Von innen und außen gegen Hautalterung

15.12.2022
Foto: nadisja/Shutterstock.com,

Oligomere Proanthocyanidine, auch oligomere Procyanidine (OPC), sind in Pflanzen natürlich vorkommende Stoffe, die zur Gruppe der Flavonoide gehören und den übergeordneten ­Polyphenolen zuzuordnen sind. Ein Blick auf die Studienlage zeigt ihr Potenzial als Anti-Aging-Wirkstoff.

Die Anwendung von Naturprodukten, insbesondere von Pflanzenstoffen, zur Verbesserung unerwünschter Anzeichen gealterter Haut erfolgt seit sehr langer Zeit. Polyphenole sind die größte und am besten untersuchte Gruppe von pflanzlichen Sekundärmetaboliten mit bekannten antioxidativen ­Eigenschaften. Sie können als Phenolsäuren, Flavonoide, Stilbene, Lignane und andere Polyphenole mit Hydroxylgruppen, die an das Kohlenstoffatom am aromatischen Ring gebunden sind, kategorisiert werden.

Heute gibt es ein evidenzbasiertes Wissen darüber, dass die äußerliche (topische) oder innerliche (orale) Verabreichung von Polyphenolen unerwünschte Zustände der Hautalterung verhindern oder reduzieren kann.

Vorkommen und biologische Wirkung

OPC kommen vor allem in Traubenkernen (Traubenkernmehl), der Schale und dem Laub roter Trauben, in den roten Häutchen von Erdnüssen, in Kokosnüssen, in Äpfeln und in der Rinde der Strandkiefer vor. Besonders die Schalen und Kerne sowie die Kerngehäuse enthalten hohe Mengen an OPC. Die Hauptwirkung der OPC oder ihrer Metaboliten liegt in ihrer antioxidativen Wirkung. Das bisher stärkste beschriebene OPC-Antioxidant ist 18,4-mal so stark wie Vitamin C und 50-mal so stark wie Vitamin E.

Polyphenole

Polyphenole sind aromatische Verbindungen, die zwei oder mehr direkt an den aromatischen Ring gebundene Hydroxylgruppen enthalten und zu den sekundären Pflanzenstoffen gerechnet werden.

Natürliche Polyphenole kommen in Pflanzen als bioaktive Substanzen wie Farbstoffe (Flavonoide, Anthocyane), Geschmacksstoffe und Gerbsäuren (Tannine) vor und sollen die Pflanze vor Feinden schützen oder durch ihre Farbe Insekten zur Bestäubung anlocken.

OPC sind Katalysatoren, die die positiven Wirkungen von Vitamin A, C und E verstärken können. Sie passieren auch die Blut-Hirn-Schranke und können somit möglicherweise Hirngewebe vor oxidativem Stress schützen. Auch werden weitere Effekte beschrieben wie die Verlangsamung der Zelloxidation, Hemmung der Thrombozytenaggregation (Blutverdünnung), Senkung des LDL-Cholesterins, Senkung des Blutdrucks, Vasodilatation und entzündungshemmende Wirkung. Die Wirkung von OPC scheint durch die Anwesenheit anderer Substanzen im Sinne eines Synergismus günstig beeinflussbar zu sein. Zu diesen Substanzen gehören neben der Ascorbinsäure (Vitamin C) auch Rutin, Hespiridin und Quercetin sowie weitere Bioflavonoide.

Pinus Pinaster Bark Extract

Pinus Pinaster Bark Extract gilt als einer der am besten erforschten Inhaltsstoffe, die auf dem Markt verfügbar sind, und hat sich nicht nur in der Kosmetik, sondern auch in der Naturheilkunde als Wirkstoff etabliert. Mit mehr als 450 wissenschaftlichen Veröffentlichungen wurden Qualität, Sicherheit, Unbedenklichkeit in der täglichen Anwendung sowie die klinische Wirkung dieses Ingrediens sorgfältig geprüft. Gewonnen wird der Wirkstoff als natürlicher Pflanzenextrakt aus der Rinde der französischen Seekiefernrinde. Die INCI-Bezeichnung in kosmetischen Produkten lautet Pinus Pinaster Bark Extract. Der Wirkstoff ist hydrophil, lässt sich gut in Seren einarbeiten und enthält eine einzigartige Kombination aus Procyanidinen, Bioflavonoiden und Phenolsäuren.

Wird OPC aus Traubenkernen herangezogen, so lautet die INCI-Bezeichnung Palmitoyl Grape Seed Extract. Im Gegensatz zu Pinus Pinaster Bark Extract ist der Wirkstoff öllöslich und wird vorzugsweise in Öl-in-Wasser-Emulsionen eingearbeitet. Die antioxidative Aktivität der Proanthocyanidine in Traubenextrakten (Catechin, Epicatechin, Procyanidin B1 und Procyanidin) wird für Anti-Aging-Konzepte und Präventionsstrategien gegen oxidativen Hautstress genutzt. Es wird berichtet, dass Traubenkern-Proanthocyanidine UV-induzierten oxidativen Stress und die Aktivierung von MAPK- und NF-ĸB-Aktivität in humanen epidermalen Keratinozyten hemmen kann.1

Topisch applizierte Polyphenole können allerdings nur dann die gewünschten biologischen Aktivitäten entfalten, wenn sie aus der kosmetischen Formulierung gut freigesetzt werden und die Barriere des Stratum corneum überwinden. Die Freisetzung und die nachfolgende Hautpermeation hängen maßgeblich von dem Molekulargewicht, der Lipophilie und der Vehikelformulierung ab.

Orale Einnahme

Neben äußerlichen Pflegemaßnahmen sind Ernährungsstrategien zur Förderung der Hautgesundheit von wachsender Bedeutung, um Schäden durch UV-Strahlung vorzubeugen. In den letzten Jahren deutet eine wachsende Zahl von Studien darauf hin, dass die positiven Auswirkungen von Nutricosmetics über den Lichtschutz hinausgehen.

In einer Übersichtsarbeit wird dies am Beispiel von Pinus Pinaster Bark Extract aufgezeigt. Die Daten liefern überzeugende Belege dafür, dass die Einnahme dieses Inhaltsstoffs die UV-induzierte Hyperpigmentierung der Haut verringert, die Hautbarrierefunktion optimiert und das Gleichgewicht der extrazellulären Matrix (ECM) verbessert.2

Unterstützt werden diese Resultate durch eine Placebo-kontrollierte, doppelblinde und Cross-over-Interventionsstudie mit chinesischen Probanden, die ebenfalls eine signifikante Verbesserung der Hautbeschaffenheit nachwies, wie Anstieg der Hautfeuchtigkeit, Reduktion des TEWL und der Pigmentierung sowie Erhöhung der Hautelastizität.3

Gleichsam zeigen Literaturdaten, dass auch der Verzehr von Antioxidantien aus Weintrauben bei verschiedenen Gesundheitszuständen erhebliche Vorteile bei der Verringerung von oxidativem Stress bietet. In einer Übersichtsarbeit wird der Nachweis erbracht, dass Antioxidantien aus Weintrauben positive Auswirkungen auf chronische Stoffwechselkrankheiten wie Diabetes und Bluthochdruck haben und die Entwicklung von chronischen Nierenerkrankungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verhindern helfen.4

Die in Studien beobachteten Effekte sind nicht stets nur auf OPC selbst beschränkt. Endgültig ist hier noch nicht geklärt, ob mögliche Metaboliten, die durch bakterielle Zersetzung im Darm oder durch den menschlichen Stoffwechsel entstehen, die eigentlichen Wirksubstanzen sind.4

Der Verzehr von Rotwein aus OPC-haltigen Trauben und deren Wirkung auf die Hautfarbe und Hautfeuchtigkeit ist jüngst bei gesunden japanischen Frauen untersucht worden. Die Daten zeigen, dass Rotwein-OPCs eine hautaufhellende Wirkung haben, feuchtigkeitsspendend wirken und zu einem signifikanten Anstieg des Wassergehalts des Stratum corneum im Vergleich zum Ausgangswert führen.5

Ausblick

Infolge ihrer guten Verfügbarkeit, Hautverträglichkeit und ihres enormen antioxidativen Potenzials sind OPC ideale Wirkstoffkandidaten für viele kosmetische Produkte – auch für solche, die im Trendsegment „Skin Health- und Anti-Glycation“ lanciert werden. Denn: Nach aktuellem Kenntnisstand sind Sauerstoff, reaktive Sauerstoff-Species (ROS) und redoxaktive Übergangsmetalle maßgebliche Booster im mehrstufigen Hautverzuckerungsprozess.

Werden freie Radikale effizient neutralisiert und wird der Entstehung von durch Zucker glykierten Proteinen oder Lipiden (Advanced Glycation Endproducts, abgekürzt AGEs) entgegengewirkt, so helfen Polyphenole dabei, die Verzuckerung zu hemmen, Haut- und Gefäßschäden vorzubeugen und den Prozess der Hautalterung zu verlangsamen. Eine ergänzende innerliche Einnahme ist sinnvoll, um lokal und systemisch hohe Schutzeffekte zu erzielen.

Literatur
  1. Csekes, E. et al., Skin Aging, Cellular Senescence and Natural Polyphenols, Int J Mol Sci, 2021 Nov 23; 22(23):12641
  2. Greter-Beck, S. et al., French Maritime Pine Bark Extract (Pycnogenol®) – Effects on Human Skin: Clinical and Molecular Evidence, Skin Pharmacol Physiol, 2016; 29 (1): 13–7
  3. Zhao, H. et al., Pycnogenol® intake benefits the skin in urban chinese outdoor Workers, Skin Pharmacol Physiol 2021; 34: 135–45
  4. Jixiao, Zhu et al., Could grape-based food supplements prevent the development of chronic kidney disease? Crit Rev Food Sci Nutr, 2020; 60(18):3054–62
  5. Tsuchiya, T. et al., Effects of oligomeric proanthocyanidins (OPCs) of red wine to improve skin whitening and moisturizing in healthy women – a placebo-controlled randomized double-blind parallel group comparative study. Eur Rev Med Pharmacol Sci, 2020 Feb;24(3):1571–1584
Weiterführende Literatur

Ni, Z. et al., Treatment of melasma with Pycnogenol. Phytother Res. 2002 Sep;16 (6): 567–71

Strong, J. M., French maritime pine bark extract (Pycnogenol®) and the use of health supplements in the age of personalized medicine. Panminerva Med. 2011 Sep;53 (3 Suppl 1): 1–2

Furumura, M. et al., Oral administration of French maritime pine bark extract (Flavangenol [®]) improves clinical symptoms in photoaged facial skin. J Clin Interv Aging. 2012;7: 275–86

Nishioka, K. et al., Pycnogenol, French maritime pine bark extract, augments endothelium-dependent vasodilation in humans. Hypertens Res. 2007 Sep;30(9): 775–80

Maimoona, A. et al., A review on biological, nutraceutical and clinical aspects of French maritime pine bark extract. J Ethnopharmacol. 2011 Jan 27;133(2): 261–77

Grases, F. et al., Effect of consuming a grape seed supplement with abundant phenolic compounds on the oxidative status of healthy human volunteers. Nutr J. 2015 Sep 9; 14: 94

Zhao, J. et al., Anti-tumor-promoting activity of a polyphenolic fraction isolated from grape seeds in the mouse skin two-stage initiation-promotion protocol and identification of procyanidin B5-3‘-gallate as the most effective antioxidant constituent. Carcinogenesis. 1999 Sep;20(9): 1737–45

Sano, A. et al., Procyanidin B1 is detected in human serum after intake of proanthocyanidin-rich grape seed extract. Biosci Biotechnol Biochem. 2003 May;67(5): 1140-3

Rodríguez-Pérez, C. et al., Grape Seeds Proanthocyanidins: An Overview of In Vivo Bioactivity in Animal Models. Nutrients. 2019 Oct 12;11(10): 2435

Foto: Autorin

Dr. Sabine Gütt,
Kosmetologin, Cosmetic Consultant
(unter anderem für die MarkeReviderm)
in den Bereichen Produktentwicklung,
Behandlungskonzepte und Trainingsmanagement

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