Kolumne: Wimpern klimpern

06.11.2023
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Lange, dichte Wimpern sind ein wichtiges Schönheitsattribut geworden. Wer sie nicht von Natur aus hat, hilft nach. Dafür wird in vielen deutschen Badezimmern abends das Pinselchen gezückt und der Lidrand fleißig mit sogenannten Wimpernwachstumsseren versehen.

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Dipl. Kauffrau Astrid Tomczak LL. M. hat Wirtschaftswissenschaften an der Universität Augsburg sowie Pharmarecht an der Philipps-Universität Marburg studiert und eine Ausbildung zur Heilpraktikerin absolviert. Sie verfügt über Führungserfahrung in unter­schied­lichen Funktionen im Health Care-, Trainings- und Medizinprodukte­bereich.


Wimpern klimpern

Lange, dichte Wimpern sind ein wichtiges Schönheitsattribut geworden. Wer sie nicht von Natur aus hat, hilft nach. Dafür wird in vielen deutschen Badezimmern abends das Pinselchen gezückt und der Lidrand fleißig mit sogenannten Wimpernwachstumsseren versehen. Wie so oft war auch bei dieser Entdeckung Doktor Zufall am Werk. Der hat nämlich vor einigen Jahren erkannt, dass Glaukom-Patienten nach längerfristiger Anwendung ihrer Augentropfen dichte und lange Wimpern bekamen. Findige Kosmetikfirmen haben diese Erkenntnis direkt in entsprechende Produkte umgewandelt, die sich seit Jahren wie warme Semmeln verkaufen. Der kleine Schönheitsfehler: Die Augentropfen sind aufgrund des enthaltenen Hormons als verschreibungspflichtige Arzneimittel zugelassen, die Wimpernseren mit gleichen oder ähnlichen Wirkstoffen als Kosmetikprodukte notifiziert.

Wie das geht, wurde nun auch der Europäische Gerichtshof gefragt. Der EuGH hat eine interessante Erklärung aus seiner juristischen Wundertüte gezaubert (EuGH-Vorabentscheidung vom 13.10.2022 – C-616/20). Und die lautet wie folgt: Ein Produkt, das das Aussehen verbessert, ohne schädliche Eigenschaften zu haben, und das keine gesundheitsfördernden Wirkungen hat, kann kein Arzneimittel sein. Aber: Unter anderem das Bayerische 
Gesundheitsministerium warnt seit 2017 öffentlich vor sehr häufig verstärkter 
Durchblutung des Auges, Augenjucken, Augenreizungen, trockenen Augen, Dunkelfärbung der Haut des Augenlids sowie einer verstärkten, wahrscheinlich irreversiblen Irispigmentierung. Prostaglandin-haltige Arzneimittel zur Senkung des Augeninnendrucks können durch häufige Anwendung ihre Wirksamkeit verlieren. Der Wirkstoff kann in die Muttermilch übergehen und zeigte im Tierversuch embryotoxische bzw. teratogene Wirkungen. Fazit: Ein paar medizinische Fakten hätten dem Prozess gutgetan.

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