Ein Webshop wird von vielen Kunden inzwischen sogar schon von Kosmetikinstituten erwartet. Doch das ist viel zu viel Aufwand, oder nicht? Um im Onlinehandel erfolgreich zu sein, brauchen Kosmetikunternehmen keine extra Abteilung, sondern nur das richtige Wissen. In diesem Beitrag erläutert Sebastian Rahmel, wie verborgene Datenschätze und KI die Margen voranbringen.
Pflegeprodukte und Make-up im Onlineshop locken besonders junge Generationen. 2024 kauften laut Mintel Marktbericht 51 Prozent der Kunden ihre Beautyprodukte auf digitalem Wege. Darunter vor allem die Digital Natives, also die Generationen Y und Z. Wer diese Gruppe erreichen will, kommt um eine eigene Webseite oder eine Präsenz auf einem Marktplatz nicht herum.
KI als dein zusätzlicher Angestellter
Doch wo große Marken ganze Abteilungen für den eCommerce bereitstellen, mangelt es bei mittelständischen Händlern von Kosmetika oder erst recht Kosmetikinstituten schlicht an Personal. Hier kann die künstliche Intelligenz helfen: Eine gute KI-Strategie optimiert Abläufe, reduziert Kosten und steigert Kundenzufriedenheit. Dafür drehen Onlineshops an drei Stellschrauben: Marktbeobachtung, Customer Journey und interne Abläufe. Wie KI in diesen Bereichen unterstützt, wollen wir hier beleuchten.
Basics im Griff
Berühmte Marken machen mit der Nutzung von KI-Assistenten, die an den Hauttyp angepasste Lotions kreieren, Schlagzeilen. Dieses Feature erweckt im ersten Moment viel Aufmerksamkeit, ein wahrer Nutzen aber bleibt womöglich aus.
Dabei brauchen Hersteller im Beauty-Segment keine großen Gimmicks, um mit KI nachhaltig Wachstum zu generieren. Bereits kleine Anpassungen in den Fundamenten des Onlinehandels zeigen Wirkung. In Zeiten von Überangeboten auf Marktplätzen und Social Media spielt eine kluge, dynamische Preispolitik eine zunehmend große Rolle. KI-gestützte Multi-Agentensysteme unterstützen durch eine Kombination aus Vollkostenanalyse und wettbewerbsbasiertem Target Pricing bei der Findung des optimalen Verkaufspreises – dem sogenannten Profit Sweetspot. An diesem erkennen Anbieter, wie viel ein Produkt kosten darf, um für Kunden attraktiv zu sein und gleichzeitig genügend Ertrag einzufahren.
Mit KI easy Daten auswerten
Durch eine kombinierte Auswertung aus Net Promoter Score-Daten, Bewertungen und Website-Interaktionen erkennen KI-basierte Systeme Brüche in der Customer Journey und können diese durch personalisierte Inhalte, Produktempfehlungen und kanalübergreifende Anpassungen dynamisch optimieren. Eine flüssige Führung durch den Kaufprozess verhindert frühzeitiges Abspringen von Kaufwilligen. Denn gerade in Zeiten schwindender Aufmerksamkeitsspannen von Konsumenten wollen Kunden schnell überzeugt werden.
Retouren durchforsten lassen
Ähnliches erreichen KI-Programme in Hinblick auf Retouren. Unter der Rücksendelust der Deutschen leiden viele Onlinehändler. Laut Bitkom kommen 11 Prozent der Sendungen wieder zurück. Die Befragung zeigte außerdem, dass vorwiegend Frauen und jüngere Shopper ihre Ware retournieren, also genau die Zielgruppe der Beauty-Branche. Das drückt die Margen enorm.
Ein Blick auf die Rücksendegründe verschafft Klarheit über Verbesserungspotenzial. Über Natural Language Processing-Verfahren, einer Methode, die es Computern ermöglicht, menschliche Sprache zu verarbeiten, werten KI-Systeme Ratings verschiedener Quellen aus, clustern diese nach Themengebiet und ordnen sie nach Sentiment und Zuständigkeit in Produkt, Kaufprozess oder Service. So erhalten Verkäufer Ansatzpunkte, um künftige Retouren zu vermeiden. Probleme durch verspätete Lieferungen, ungenaue Produktbeschreibungen oder Mängel in der Qualität müssen in der von Word-of-Mouth-Marketing getriebenen Kosmetikbranche schnell identifiziert und behoben werden.
Klein, aber effizient
Führungskräfte sehen beim Umschwung auf KI-Systeme eine unüberwindbare Mauer an Tools und Programmen, die alle Besserung versprechen. Dabei genügen häufig minimale Änderungen, um den Workflow zu verbessern. Künstliche Intelligenz spielt ihre Stärke durch Integration in bestehende Arbeitsweisen aus. Über eine Verknüpfung ans Business Intelligence System generiert KI Dashboards, die zum Beispiel Auskunft über das Marktgeschehen geben. Mit den gesammelten Daten entstehen Alerts, die eine Priorisierung von Produkten auf Basis echter Engpässe ermöglichen. So erkennen Händler frühzeitig steigende Nachfrage, stoßen Nachbestellungen an und nehmen Preisanpassungen vor, bevor die Konkurrenz dies tut. Nach einer kurzen Lernphase erheben die Programme zusätzlich Umsatzprognosen. An dieser Stelle sei gesagt, dass solche Dashboards nicht zwingend künstlicher Intelligenz bedürfen. In einigen Fällen reicht eine fundierte Datenbasis mit klaren Regeln.
Fazit
Kleine Beauty-Unternehmen, die ihren eCommerce-Auftritt optimieren wollen, brauchen kein zusätzliches Personal. Ein guter Überblick über die verfügbaren Daten, eine aufgeräumte Programmlandschaft und eine sinnvoll integrierte KI helfen dabei, einen zukunftsfähigen Onlinehandel aufzubauen und Margen zu steigern.
Sebastian Rahmel
Der Autor ist KI-Architekt im Bereich eCommerce mit über 30 Jahren Expertise in Technologie, Onlinehandel und Marketing. 2007 gründet er die Digitalagentur encurio GmbH in Köln, einer KI-Beratung für mittelständische Unternehmen und Konzerne.
www.encurio.com