über die Zukunft des Berufsfelds der Kosmetik und Körperpflege.
Business: Was war das Ziel der Fachtagung?
Prof. Walkenhorst: Das übergreifende Thema der Hochschultage war „Nachhaltig – digital – chancengerecht. Zukunftsszenarien von Arbeit, Bildung und Beruf“. Das Handlungsfeld der Körperpflege stellt dabei ein eher kleines und zuweilen weniger beachtetes Berufsfeld in Wissenschaft, Politik und Bildung dar. Dies steht aus unserer Perspektive nicht im Verhältnis zu der Bedeutung, die der Bereich in einer sich verändernden Gesellschaft hat. Haut und Haar erhalten nicht nur aus einer Beauty-Perspektive eine zunehmende Aufmerksamkeit, sondern auch aus einer gesundheitsbezogenen Perspektive. Dieser Perspektivwechsel erfordert Lösungsüberlegungen, die aus einer Wirtschafts- und Bildungsperspektive diskutiert und beantwortet werden müssen. Dies erfolgte im Rahmen der Fachtagung.
Sind Sie der Meinung, dass die Körperpflegeausbildung reformiert werden muss?
Die Körperpflegeausbildung respektive das Frisier- und Kosmetikhandwerk weist eine große Heterogenität auf und damit einen Unterschied in der Qualität der Ausbildungen. Dauer, Inhalte sowie gesetzliche Rahmenbedingungen unterscheiden sich stark und bedürfen sowohl einer strukturellen als auch einer inhaltlichen Reform.
Was sind die größten Herausforderungen der Branche?
Sie reichen von der Ausbildung bis hin zur gesellschaftlichen Anerkennung. Zunächst einmal nehmen wir einen Rückgang der Attraktivität und des Nachwuchses in der Ausbildung wahr. Dies zeigt sich in den Ausbildungszahlen, die zwischen 2008 und 2023 um 67 Prozent zurückgegangen sind. Zudem bilden nur noch ca. 10 Prozent der circa 80.000 Salons in Deutschland aus. Teilweise resultiert dies aus der zunehmend heterogenen Gruppe der Auszubildenden, mit denen einige Betriebe überfordert sind.
Hinzu kommt die bereits erwähnte uneinheitliche Struktur. Es gibt einen „Wildwuchs“ an möglichen Qualifikationen in der Kosmetik, von dualen oder Vollzeit-schulischen Ausbildungen bis hin zu Kurzzeitausbildungen von wenigen Tagen. Dies führt zu einer mangelnden Professionalisierung des Berufsbildes.
Wie könnte das Berufsfeld der Kosmetikerin professionalisiert werden?
Grundsätzlich steht die Attraktivität eines Berufes, die durch die Gesellschaft gespiegelt wird, aber auch durch die Gehalts- und Aufstiegsmöglichkeiten gekennzeichnet ist, im Mittelpunkt. Hier sind die Berufe innerhalb der Körperpflege nicht immer attraktiv und finden durch die Kammern wenig Unterstützung. Ein zentraler Ansatzpunkt scheint mir, die qualitativ hochwertigen und weniger hochwertigen Ausbildungsmöglichkeiten sichtbarer zu unterscheiden. Für eine hohe Ausbildungsqualität ist auch ein entsprechend gut didaktisch ausgebildetes Lehrpersonal, das durch adäquate Studiengänge darauf vorbereitet wird, von hoher Relevanz. Hier gibt es nur wenige Universitäten, die dies anbieten.
Sie haben ja den Studiengang Kosmetologie ins Leben gerufen. Seit wann gibt es diesen und was genau beinhaltet er?
Der Studiengang Kosmetologie wird seit 1982 an der Universität Osnabrück angeboten. Die Studierenden, die sich für diesen Studiengang entscheiden, haben das Ziel, als Lehrerinnen an einer berufsbildenden Schule tätig zu sein.
Zunächst absolvieren sie den sechssemestrigen Bachelorstudiengang „Berufliche Bildung“, in dem die berufliche Fachrichtung Kosmetologie in ihren Grundlagen vermittelt wird, sowie ein allgemeinbildendes Unterrichtsfach (zum Beispiel Englisch, Deutsch, Biologie) studiert wird. Daran schließt sich ein viersemestriger Masterstudiengang „Lehramt an berufsbildenden Schulen“ (Abschluss: Master of Education) wiederum mit der beruflichen Fachrichtung Kosmetologie an.
Der Studiengang ist interdisziplinär konzipiert und umfasst Lehrveranstaltungen unter anderem in den naturwissenschaftlichen und medizinischen Grundlagenfächern wie fachrichtungsbezogene Chemie, Biochemie der Haut, Chemie der Kosmetika, Mikrobiologie, Hautphysiologie, Dermatologie sowie Toxikologie und Prävention.
Gibt es diesen Studiengang auch an anderen Unis?
Auch an den Universitäten Darmstadt, Hamburg und Erfurt ist es möglich, die Fachrichtung Körperpflege mit dem Ziel des Lehramts an berufsbildenden Schulen zu studieren. Die fachlichen Schwerpunkte unterscheiden sich allerdings. So ist die Universität Osnabrück mit dem berufsdermatologischen Bereich einmalig.
An wen wendet sich der Studiengang?
Zum einen an Personen mit Praxiserfahrungen im Bereich der Körperpflege (unter anderem Kosmetikerinnen, Friseurinnen), die sich pädagogisch weiterqualifizieren und später zum Beispiel als Lehrkraft in Berufsschulen oder auch in der Fort- und Weiterbildung arbeiten möchten. Zum anderen richtet er sich an Personen, die ein starkes Interesse am Berufsfeld der Körperpflege und der Wissenschaft der Kosmetik haben und mit einem Bachelorstudium den Weg in Betriebe oder in kosmetische Produktionsbereiche gehen.
Was sind die Zugangsvoraussetzungen?
Die Studienbewerberinnen müssen über eine allgemeine Hochschulzugangsberechtigung verfügen. Im Fall der Kosmetologie müssen sie zudem einen Nachweis über eine erfolgreich abgeschlossene einschlägige Berufsausbildung erbringen. Alternativ sind hier aber auch berufspraktische Tätigkeiten in geeigneten Berufsfeldern der Kosmetologie im Umfang von 52 Wochen ausreichend.
Was haben Sie für die nähere und fernere Zukunft geplant?
Wir sind weiterhin bestrebt, durch eine wissenschaftlich fundierte Ausbildung der angehenden Lehrkräfte den Bereich der Körperpflege für Auszubildende attraktiv zu machen. Hierzu gehört, dass wir gesundheitsbezogene Themen in den Studiengang integrieren. Zudem erlernen die Studierenden digitale Kompetenzen, die sie mit in die Ausbildung nehmen, um die Auszubildenden für die sich verändernde Berufswelt fit zu machen.
Welche Rolle könnte künftig die Digitalisierung oder sogar KI dabei spielen?
Die Digitalisierung wird die Bildungs- und Arbeitswelt insgesamt verändern und zu neuen Abläufen und Informationsflüssen beitragen. Die Beratung und Begleitung von Kundinnen kann dadurch unterstützt werden, dass Marketing ausgebaut sowie die Vernetzung mit nationalen und internationalen Betrieben vorangebracht werden.
Aber auch das Lehren und Lernen in der Ausbildung wird sich durch die Digitalisierung und KI weiter verändern. Durch den Einsatz innovativer digitaler Lehr-/Lernmethoden kann potenziell die Attraktivität der Ausbildungsberufe in der Körperpflege steigen und den heterogenen Lernvoraussetzungen der Lernenden gezielt begegnet werden
Wagen Sie eine Zukunftsprognose für uns?
Die Zukunft der Branche wird aus meiner Sicht mit davon abhängen, inwieweit der Schritt gelingt, die Angebote vom kostengünstigen alltäglichen Service zu einer anspruchsvollen professionellen Dienstleistung sichtbar zu machen und die notwendigen Strukturen dafür zu schaffen!

Prof. Dr. Ursula Walkenhorst
Unsere Interviewpartnerin ist Professorin für Didaktik der Humandienstleistungsberufe im Fachbereich Humanwissenschaften am Institut für Gesundheitsforschung und Bildung an der Universität Osnabrück.