FAQ: Meeresschutz

11.03.2021
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Marine Kosmetikwirkstoffe tragen zum Schutz der Meere bei. Was man darunter versteht, haben wir Meeresbiologin Dr. Inez Linke gefragt.

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Unsere Expertin

Dr. Inez Linke Die Autorin studierte in Hamburg und Boston Meeresbiologie und promovierte in Hamburg. Danach arbeitete sie an der Universität Roskilde, Dänemark in der Meeresforschung. Sie ist Mitbegründerin und geschäftsführende Gesellschafterin der 2001 gegründeten Ocean Basis in Kiel.

1. Welche alternativen Inhaltsstoffe aus dem Meer können für Kosmetikprodukte verwendet werden, um das Meer zu schützen?

Die besten Meereswirkstoffe kommen aus marinen Algen. Neben Meeresmineralien und seltenen Spurenelementen enthalten Meeresalgen unter anderem spezielle Algenzucker, Aminosäuren mit UV-Schutz, Vitamine und Polyphenole, die Schutz vor negativen Umwelteinflüssen und freien Radikalen bieten und gleichzeitig feuchtigkeitsspendend und -haltend wirken.

Inzwischen ist es auch gelungen, das im Anti-Aging-Bereich bewährte Kollagen aus Quallen zu isolieren. Diese ursprünglichste Form des Kollagens bietet großartige Eigenschaften im Hinblick auf Feuchtigkeitshaushalt, Schutz und Straffung.

2. Gibt es zu diesen alternativen Inhaltsstoffen einen neuen wissenschaftlichen Erkenntnisstand?

Die positiven Eigenschaften von Algen sind seit Jahrhunderten bekannt und sowohl in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) als auch im Ayurveda beschrieben. Die moderne Forschung versucht, spezielle Wirkungen einzelnen Inhaltsstoffen zuzuordnen. Wir sehen in den ganzheitlichen Algenextrakten mehr als die Summe ihrer Teile. Dennoch forschen wir selbst auch an den Algen und ihren Inhaltsstoffen und entwickeln neue Produkte, in die unsere Erkenntnisse einfließen.

Unsere aktuellen Forschungen befassen sich mit Enzymen und Peptiden aus Algen, welche unter anderem die Entgiftung und Reparatur geschädigter Strukturen verbessern.

3. In welchen Kosmetikprodukten finden sie ihren Einsatz?

Prinzipiell können Meereswirkstoffe in allen möglichen Kosmetikprodukten wie Cremes, Lotionen, Seren und Gelen eingearbeitet werden.

Dabei gibt es verschiedene Ansätze: Produkte mit Meersalz, mit natürlichem Meerwasser und/oder mit einzelnen Algenwirkstoffen (zum Beispiel Alginat), sowie mit der gesamten Alge. Diese kann in Form eines flüssigen Extraktes oder in Pulverform eingearbeitet werden. Die Extrakte können als Auszüge gewonnen oder fermentativ veredelt werden. In der Meereskosmetik können entweder eine Algenart oder eine Kombination von verschiedenen Algen verwendet werden.

4. Wie unterscheiden sich die Wirkweisen von den herkömmlichen Inhaltsstoffen?

Die Mineralstoffe im Meerwasser und in den Algenextrakten sind in ihrer Komposition den Mineralien im Blutplasma und in der extrazellulären Flüssigkeit sehr ähnlich. Daher gleichen sie stark dem inneren Milieu der Haut und machen die Wirkstoffe für die lebende Hautschicht (Stratum basale) bioverfügbar. Im Gegensatz zu Landpflanzen haben Algen keine Wurzeln, durch die sie die Nährstoffe und das Wasser aufnehmen. Sie nehmen stattdessen die Mineralstoffe und Spurenelemente über ihre gesamte Oberfläche direkt aus dem Meerwasser auf und können sie in sehr hohen Konzentrationen anreichern.

Deshalb haben Algen die höchste Mineralstoffdichte aller Pflanzen: Ein Kilogramm frische Algen enthalten Meereswirkstoffe aus rund 10.000 Litern Meerwasser. Algen enthalten alle Elemente, die der menschliche Körper benötigt. Gleichzeitig sind diese organisch gebunden, sodass der Körper sie gut verwenden kann. Der Feuchtigkeitshaushalt wird durch Natrium, Kalium und Chlorid verbessert, Selen erhöht die Widerstandsfähigkeit gegen oxidativen Stress und Zink und Strontium lindern den Juckreiz bei Hautkrankheiten.

Da die Algenextrakte eine Vielzahl an Substanzen beinhalten, wirken diese synergistisch und damit ganzheitlich auf die Haut.

5. Wie kann die Kosmetik ihren Beitrag zum Meeresschutz leisten?

Insbesondere die maritime Naturkosmetik kann durch den Verzicht auf chemische Inhaltsstoffe die Meeresumwelt schützen.

Die in Sonnenschutzcremes verwendeten chemischen Filter schädigen beim Baden im Meer das Phytoplankton – die Lebensgrundlage vieler Meerestiere. Die Nanopartikel der physikalischen Lichtschutzfilter Titandioxid und Zinkoxid lassen das aggressive Wasserstoffperoxid (H2O2) entstehen, das unter anderem für die Korallenbleiche verantwortlich ist. Weitere Zusatzstoffe wie Mikroplastik und Nanopartikel gelangen beim Duschen und Waschen in die Kläranlagen und können dort nicht herausgefiltert werden. So gelangen sie dann entweder in den Trinkwasserkreislauf oder ins Meer.

6. Welche positiven Umweltauswirkungen ergeben sich aus Meeres-Inhaltsstoffen?

Algen erfüllen eine wichtige Funktion für die Meeresumwelt, da sie ausgedehnte Unterwasserwälder bilden und so einen wichtigen Lebensraum für zahlreiche Meeresbewohner darstellen. Diese Unterwasserwälder bilden außerdem vergleichbar viel Sauerstoff wie die tropischen Regenwälder. Sie binden CO2, nehmen überschüssige Nährstoffe auf und verbessern somit die Wasserqualität. Besonders aus diesem Grund ist es wichtig, für die Kosmetik nur Algen aus nachhaltiger Wildsammlung oder aus Algenfarmen zu verwenden. Dies schont die natürlichen Bestände und hat nachweisbar positive Auswirkungen auf die Umwelt. Kultivierte Algen zeichnen sich durch strikte Qualitätskontrolle und Sauberkeit aus – eine wichtige Voraussetzung für die Verwendung im Naturkosmetikbereich, aber auch für die Biotechnologie.

7. Wie kann die Kosmetikerin ihren Beitrag zum Meeresschutz leisten?

Die Fachkosmetikerin sollte am besten mit Produkten arbeiten, die kein Mikroplastik oder andere bedenkliche Stoffe enthalten. Wenn sie mit Meereskosmetik arbeitet, sollte sie darauf achten, dass die Algen in den Produkten aus nachhaltiger Kultivierung stammen.

Außerdem sollte sie sich immer genau darüber informieren, welche Meereswirkstoffe in die Kosmetika eingearbeitet sind, da verschiedene Algen unterschiedliche Wirkungen haben. Am wirkungsvollsten sind Naturkosmetikprodukte, die natürliches Meerwasser und Algenextrakte enthalten. Die Kosmetikerin kann darüber hinaus ihre Kunden aufklären, keine Produkte mit meeresumweltbelastenden Inhaltsstoffen zu verwenden. Beim Strandbesuch sollten als Sonnenschutzprodukte keine Aerosol-Sprays oder chemischen Sonnencremes verwendet werden.

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