
Skincare hat in den letzten Jahren einen bemerkenswerten Wandel erlebt. Durch die fortschreitenden Erkenntnisse in der Hautphysiologie, ist es heute möglich, Hautpflege dynamischer zu gestalten und so die Gesundheit der Haut langfristig zu fördern. Ein entscheidender Begriff ist Inklusivität: Die Hautpflege stellt sich immer breiter auf, um wirklich alle Bedürfnisse und Hauttypen anzusprechen.
Der Begriff „Hauttyp“ bezeichnete einst einen genetisch festgelegten Hautzustand, der üblicherweise in drei Hauptkategorien unterteilt wurde:
- normal
- fettig (seborrhoisch)
- trocken (sebostatisch)
Innerhalb dieser Gruppen gab es weitere Unterformen. Inzwischen ist jedoch klar, dass eine solch starre Einteilung nicht ausreicht. Die Haut ist ein lebendiges Organ, das sich fortwährend an wechselnde Bedingungen anpasst – sowohl auf physikalischer als auch auf chemischer Ebene. Ihr Zustand verändert sich regelmäßig, sei es durch innere Prozesse oder äußere Einflüsse.
Hormonelle Schwankungen, etwa durch Stress, Menstruation oder hormonelle Verhütungsmittel, spielen dabei ebenso eine Rolle wie Temperaturschwankungen, Luftfeuchtigkeit oder Erkrankungen.
Daher muss moderne Hautpflege heute weit über einfache Kategorien hinausgehen. Sie sollte vielmehr die unterschiedlichen Hautbeschaffenheiten, spezifischen Hautprobleme und individuellen Bedürfnisse berücksichtigen, um optimale Ergebnisse zu erzielen.
Die Vielfalt der Hauttypen und ihre Bedürfnisse
Haut ist so individuell wie der Mensch selbst. Deshalb ist es sinnvoll, Haut nicht in starre Kategorien zu zwängen, sondern sie nach ihrem momentanen Erscheinungsbild zu beurteilen. Anhand dieser Einteilung lassen sich verschiedene Hautzustände beschreiben:
- Normalhaut: Die Haut wirkt feinporig, zart und samtig glatt, fühlt sich geschmeidig an, ist rosig und fettet nicht nach – sie spannt auch nicht. Sie sieht gesund aus, lässt sich mühelos reinigen und pflegen. Kinder haben meistens diesen Hauttyp. Bei längerer Zeit in überheizten oder klimatisierten Räumen kann die Haut jedoch mit Irritationen reagieren, und eine zu reichhaltige Creme kann zu „Unreinheiten“ führen.
- Fett-feuchte Haut: Typisch für den fett-feuchten Typ ist eine grobe, kräftige, stark glänzende, großporige Haut. Diese Haut ist widerstandsfähig und unempfindlich gegenüber Sonnenstrahlen. In der Regel entwickelt sich dieser Hauttyp mit der Pubertät. Besonders Kopf, Brust und Rücken sind betroffen, da hier viele Talgdrüsen vorhanden sind, während der Rest des Körpers normal oder fettarm bleiben kann. Bei falscher Pflege, wie etwa mit zu fetthaltigen Produkten, kann sich Akne bilden.
- „Mischhaut“: Dieser Hautzustand ist eine Mischung aus fettiger T-Zone (Stirn, Nase, Kinn) und normalen bis fettarmen Wangenpartien. Die verschiedenen Hautareale erfordern unterschiedliche Pflege: Das bedeutet, dass mindestens zwei unterschiedliche Präparate benötigt werden.
- Fett-trockene Haut: Der fett-trockene Hautzustand ist oft eine kurzfristige Abweichung von der fett-feuchten Haut, die nach extremer Sonneneinstrahlung (zum Beispiel im Urlaub oder nach einem Sonnenbrand) oder intensiver Aknetherapie auftritt. Die Haut zeigt einen glänzenden Schimmer, schuppt stark und fühlt sich pergamentartig an, begleitet von unangenehmen Spannungsgefühlen.
Fettarm-trockene Haut: Dies ist der schwierigste Hautzustand. Die Talgdrüsen produzieren zu wenig Fett, wodurch die Haut schuppig, rau und matt aussieht. Sie kann auch Spannungen, Juckreiz und Ekzeme verursachen. Fleckenförmige Rötungen und trockene, raue Stellen sorgen für ein unruhiges Hautbild. Aufgrund des verringerten Fett- und Feuchtigkeitsgehalts neigt die Haut zur vorzeitigen Alterung, wodurch Fältchen entstehen. - Fettarm-feuchte Haut: Dem nur kurzzeitig auftretenden fettarm-feuchten Hautzustand liegt die fettarm-trockene Haut zugrunde. Durch äußere Umstände, z. B. Schwitzen beim Sport, entsteht eine aufflammende Rötung wie bei einer Entzündung, verbunden mit einem sehr unangenehmen Hitzegefühl, das lange Zeit anhalten kann.
Unisex-Produkte und multifunktionale Hautpflege
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Inklusivität in der Hautpflege ist die Auflösung starrer Geschlechterkategorien. Kosmetikprodukte wurden lange Zeit stark nach Geschlecht unterteilt, doch unisex- oder genderneutrale Pflegeprodukte erfreuen sich zunehmend größerer Beliebtheit.
Diese Produkte richten sich nicht nach traditionellen Duftnoten oder Verpackungsdesigns, sondern konzentrieren sich ganz auf die tatsächlichen Hautbedürfnisse.
Besonders jüngere Generationen schätzen Produkte, die alle Menschen ansprechen und keine binären Kategorien voraussetzen. Gleichzeitig gewinnen multifunktionale Produkte immer mehr an Bedeutung. Sie kombinieren mehrere Wirkweisen in einer Formulierung, was den Pflegeprozess vereinfacht.
Ein gutes Beispiel sind getönte Feuchtigkeitscremes mit UV-Schutz, die nicht nur pflegen, sondern auch den Hautton ausgleichen – ideal für diejenigen, die eine minimalistische Hautpflegeroutine bevorzugen.
Eine Zukunft mit noch mehr Vielfalt
Technologische Fortschritte, ein tieferes Verständnis für die Hautbedürfnisse sowie die Berücksichtigung aller Hautzustände und die Entwicklung genderneutraler Pflegeprodukte zeigen, dass der Markt zunehmend offener wird und dem Thema Inklusivität und individuell zugeschnittenen Lösungen noch mehr Aufmerksamkeit widmet.
Es ist zu erwarten, dass diese Entwicklung in Zukunft weiter an Fahrt gewinnt. Damit ist Inklusivität nicht nur ein Trend, sondern auch ein dauerhaftes Leitprinzip der modernen Hautpflege.
Moderne Formulierungen für alle Hauttypen
Jede Haut hat unterschiedliche Bedürfnisse, weshalb moderne Pflegeprodukte gezielt auf die jeweiligen Hautzustände abgestimmt sind:
- Normalhaut profitiert von leichten, ausgleichenden Formulierungen mit Feuchtigkeitsspendern wie Hyaluron, um den natürlichen Schutzmantel zu bewahren.
- Fett-feuchte Haut benötigt mattierende, ölfreie Gele mit Niacinamid oder Salicylsäure, um überschüssigen Talg zu regulieren und Unreinheiten vorzubeugen.
- Mischhaut erfordert eine Kombination aus leichten Feuchtigkeitsfluids für die T-Zone und reichhaltigeren Pflegeprodukten für trockenere Partien.
- Fett-trockene Haut kann mit feuchtigkeitsspendenden Seren und lipidreichen Cremes unterstützt werden, um Spannungsgefühle zu reduzieren.
- Fettarm-trockene Haut benötigt intensiv nährende Pflege mit Ceramiden und pflanzlichen Ölen, um die Hautbarriere zu stärken.
- Fettarm-feuchte Haut profitiert von beruhigenden, reizlindernden Formulierungen mit Aloe vera oder Panthenol, die Feuchtigkeit spenden, ohne die Haut zu belasten.
- Unabhängig vom Hautzustand des Gesichts benötigt der Hals- und Dekolletébereich fettreiche Produkte, da die Haut hier wesentlich dünner und besonders anfällig für frühe Anzeichen der Hautalterung ist. Zudem sollte auch die empfindliche Augenpartie mit zunehmendem Alter eine speziell, abgestimmte Pflege erhalten.
Hinweis
Ein sehr wichtiger Aspekt, der selbst in Lehrbüchern immer wieder auftaucht, ist die falsche Gegenüberstellung von Hautzuständen: So ist der Gegensatz zu fett nicht trocken, sondern fettarm, und der Gegensatz zu trocken wiederum ist feucht.

Judith Lorenzon
Die Autorin arbeitete, bevor sie sich der Beauty-Branche widmete, für den Tagesspiegel. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Turin und berichtet für Fachmagazine über die neuesten Trends der Beauty-Industrie.