Von Know-how zu wow!

13.12.2024
Foto: Askhat Gilyakhov/Shutterstock.com

Eine solide Aus- und Weiterbildung ist immer die Grundlage, um erfolgreich zu werden. Im Kosmetikinstitut ist das nicht anders. Grund genug, um diesem Thema eine Serie zu widmen. Alles, was Sie von Hautaufbau bis Umgang mit Kunden wissen müssen, erfahren Sie hier.

Unsere Haut ist ein lebendiger Marktplatz, voller Handeln und Treiben, Besuchern und Bewohnern. Eine Hau(p)tstadt.

Die Zelldifferenzierung
Die Zelldifferenzierung ist das Bildungssystem der Hautstadt – es verlangt jeder einzelnen Zelle viel ab, produziert aber gleichzeitig die Mittel, um das tägliche Leben zu bestreiten und in Interaktion treten zu können. 
Es bildet Kitsubstanz und Schutzschild (Cornified Envelope) und bietet die Grundlage für Bewohner und Besucher. Wir haben auch ergänzende Systeme, die mal ausgeglichen, mal etwas unbalanciert wirken, wie die Talg- und Schweißdrüsen. 
Unsere Bewohner sind unzählige Mikroorganismen: die „Kommensale“. Sie leben auf und mit uns und bilden einen wichtigen Teil der Kommunikation. Es passiert nichts, ohne dass sie Bescheid wissen, und sie gestalten aktiv das Lebensgefühl der Hautstadt.

 
Weitere „Bewohner“
Und dann wären da noch unsere Besucher. Mal sind es Fremde, mal nur zu viele von einem kommensalen Mikroorganismus. Make-up kommt zu Besuch, Rückstände von Lichtschutzfaktoren, Feinstaubpartikel, aber auch ganz „normaler“ Dreck – und wie das mit Besuch so ist: Er muss irgendwann mal gehen. Viele der Stoffe sind lipophil, sie fühlen sich also auf unserer fetthaltigen Hautoberfläche sehr wohl. Das Sofa ist gemütlich, das Essen ist gut, die Gesellschaft entzückend – wir benötigen eine Reinigung. Nur Wasser kann die Rückstände und Erzeugnisse der Haut nicht binden und von der Haut abtransportieren. Was gebraucht wird, ist ein Molekül, dass sich sowohl an den lipophilen Stoff bindet als auch an das Wasser, um von diesem davongetragen zu werden. Es ist von oberflächenaktiven Stoffen, oder Tensiden die Rede.


Die Produkt-Auswahl
Schauen wir in die Regale der Drogeriemärkte und auf das Angebot der Hautpflegemarken, wird schnell klar: Eines für alle? – Hier nicht. 
 

  • Es gibt „aggressive“ Tenside, die eine große Kapazität haben, lipophile Stoffe zu greifen, und so nicht nur die Besucher, sondern auch ganze Teile der Stadtmauern, die Kitsubstanz und natürlich vorkommende Oberflächen-Lipide mitreißen. Hierzu zählen die oft benannten Sodium Lauryl Sulfate (SLS). Sie durchbrechen die Hautbarriere und können reizend wirken oder anderen Irritanzien das Eindringen in die Haut erleichtern. 
  • „Mildere“ Tenside greifen nur wenige Fette von der Haut an, was die natürliche Barriere schont, hierzu zählen zum Beispiel die Zuckertenside, welche auf der INCI-Liste unter Glucoside geführt werden. 
  • Es gibt viele Stoffe zwischen „aggressiv“ und „mild“, und auch besondere Eigenschaften wie das Bilden von Schaum sind Auswahlkriterien. So scheinen die Möglichkeiten der Reinigung unendlich. In den Reinigungsprodukten heutzutage sind daher Mischungen verschiedener Tenside eingesetzt, um eine Vielzahl an Eigenschaften miteinander zu vereinen. Schäumende Reinigungen sind für viele nach wie vor angenehm, weil das klassische Reinigungserlebnis stattfindet. Aktuellere Formulierungen bieten cremige Lösungen (Cleansing Balms), hier wird ein angenehmes Hautgefühl nach dem Abnehmen der Reinigung angestrebt. 
     

Andere Strategien bedienen sich des Double Cleansing, bei dem zwei Reinigungsschritte hintereinander durchgeführt werden. Über die Reinigung hinaus können auch weitere Ziele über aktive Inhaltsstoffe verfolgt werden:

  • Feuchtigkeitsbindende Inhaltsstoffe können die austrocknende Wirkung der Reinigung reduzieren (Glycerin, Hyaluronsäure).
  • Säuren können den pH-Wert senken, was Bedeutung für Akne-Häute hat (Salicysäure, AHAs).
  • Pflegende Komponenten wirken rückfettend (pflanzliche Öle).
  • Beruhigende Inhaltsstoffe reduzieren Reizungen (Allantoin, Panthenol).
  • Antioxidantien binden freie Radikale und schützen die Haut (Niacinamide, Pflanzenextrakte).

Auch 2-in-1-Produkte oder sogar 3-in-1-Produkte sind auf dem Markt zu finden. Sie kombinieren Reinigung mit Peeling, oder Reinigung, Peeling und Reinigungs-Maske. Die Kombinationsprodukte sind für einen Teil der Kundschaft reizvoll. 
Es scheint die einfache Lösung für vielschichtige Hautzustände zu bieten – trotzdem ist hier Augenmaß geboten. Gleiches gilt zu beachten, wenn es um Tools und Gadgets rund um die Reinigungsroutine geht. 
Bürsten haben eine mechanische Peeling-Funktion, Mikrofasertücher eine starke Reinigungswirkung, der klassische Waschlappen bietet Wohnraum für nicht willkommene Bakterien. Ihre Verwendung erfordert mehr als die Verschreibung der Reinigungsroutine – es erfordert Hautgefühl, Bewusstsein für Mikroorganismen und ein breiteres Verständnis für den Hautzyklus und seine Reaktionen. 
Als Abschluss sollte jedes Produkt von der Haut genommen werden. Tenside ,die auf der Haut zurückbleiben, können Hautfette binden und so die Hautbarriere stören. Langfristig sind Reizungen und Disbalance die Folge.
 

Fazit
Es bedarf einer ausgiebigen Aufklärung und ein wenig Fingerspitzengefühl, um für jede Haut, für jeden Menschen die perfekte Reinigungsroutine zu finden – aber es gibt sie!

 

Der Hautzustand

Jeder Hautzustand stellt andere Ansprüche, und selten ist die Liste der zu bewältigenden Aufgaben kurz. Daher ist es wichtig, die entscheidenden Aspekte zu beachten.

Hautzustand:     

  • Wie viel Lipid produzieren die Talgdrüsen der Haut?
  • Wie reaktiv ist die Haut?
  • Findet eine reguläre Zellteilung statt?
  • Befindet die Haut sich in akuter Erkrankung /Behandlung/Regeneration?
     

Herausforderungen:

  • Wird Make-up getragen? Falls ja, welche Art von Make-up?
  • Welchen Umweltbelastungen ist die Haut ausgesetzt?
  • Wird UV-Schutz getragen?
     

Neben den Antworten auf diese Fragen zählen auch die individuellen Vorlieben der Person. Denn wie so oft gilt: Was man nicht gerne tut, tut man gar nicht! Und so kommt es, dass noch wichtiger als die perfekte Passung zwischen Haut und Produkt die Passung zwischen Mensch und Produkt ist. 

Foto: Kristina Carmen Bernhöft

Die Expertin

Kristina Carmen Bernhöft ist Kosmetikwissenschaftlerin und Kosmetikerin und hat sich auf die Professionalisierung des Kosmetik-Handwerks spezialisiert. Aus- und Weiterbildung als Grundstein für sicheres Handeln liegen ihr besonders am Herzen.

Mehr zu den Themen:

Das könnte Sie auch interessieren

Mehr aus der Rubrik Ratgeber & Wissen