Ein neues, spannendes Thema, das uns alle berührt, erobert die Medien: Longevity. Was bedeutet das eigentlich? Welches sind die äußeren Einflussfaktoren, und was können wir selbst dafür tun, um möglichst lange gesund und unabhängig zu leben? Ernährungsberater und Coach Holger Westenbaum erklärt, wie Sie den Trend mithilfe eines gesunden Lifestyles und technischer Hilfsmittel umsetzen können.
In vielen Teilen der Welt steigt die Lebenserwartung stetig an, und ein Ende des Trends ist nicht in Sicht. Kinder, die am Ende des Jahrzehnts in Industrieländern geboren werden, können voraussichtlich 90 Jahre und älter werden. Medizinische Fortschritte, verbesserte Lebensbedingungen und soziale Sicherungssysteme tragen dazu bei. Die wichtigsten Zutaten liefert jedoch unser Lebensstil: Bewegung, Ernährung, Stress und unser soziales Umfeld sind entscheidend, wenn es um das Erreichen eines hohen Lebensalters geht.
Trend Longevity
Bei Longevity, zu Deutsch: Langlebigkeit, geht es darum, möglichst viele Jahre zu leben, dabei körperlich und geistig fit zu bleiben und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Wir alle möchten aber nicht nur alt werden, sondern auch unsere Lebensqualität im Alter erhalten.
Es gibt viele Faktoren, die beeinflussen, wie lange und wie gesund wir leben. Diese Faktoren lassen sich grob in zwei Kategorien einteilen:
- solche, die wir selbst beeinflussen können, und
- solche, die außerhalb unserer Kontrolle liegen.
So können wir unser Leben verlängern
Einer der entscheidendsten Hebel ist eine gesunde, ausgewogene Ernährung und ein sinnvolles Essverhalten. Nicht nur, was wir auf dem Teller haben, ist entscheidend, sondern auch, wie viel. Essen wir bei jeder Mahlzeit weit über das Erforderliche hinaus, belasten wir den Organismus und werden das schnell auf der Waage merken, wenn wir die aufgenommene Energie nicht direkt wieder verbrauchen.
Frisches Obst, Gemüse, Vollkornprodukte, gesunde Fette und ausreichend Eiweiß tragen wesentlich zu einer langen Gesundheit bei. Omega-3-Fettsäuren aus Quellen wie fettem Fisch, Leinsamen und Walnüssen sind besonders vorteilhaft für Herz und Gehirn. Pflanzliche Proteinquellen wie Bohnen, Linsen und Tofu sowie mageres Fleisch und Fisch fördern den Muskelaufbau und -erhalt, der gerade im Alter so wichtig ist.
„Bewegung, Ernährung, Stress ...
... und unser soziales Umfeld sind entscheidend, wenn es um das Erreichen eines hohen Lebensalters geht." (Holger Westenbaum)
Einflussfaktor Mental Health
Für ein langes, gesundes Leben sollten wir uns aber nicht nur auf physische Aspekte konzentrieren. Mentale Gesundheit ist genauso wichtig! Soziale Interaktionen und ein gutes Netzwerk an Freunden und Familie können die psychische Gesundheit stärken und das Gefühl von Einsamkeit und Stress mindern.
Sie stärken das Zugehörigkeitsgefühl und das emotionale Wohlbefinden. Regelmäßige Treffen mit dem engsten Kreis gehören genauso dazu, wie zum Beispiel Engagement in Gemeinschaftsgruppen, Vereinen oder Freiwilligenarbeit.
Stress hat einen erheblichen Einfluss auf die Gesundheit und Langlebigkeit. Chronischer, vor allem negativer Stress kann zu zahlreichen gesundheitlichen Problemen führen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und psychischen Störungen. Stressbewältigungsstrategien wie Meditation, Yoga, Atemübungen und regelmäßige Entspannungspausen sind wichtig, um Stress abzubauen. Effektives Zeitmanagement durch Planung und Priorisierung von Aufgaben kann helfen, Überforderung zu vermeiden.
Nicht beeinflussbare Faktoren
Wir können eine Menge tun, um die Länge und Qualität unseres Lebens zu optimieren. Allerdings gibt es auch Faktoren, die wir nicht direkt beeinflussen können. So spielt unter anderem die Genetik eine wichtige Rolle bei der Langlebigkeit.
Gene können beeinflussen, wie gut unser Körper mit Krankheiten umgeht und wie schnell wir altern. Allerdings bedeutet das nicht, dass wir unserem Schicksal hilflos ausgeliefert sind. Ein gesunder Lebensstil kann oft die genetischen Risiken ausgleichen oder sogar übertreffen.
Die Umgebung, in der man lebt, kann ebenfalls auf die Gesundheit einwirken, ohne dass wir uns dem wirklich entziehen können. Dazu gehören Luft- und Wasserqualität, Zugang zu medizinischer Versorgung und Sicherheitsbedingungen.
Neueste Erkenntnisse und Trends zum Thema Longevity
Die Forschung zur Langlebigkeit hat in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht. Wissenschaftler und Mediziner entdecken ständig neue Ansätze, um das Altern zu verlangsamen und die Lebensqualität im Alter zu verbessern. Hier sind einige der aktuellsten Longevity-Erkenntnisse und -Trends:
Regelmäßige Sporteinheiten sind eine wichtige Säule für ein langes, fittes und gesundes Leben.
1. Ernährung
Studien haben gezeigt, dass eine moderate Kalorienrestriktion die Lebensdauer verlängern kann. Sie verlangsamt den Stoffwechsel und verringert die Bildung von schädlichen freien Radikalen, die Zellen schädigen können.
Ebenfalls hat sich gezeigt, dass Intervallfasten/intermittierendes Fasten, besonders in Verbindung mit einer Low-Carb-High-Protein-Ernährung, die Gesundheit verbessert und möglicherweise die Lebensdauer verlängert.
2. Nahrungsergänzungsmittel
Resveratrol und Spermidin, Verbindungen, die zum Beispiel in fermentierten Produkten vorkommen, werden intensiv untersucht. Mit ihren antioxidativen Eigenschaften könnten sie die Zellalterung verlangsamen und die Lebensdauer verlängern. Metformin ist ein Medikament zur Behandlung von Diabetes. Es wird angenommen, dass es die Zellalterung verlangsamt und die Gesundheit im Alter verbessert.
Senolytika zielen darauf ab, seneszente Zellen (alte, funktionslose Zellen) im Körper zu eliminieren, da diese zu chronischen Entzündungen und altersbedingten Krankheiten beitragen. Durch die Entfernung dieser Zellen könnten Senolytika das Altern verlangsamen und die Gesundheit im Alter verbessern.
Bis hier relevante, gesicherte Empfehlungen vorliegen, wird es aber noch einige Zeit dauern.
3. Epische und epigenetische Forschung
Die CRISPR (Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats) -Technologie ermöglicht gezielte Veränderungen im Erbgut und hat das Potenzial, altersbedingte genetische Defekte zu korrigieren. Das Gen-Editing wird noch erforscht, könnte aber in Zukunft erhebliche Auswirkungen auf die Langlebigkeit haben.
Die Epigenetik untersucht, wie Umweltfaktoren die Genaktivität beeinflussen, ohne die DNA-Sequenz zu verändern. Durch Modifikationen können Gene, die mit Langlebigkeit verbunden sind, aktiviert oder deaktiviert werden. Dies könnte neue Wege zur Verlängerung der Lebensdauer eröffnen.
4. Darmmikrobiom
Das Mikrobiom spielt eine wichtige Rolle für die Gesundheit. Forschungen zeigen, dass ein ausgeglichenes Mikrobiom das Immunsystem stärken, Entzündungen reduzieren, die geistige Gesundheit verbessern und somit zu einer längeren Lebensdauer beitragen kann.
Probiotika und Präbiotika sowie eine ballaststoffreiche Ernährung können helfen, das Mikrobiom gesund zu halten.
5. Technologische Innovationen
Technologische Fortschritte ermöglichen es, die Gesundheit besser zu überwachen und zu managen. Wearables wie Smartwatches können Aktivitäten, Herzfrequenz und Schlafmuster tracken und so helfen, einen gesunden Lebensstil zu fördern. Gesundheits-Apps bieten Unterstützung bei Ernährung, Bewegung und Stressmanagement.
Eine Kombination aus gesunder Ernährung, regelmäßiger Bewegung, mentaler und sozialer Aktivität sowie technologische Unterstützung können unsere Lebensdauer verlängern und die Lebensqualität verbessern. Lebensstiländerungen machen einen großen Unterschied, selbst wenn die Genetik eine Rolle spielt. Indem wir wissenschaftliche Erkenntnisse nutzen und uns an bewährte Gesundheitspraktiken halten, legen wir die Grundlage für ein langes, gesundes und erfülltes Leben.
Eine weitere zentrale Säule von Longevity bildet eine gesunde Ernährung.
Schon gewusst: Biohacking
Biohacking ist oftmals ein wesentlicher Bestandteil des Trends Longevity. Beim Biohacking soll mithilfe von Technologie die menschliche Biologie gehackt werden: Smart Watches, Fitnesstracker und Co. helfen dabei, Daten zu sammeln. Diese können Biohacker dann auswerten und zur Körper- und Geistoptimierung verwenden.
Einfach mal ausprobieren: Jeder von uns hat schon einmal eine Art des Biohackings angewendet, indem wir zeitig schlafen gehen und fit aufstehen oder Sport treiben, um gesund zu bleiben. Mithilfe von technologischer Datenanalyse wollen Biohacker ihre Selbstoptimierung vorantreiben. Probieren Sie doch einmal eine Smart Watch aus, die zum Beispiel Ihren Schlaf analysiert. Auch die Auswertung der körpereigenen Hormone ist im Trend. Ein jährliches Blutbild beim Arzt ist so oder so empfehlenswert.
Wichtig zu wissen: Biohacking bezieht sich zwar auf wissenschaftliche Daten, die Methoden sind aber nicht unbedingt wissenschaftlich anerkannt. Während Profisportler beim Biohacking von einem Arzt begleitet werden, gehen Laien oftmals in Eigenregie an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit.
Technische Geräte wie eine Smart Watch sammeln Daten und ermöglichen es beispielsweise, die körperliche Fitness zu kontrollieren und zu optimieren.
Holger Westenbaum
Der Autor ist seit über 30 Jahren als Ernährungsund Gesundheitsexperte von professionellen Ernährungskonzepten für die Beauty- und Gesundheitsbranche bekannt. Er ist CEO der PS. food & lifestyle GmbH mit Sitz in München.