Behandlungen und Methoden gegen Krampfadern und Besenreiser

04.12.2017
Fotos: JPC-PROD/Shutterstock.com; Dr. med. Rainer Jokisch

Bye bye, Besenreiser

Krampfadern (Varizen) sind erweiterte Abschnitte des oberflächlichen Beinvenensystems. Ursächlich liegen der Erweiterung Venenklappendefekte zugrunde, sodass venöses Blut nicht mehr gerichtet zum Herzen zurückfließt, sondern sich in die Beine zurückstaut. Sichtbares Zeichen dieser venösen Abflussstörung der Beine ist die Bildung gekrümmter Adern. Diese scheinbar nur kosmetische Störung führt aber in den Folgejahren zu medizinischen Beschwerden: Zunächst nur Spannungsgefühle nach längerem Sitzen und Stehen sowie Beinschwellungen (vor allem Unterschenkelödeme), später bräunliche Verfärbungen (durch Eisenablagerungen aus Hämoglobin), schließlich narbige Umwandlung von Haut, Fettgewebe und Faszien (Dermatolipofasziosklerose), und letztlich das Unterschenkelgeschwür oder offene Bein (Ulkus cruris). Wegen der schwerwiegenden medizinischen Folgen sollten Krampfadern nach Diagnosestellung frühzeitig ­einer adäquaten, meist operativen Behandlung zugeführt werden.

Besenreiser sind kleinste, direkt sichtbar unter der Hautoberfläche gelegene Krampfadern (Mikrovarizen). Sieht man Krampfadern als Stamm- und Seitenastvarizen analog der Morphologie eines Baumes, so sind Besenreiser deren kleinste Verzweigungen.

Besenreiser sind immer ein kosmetisches Problem, können aber auch Ausdruck eines medizinisch relevanten Krampfaderleidens sein. Deshalb sollte jede Besenreiserpatientin vor der ersten Behandlung immer gründlich auf das Vorliegen von Stamm- und Seitenastkrampfadern hin untersucht werden. Früher war hier lediglich die Phlebografie als bildgebendes Verfahren möglich. Bei diesem radiologischen Verfahren setzt der Facharzt Röntgenkontrastmittel zur Darstellung und Beurteilung von Beinvenen ein. Seit ca. 15 Jahren gilt die wesentlich schonendere Farbduplex-Ultraschall-Untersuchung als Methode der Wahl.

Fotos: Dr. med. Rainer Jokisch

So entstehen Besenreiser

Besenreiser entstehen u.a. durch lokalisierte Druckerhöhungen im Bindege­webe. Eine genetische Komponente, die im Allgemeinen mit dem Begriff „Bindegewebsschwäche“ umschrieben wird, scheint Grundvoraussetzung zu sein. So entstehen nach Abheilung von Weichteilverletzungen am Bein gehäuft Besenreiser oder an den Unterschenkeln durch das gewohnheitsmäßige Übereinanderschlagen der Beine bei sitzenden Tätigkeiten. Auch haben übergewichtige Patientinnen die ausgeprägteren Befunde. Und während Frauen bei Krampfadern nur ca. 3x häufiger als Männer betroffen sind, liegt das Verhältnis bezüglich der Besenreiser bei ca. 10:1, sodass auch die bindegewebsauflockernde Wirkung der weiblichen Sexualhormone eine entscheidende Rolle in der Genese von Besenreisern spielen dürfte. Langfristig gesehen haben Besenreiser ohne das Vorhandensein von Stamm- und Seitenastkrampfadern aber keine medizinische Bedeutung, sodass deren Behandlung eine rein kosmetische Indikation darstellt.

Krampfadernbehandlung

Minimalinvasive operative Verfahren haben unerwünschte Nebenwirkungen nach Behandlung der Krampfadern erheblich reduziert. Schonende endovenöse Verfahren sind heute Standard in der Behandlung von Stammvarizen. Solche Operationen erfolgen ambulant und in einer speziellen Lokalanästhesie (Tumeszenz-LA). Unterstützend werden lediglich intravenöse Analgosedierungen, d.h. die Gabe von Schmerz- und Beruhigungsmitteln, empfohlen.

Allen vier im Folgenden beschriebenen Verfahren ist gemeinsam, dass ein Katheter im kranken Stammvenenabschnitt ultraschallkontrolliert von unten (sog. distaler Insuffizienzpunkt) nach oben (sog. proximaler Insuffizienzpunkt) vorgeschoben wird. Nachdem die Position der Katheterspitze in einem passenden Sicherheitsabstand zur Einmündung in das tiefe Venensystem positioniert ist (Ultraschallkontrolle!), beginnt die eigentliche Behandlung unter langsamem Zurückziehen des Katheters. Auf diese Weise wird der Stammvarizenabschnitt in seinem Verlauf reißverschlussartig okkludiert.

Bewährte Verfahren für die Stilllegung der Stammvarizen sind die endovenöse Radiowellenbehandlung (z.B. „Closure Fast“) und die endovenöse Laserbehandlung mit der Radialfaser (z.B. „ELVeS“). Beides sind thermische Methoden, d.h. durch gezielte Hitzeschädigung der Stammvarize wird diese zusammengeschrumpft, sodass kein Blutfluss mehr zu Stauungsbeschwerden führen kann. Die Patienten tragen ihre Kompressionsstrümpfe lediglich eine Woche lang nach Behandlung und haben entsprechend kurze Ausfallzeiten. Die Kosten liegen bei ca. 200 Euro.

Die ursprüngliche Funktion der Stammvene, nämlich Blut aus dem oberflächlichen Bein (Haut und Fettgewebe) nach oben zum Herzen zu schicken, haben mit der Entstehung des Klappendefektes andere, intakte Beinvenen schon übernommen. Ziel der Operation ist lediglich, das Leck im tiefen Venensystem zu stopfen.

Als neuere endovenöse Verfahren gelten zwei weitere Kathetermethoden: Bei der Klebemethode erfolgt die Stilllegung der Stammvene durch gezielte Injektion eines Acrylatklebers („Venaseal“). Diese vielversprechende neue Methode verzichtet komplett auf Anästhesie und auch das Tragen von Kompressionsstrümpfen ist nicht mehr zwingend notwendig. Besonders geeignet scheint die Klebemethode für Patienten mit geringer Seitenastbildung zu sein. Kostenfaktor ist ca. 2500 Euro.

Die Mechano-Chemische-Verödung („Clarivein“) wurde auch als Propellerverfahren bekannt. Die Stilllegung der Stammvene erfolgt durch gleichzeitige Injektion des Verödungsmittels Polidocanol und traumatischer Schädigung des Gefäßendothels durch einen propellerartig rotierenden Draht. Auch dieses Verfahren erfordert keine Anästhesie. Die Kosten sind ca. 800 Euro.

Fotos: Dr. med. Rainer Jokisch

Besenreiserbehandlung

Hier stehen zwei nichtoperative Methoden konkurrierend nebeneinander. Mikrosklerotherapie mit Polidocanol (flüssig oder geschäumt). An dieser Stelle sei an das Bild des Baumes erinnert. Besenreiser werden häufig von sogenannten retikulären Varizen (1–3mm Durchmesser) genährt; man spricht deshalb von Nährvenen oder Feeder-Veins. Entscheidend für gute Ergebnisse ist nicht nur die Treffsicherheit des Phlebologen/der Phlebologin, sondern auch die Mitbehandlung dieser Nährvenen. Häufig kann man deren Lage je nach Lichteinfall nur erahnen. Sie sind aber mit einer ringförmigen Lichtquelle („Veinlite“), die auf die Haut aufgesetzt wird, gut erkennbar, sodass Polidocanol sicher injiziert werden kann. Während Besenreiser sehr gut auf Polidocanol in flüssiger Form ansprechen, lassen sich retikuläre Krampfadern und ausgedehnte Befunde besser mit Poli­docanol-Schaum veröden. Durch Vermischen mit Luft (im Verhältnis 4:1=Luft:Polidocanol)direkt vor der Anwendung entsteht ein Gemisch rasierschaumähnlicher Konsistenz. Für dieses Vorgehen hat sich der Begriff der „Schaumverödung“ etabliert. Tiefer gelegene Seitenastkrampfadern können ultraschallkontrolliert hervorragend mit Schaum verödet werden (Echosklerotherapie).

Nach der Behandlung jeweils drei Wochen Karenz für Sonne, Solarium und Sauna beachten. Die Kosten belaufen sich je Behandlungssitzung zwischen 60 und 200€.

Die zweite nichtoperative Methode ist die Behandlung mit dem Gefäßlaser (Nd: YAG 1064 nm/KTP 532nm).

Moderne Lasergeräte vereinen beide Wellenlängen, sodass je nach Art der Besenreiser (rot oder blau) rasch während einer Behandlung gewechselt werden kann. Das Prinzip der Gefäßlaser ist die blitzartige Erhitzung des Blutes durch Umwandlung des Millisekunden-Laserlichtimpulses in Wärme. Hierdurch kommt es zur sofortigen Blutgerinnung. Der dabei empfundene Schmerz ähnelt dem Stich mit einer heißen Nadel. Die Hautoberfläche wird durch Aufsetzen einer gekühlten Glasscheibe vor Verbrennungen geschützt. Da jeder Impuls nur 5mm Strecke behandelt, werden schon bei kleinen Befunden mehrere hundert Impulse benötigt. Nach der Behandlung jeweils drei Wochen Karenz für Sonne, Solarium und Sauna beachten. Die Kosten betragen je Behandlungssitzung zwischen 100 und 250 Euro.

Neue sanfte OP-Technik

Nach Jahren des Stillstandes in der Behandlung von Krampfadern haben die Entwicklung von Ultraschallanwendung („Farbduplex“), Tumeszenzanästhesie und moderner endovenöser, thermischer Verfahren einer neuen, sanften OP-Technik den Weg geebnet. Inzwischen können Stammvenen sogar ohne weitere Anästhesie erfolgreich durch Verkleben ausgeschaltet werden. Mikrovarizen (Besenreiser) werden effektiv und sicher durch die Fortentwicklung der Schaumverödung und die Neuentwicklung moderner Gefäßlasergeräte behandelt.

Auf einen Blick

  • Besenreiser sind kleinste, direkt sichtbar unter der Hautoberfläche gelegene Krampfadern (Mikrovarizen).
  • Besenreiser stellen immer ein kosmeti-sches Problem dar, können aber auch Ausdruck eines medizinisch relevanten Krampfaderleidens sein.
  • Sie entstehen u.a. durch lokalisierte Druckerhöhungen im Bindegewebe.
  • Es gibt vier Krampfadernbehandlungen: endovenöse Radiowellenbehandlung, endovenöse Laserbehandlung mit der Radialfaser, Klebemethode und Mechano-Chemische-Verödung.
  • Zur Behandlung von Besenreisern stehen zwei nichtoperative Methoden zur Wahl: die Mikrosklerotherapie mit Polidocanol (flüssig oder geschäumt) und die Behandlung mit dem Gefäßlaser.

Geschrieben von
Dr. med. Rainer Jokisch - Facharzt für Dermatologie mit der Zusatz­bezeichnung Phle­bo­loge und der Qualifika­tion „Diploma in aesthetic laser medicine“ ­Hautmedizin Kelkheim, Kelkheim am Taunus, www.hautmedizin-kelkheim.de

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