Teil 2:
Eine solide Aus- und Weiterbildung ist immer die Grundlage, um erfolgreich zu werden. Im Kosmetikinstitut ist das nicht anders. Alles, was Sie von Hautaufbau bis Umgang mit Kunden wissen müssen, erfahren Sie hier.
Die Haut-Anatomie ist ein wichtiger Baustein der Kosmetikausbildung. Die Haut besteht aus drei Schichten: außen die Epidermis, darunter die Dermis, die in die Subcutis übergeht.
Dermis
Bindegewebe, bestehend hauptsächlich aus Kollagen und Elastin, ist die Hauptkomponente der Dermis. Es verleiht der Haut mechanische Festigkeit und Dehnbarkeit. Strukturell ist diese Hautschicht mit einem Hydro-Gel vergleichbar und hat nur eine geringe Menge an Zellen. Fibroblasten sorgen für den Erhalt des Bindegewebes und spielen auch in der Wundheilung eine entscheidende Rolle. Sie reagieren auf verschiedene Reize und stellen so die Hautstabilität sicher.
Die gezielte Stimulation der Fibroblasten erneuert Bindegewebe. Dies kann durch eine kontrollierte Verletzung der Haut angestoßen werden, wie es beispielsweise beim Microneedling der Fall ist. Zum einen reagiert das elektrische Spannungsfeld der Haut auf die Durchbrechung der Hautbarriere.
Durch die Veränderung der Ladung, kommt es zu einem „Kurzschluss“, welcher eine Wundheilungsreaktion, ohne das Vorhandensein einer klassischen Wunde anstößt. So könnte sich erklären lassen, warum ein Needling auch ohne den Eintritt von Blut eine regenerative Wirkung zeigt.1,2
Tritt zusätzlich Blut in den Einstichkanal, werden Wachstumsfaktoren ausgeschüttet, und es kommt ebenfalls zu einer Regeneration der Haut.3
Haarfollikel, Schweißdrüsen und Nervenfasern durchziehen die Dermis.
Dermoepidermale Junktionszone
Zusätzlich sind Blutgefäße zu finden, welche im oberen Teil der Hautschicht ein feines Netz ausbilden und dort für die Nährstoffversorgung der Epidermis verantwortlich sind, welche keine Blutgefäße hat. Über diese dermoepidermale Junktionszone, welche die untere Epidermis, die Basallamina und die obere Dermis umfasst, ist die Dermis mit der Epidermis verbunden.
Das Erreichen der Dermis bei beispielsweise apparativen Behandlungen lässt sich durch das Einsetzen von Blutungen feststellen. Da die Dermis mit der Epidermis verzahnt ist, treten diese Blutungen zunächst punktförmig auf. Und auch bei Hauterkrankungen, wie der Psoriasis ist das Phänomen von punktuellen Einblutungen zu beobachten.
Epidermis
Die Epidermis lässt sich in vier Schichten unterteilen. Sie beschreiben den Zelldifferenzierungsprozess, welcher von jeder gesunden Zelle durchlaufen wird und für die Hautstruktur entscheidend ist. Der Zellzyklus braucht etwa 28 Tage und verlangsamt sich im Rahmen des Alterungsprozesses.
Ein intensives Peeling muss den Hautzyklus respektieren. Die Aufrechterhaltung eines Hautzustandes kann durch ein monatliches Peeling unterstützt werden, wohingegen für eine regenerative Wirkung der Peeling-Rhythmus, oder die Peeling-Intensität angehoben werden muss.
Stratum Basale
Das Stratum basale wird unmittelbar über die dermoepidermale Junktionszone versorgt. Die Zellen dieser Schicht sind vital und haben eine rege Teilungsrate. Alle Zellen sind über Desmosomen miteinander verbunden. Das erhöht den Zusammenhalt und verleiht der Haut Stabilität. Im Stratum Spinosum beginnt der Differenzierungsprozess, und die Zellzusammensetzung verändert sich. Nach der eingeleiteten Verhärtung der Zelle beginnt sie, im Stratum Granulosum Fette und Proteine zu verpacken. Es bilden sich Odland bodies. Diese werden aus der Zelle ausgeschleust und Teil der extrazellulären Lipide im Stratum Corneum. Sie haben einen entscheidenden Anteil an unserer Hautbarriere, tragen zu den wichtigen Permeabilitätseigenschaften der Haut bei und beteiligen sich an der Immunabwehr.4
Wird eine Haut über das Stratum Corneum hinaus gepeelt, gehen entscheidende Fette verloren, bevor die Zelle sie ausschleusen konnte. Somit kann es zu Trockenheit und Barriere-Defiziten kommen, die von außen ausgeglichen werden müssen.
Im Stratum Corneum hat die Zelle ihre Hülle vollständig ausgehärtet, man spricht vom „Cornified Envelope“. Diese Zellen werden als Hornzellen bezeichnet und oft als unnötig angesehen. Fakt ist, dass sie die darunterliegenden Strukturen schützen und Nahrungsgrundlage für unser Hautmikrobiom sind. Staphylokokkus Epidermidis zersetzt den Cornified Envelope und macht ihn so für andere Mikroorganismen zugänglich. Gelichzeitig produziert Staphylokokkus Epidermidis Ceramide.5
Der Cornified Envelope ist Nahrung für unser Hautmikrobiom und trägt so zur Hautgesundheit bei. Häute mit einer Dysbiose, welche Irritationen und eine erhöhte Reaktivität aufweisen, benötigen ihr Stratum Corneum als Schutz und zur Unterstützung des Mikrobioms. Ältere Häute, bei welchen sich der Zellzyklus verlangsamt ist verfügen über weniger Nahrung für das Mikrobiom und somit über weniger Ceramide – diese können hier gut durch Kosmetika ergänzt werden.
Ist die Zelle vollständig verwertet, beginnt der Abschuppungsprozess. Desmosomen werden gelöst, und die Zelle löst sich einzeln, oder im kleinen Zellverbund von der Haut.
Praxis: Glykolsäure, die kleinste Alpha-Hydroxy-Säure, greift Desmosomen an und verringert so den Zellzusammenhalt.6
Daher kann nach einem AHA-Peeling die Abschuppung der Haut verzögert auftreten. Die Zellen durchlaufen die Stadien, können sich aber, wenn sie einmal an der Oberfläche angekommen sind, nicht mehr an den anderen Zellen festhalten und lösen sich. Auch wenn hier nur ein kleiner Ausschnitt dargestellt ist, wird deutlich, dass hinter jeder anatomischen Begebenheit und dem theoretischen Wissen darüber, ein Anknüpfungspunkt für praktisches Arbeiten und Kunden-Kommunikation steckt, der helfen kann, das eigene Handeln nachhaltig zu professionalisieren!
So geht es weiter
Diese Teile erscheinen in den kommenden Ausgaben von BEAUTY FORUM:
- Produktkunde 1: Hautreinigung
- Produktkunde 2: Pflegebedürfnisse
- Produktkunde 3: Hautschutz
- Geräteeinsatz in der Kabine
- Bewegung im Gesicht – Massage, Yoga und Co.
- Hauterkrankungen 1: Kommunikation rund um Hauterkrankungen in der kosmetischen Praxis
- Hauterkrankungen 2: praktischer Umgang in der kosmetischen Praxis
- Grenzbereiche der Kosmetik: Nutraceuticals und Co.
- Grenzbereiche der Kosmetik: Ästhetik
- Der Wert der Kosmetik: Positionierung der eigenen Arbeit
Literatur:
1. Liebl H, Kloth LC. Skin cell proliferation stimulated by microneedles. J Am Coll Clin Wound Spec. 2012 Dec 25;4(1):2-6. doi: 10.1016/j.jccw.2012.11.001. PMID: 24527373; PMCID: PMC3921236.
2. Fabbrocini G, De Vita V, Pastore F, Annunziata MC, Cacciapuoti S, Monfrecola A, Cameli N, Tosti A. Collagen induction therapy for the treatment of upper lip wrinkles. J Dermatolog Treat. 2012 Apr; 23 (2): 144-52. doi: 10.3109/09546634.2010. 544709. Epub 2011 Aug 2. PMID: 21810012.
3. Aust MC, Fernandes D, Kolokythas P, Kaplan HM, Vogt PM. Percutaneous collagen induction therapy: an alternative treatment for scars, wrinkles, and skin laxity. Plast Reconstr Surg. 2008 Apr; 121(4): 1421-1429. doi: 10.1097/01. prs.0000304612.72899.02. PMID: 18349665.
4. Joshi R. Learning from eponyms: George F. Odland and Odland bodies. Indian Dermatol Online J. 2014 Jul;5(3):334-8. doi: 10.4103/2229- 5178.137794. PMID: 25165659; PMCID: PMC 4144227.
5. Zheng Y, Hunt RL, Villaruz AE, Fisher EL, Liu R, Liu Q, Cheung GYC, Li M, Otto M. Commensal Staphylococcus epidermidis contributes to skin barrier homeostasis by generating protective ceramides. Cell Host Microbe. 2022 Mar 9;30(3):301-313.e9. doi: 10.1016/j.chom.2022.01.004. Epub 2022 Feb 4. PMID: 35123653; PMCID: PMC8917079.
6. Fartasch M, Teal J, Menon GK. Mode of action of glycolic acid on human stratum corneum: ultrastructural and functional evaluation of the epidermal barrier. Arch Dermatol Res. 1997 Jun;289(7):404-9. doi: 10.1007/s004030050212. PMID: 9248619
Kristina Carmen Bernhöft
ist Kosmetikwissenschaftlerin und Kosmetikerin und hat sich auf die Professionalisierung des Kosmetik-Handwerks spezialisiert. Aus- und Weiterbildung als Grundstein für sicheres Handeln liegen ihr besonders am Herzen.