MEDICAL BY BEAUTY FORUM: Welche sind aktuell Ihrer Meinung nach die drei größten Trends in kosmetischer Forschung und Wissenschaft?
Dr. Jürgen Blaak: In der dermatologischen und kosmetischen Forschung beobachten wir aktuell sehr vielschich-tige und komplexe Forschungsaktivitäten – komplex, weil sehr stark versucht wird, die biologischen Prozesse der Haut holistisch zu betrachten, also im Gesamtkontext des menschlichen Organismus und im Zusammenspiel mit unterschiedlichen nicht dermalen Organsystemen.
Vor gut zehn Jahren wurde das Hautmi-krobiom mit neuen Methoden erforscht und beschrieben, aktuell ist das nächste Level erreicht, denn die Wissenschaft will nicht mehr nur das Mikrobiom in seiner Zusammensetzung beschreiben, sondern in seiner konkreten Funktion verstehen und hier auch im Wechselspiel mit unserem Magen-Darm-Trakt als sogenannte „Gut-Skin-Axis“! So ist mittlerweile das alte Bild der „guten“ und „bösen“ Bakterien längst überholt – heute wissen wir, die Zusammenhänge sind sehr viel komplexer und über unseren Körper hinweg miteinander verlinkt. Ein spannendes Forschungsfeld, aus dem wir uns in den nächsten Jahren noch viele wertvolle Studienergebnisse erhoffen zur Optimierung unserer Produktwirkung und zur Entwicklung neuer ganzheitlicher Hautpflegekonzepte.
Ähnlich komplex ist der Zusammenhang zwischen unserer Haut, dem neuronalen Netzwerk und unserem Gehirn – „Skin-Brain-Axis“. Wir wissen schon lange, dass unsere Psyche sich auf unser Hautbild auswirken kann. So verlängert Stress die Regenerationszeit und Widerstandskraft unserer Hautbarriere, fördert Entzündungsprozesse und triggert krankhafte Hautzustände. Aktuell wird zudem der umgekehrte Weg wissenschaftlich diskutiert, das bedeutet die Beeinflussung unserer Wahrnehmungen, Gefühle und Emotionen durch die topische Anwendung von entsprechend wirksamen Hautpflegeprodukten. Diese bilaterale Kommunikation zwischen Haut und Gehirn wird zukünftig stark über innovative neurokosmetische Ansätze adressiert werden.
Außerdem spüren wir als grundsätzliche Strömung die zunehmende Bedeutung der Wissenschaft, so auch im Bereich der Kosmetik als „Science Beauty“. Die enge Verzahnung traditioneller Wirkstoffkompetenz mit moderner, evidenzbasierter Gesichtspflege unter Anwendung inno-vativer Forschungsmethoden spielt meiner Meinung nach aktuell und in Zukunft eine große Rolle. Dabei geht es darum, „molekulare Mechanismen“ von kosmetischen Wirkstoffen zu identifizieren, synergistische Effekte zu kreieren und dadurch hauteigene Prozesse zielgerichtet zu aktivieren – für gesunde Haut und eine schöne Erscheinung. Insbesondere auch die professionelle dermatokosmetische Pflege erfordert ein hohes technologisches Niveau, kombiniert mit innovativer Forschung und hoch effektiven Science-based Wirkstoffen.
Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit in der Produktentwicklung und Hautforschung?
Die globalen Nachhaltigkeitsziele begegnen uns heutzutage überall! Wir beschäftigen uns heute intensiv mit den entsprechenden Prozessen in den Lieferketten, den Umweltauswirkungen von Inhaltsstoffen sowie dem Lebenszyklus von Produkten. In unserer täglichen Laborarbeit zur Entwicklung von Formulierungen werden wichtige Einflussfaktoren zur Nachhaltigkeit durchdacht: Es fängt mit der richtigen Auswahl der Rohstoffe an, gefolgt von der nachhaltigen Rezepturkonzeption, einer damit verbundenen Energieeffizienz in der Herstellung sowie den Innovationen zur eigentlichen Anwendung und dem End-of-Life.
Wie sieht Ihre Hautpflegeroutine aus?
Meine Hautpflegeroutine zielt stark auf die Stärkung und Regeneration der epidermalen Barriere ab, denn die Hautbarriere ist der Ursprung für Gesundheit und Schönheit. Dabei achte ich sehr darauf, morgens und abends eine milde, hautschonende Reinigung zu verwenden und wähle für den Tag feuchtigkeitsspende Pflegeprodukte mit regenerierenden und schützenden Wirkstoffen aus. Zudem beschäftige ich mich sehr gerne mit Riechstoffen und Duftwirkungen – hier probiere ich viel aus, so auch gerne im Bereich der sogenannten Nischendüfte.