Vitamin-Lexikon für Hautpflege: Von A bis K

30.06.2020
Fotos: All kind of people/Shutterstock.com

Zusammen mit den endogen erzeugten Enzymen kontrollieren Vitamine biochemische Reaktionen im Körper. Während Verluste der katalytisch wirksamen Enzyme immer wieder durch Neubildung ausgeglichen werden, verbrauchen sich Vitamine, obwohl sie meist in endogene Kreisprozesse eingebunden sind, wo sie bis zu einem gewissen Grad recycelt werden. Beispiel: Nach antioxidativer Wirkung werden die meisten, aber nicht alle ab­reagierten Vitamin-E-Moleküle durch Vitamin C wieder regeneriert. Nach einer gewissen Zeit ist ein exogener Nachschub notwendig.Vitamine haben topisch und abhängig von der applizierten Dosis eine völlig andere Wirkung als im intra-physiologischen Kontext.

Ein signifikantes Beispiel ist das Vitamin C, das als freie Ascorbinsäure in hoher Konzentration äußerlich wie eine AHA-Säure keratolytisch wirkt. Vitamin B12 wird topisch erst gar nicht resorbiert und verfügt auf der Hautoberfläche allenfalls über eine aufgrund der hohen Molekularmasse geringfügige Antioxidans-Wirkung. Provitamin B5 wiederum entwickelt neben seinen originären Wirkungen zusätzliche Effekte auf der Haut, die physiologisch gar nicht vorgesehen sind – wie etwa die Erhöhung der Hautfeuchte oder die Penetrationsverstärkung für andere exogene Wirkstoffe.

Die Werbung vereinigt gerne die kosmetischen Wirkungen der Vitamine auf der Hautoberfläche mit den literaturbekannten Effekten bei Mangelerscheinungen, die jedoch bei ausgeglichener Lebensweise nicht eintreten. In der Übersicht ab Seite 16 werden nur die kosmetischen Wirkungen und die daraus resultierenden Einsatzzwecke beschrieben.

1 Die zahlenmäßigen Lücken in der Nummerierung der Vitamine sind historisch bedingt, weil bei manchen Substanzen, die anfänglich als B4, B8, B10 und B11 bezeichnet wurden, die vermutete Vitamineigenschaft später nicht bestätigt werden konnte.

2 Nicht aufgenommen in der Tabelle und in den Verwendungszweck sind die in der Literatur beschriebenen, typischen Vitamin-Mangelerscheinungen, die bei normaler europäischer Ernährungsweise nicht auftreten. Funktion und Vorkommen wurden beschrieben in H. Lautenschläger, Vitamine in der Kosmetik, medical Beauty Forum 2011 (1), 14–16 und (2), 16–18.

3 Die Trägerfunktion (Carrier) von Liposomen und Nanodispersionen beruht auf ihren Gehalten an nativem Phosphatidylcholin, das die Hautbarriere fluidisiert und für Wirkstoffe durchlässiger macht.

4 Bei Derivaten handelt es sich um chemische Modifizierungen der Vitamine, die in der Haut enzymatisch zu den freien Vitaminen transformiert werden. Als Nebenprodukte entstehen dabei andere physiologische Stoffe wie etwa Essigsäure, Propionsäure, Palmitinsäure, Stearinsäure, Linolsäure, Phosphorsäure oder Alkohol.

5 Provitamine sind natürlich vorkommende, physiologische Verbindungen, die in der Haut enzymatisch in Vitamine umgebaut werden.

6 Ersatzstoffe: Damit sind Wirkstoffe gemeint, die keine strukturelle Gemeinsamkeit mit den Vitaminen haben, aber (partiell) ähnliche kosmetische Wirkungen aufweisen.

7 BfR: Bundesinstitut für Risikobewertung

Übersicht: die wichtigsten Vitamine in der Hautpflege

Vitamin¹Chemischer Name oder AliasVerwendungszweck in der Kosmetik²Synergien & BeschränkungenTräger³ und VerarbeitungKosmetische StabilisierungDerivate4, Provitamine⁵ und Ersatzstoffe⁶Vitamin ARetinol
Vorkommen: Pflanzenöle (Carotinoide);synthetischRegeneration: Stimulation von Zellwachstum und Collagenbildung
Unreine (Akne) Haut
Altershaut
Narben und Verhornungsstörungen
In der Haut Oxidation zu Vitamin A-Säure (INN: Tretinoin), die als kosmetischer Inhaltsstoff verboten ist.

Irritationsschwelle (Hautrötungen) und Toleranz steigen bei fortgesetzter Verwendung Anfangs niedrig dosieren! Rezeptoren vermehren sich. Nicht bei Sonne verwenden!

BfR7 (31.1.14): Nicht in Lippen- und Körperpflegeprodukten verwenden; nur Gesichts- und Handpflege

Regeneration: Kombination mit Vitamin B3

Ölphase von Emulsionen Nanodispersionen (Carrier) mit Trägerölen

Retinoide sind sauerstoff- und lichtempfindlich Kombination mit Vitamin C und/ oder Vitamin E Lichtundurchlässige Behälter

Derivate (Ester): Retinyl-Acetat, Retinyl-Propionat und Retinyl-Palmitat werden häufiger als das freie Vitamin A verwendet; Spaltung durch dermale Esterasen.
Retinal (Aldehyd): Vorstufe von Vitamin A-Säure Provitamine: β-Carotin und andere Carotinoide 3-Dehydroretinol (Vitamin A2)

Vitamin B1Thiamin
Alias: Aneurin
Vorkommen: Hefeextrakt; synthetischUnreine Haut
Vergesellschaftet mit anderen B-Vitaminen in Hefeextrakten

Die Zersetzung durch Wärme und langsam auch in Wasser erzeugt ein fleischähnliches Aroma. Daher Verluste bei der Lagerung wässriger Kosmetika Wegen des Geruchs selten in Kosmetika

Wasserphase von Emulsionen Liposomen (Carrier)

Im wässrigen Medium nicht stabil. Der diesbezügliche Geruch, auch von Hefeextrakten, wird vielfach nicht akzeptiert.

Alternative: Verwendung als stabiler Feststoff in NahrungsergänzungsmittelnVitamin B2Riboflavin
Vorkommen: Hefeextrakt; biotechnologischGelber Lebensmittelfarbstoff (E 101)
An der Bildung von Oxidoreduktasen (Enzyme) beteiligtWegen Farbe und geringer Löslichkeit alsReinstoff nur selten eingesetztWasserphase von EmulsionenKosmetisch stabilAlternative: NahrungsergänzungsmittelVitamin B3 (nicht essenziell)Niacin (Nicotinsäure) oder Niacinamid (Nicotinsäureamid); übliche Form in Kosmetika
Vorkommen: Hefeextrakt; synthetischNiacinamid:
Hautregeneration (inkl. Barriere)
Entzündungshemmung
Hemmung der Melaninbildung
Reduzierung der SebumproduktionNiacinamid:Synergie mit Tranexamsäure (gegen Hyperpigmentierung)Regeneration: Kombination mit Vitamin ANiacinamid: Wasserphase von Emulsionen Liposomen (Carrier)Nicotinsäure und Nicotinsäureamid sind kosmetisch stabil.

Derivate: Nicotinsäureester wirken je nach Alkoholkomponente mehr oder weniger gefäßerweiternd (hyperämisierend). Tocopheryl-Nicotinat (Ester mit Vitamin E) fördert die Mikrozirkulation der Haut. Nicotinsäurebenzylester ist Bestandteil von wärmenden Rheumasalben.

Vitamin B5Pantothensäure
Vorkommen: Hefeextrakt; synthetisch; in der Regel wird D-Panthenol als Provitamin verwendetD-Panthenol:
Moisturizer
Entzündungshemmung
Zellneubildung
Epithelisierung
Juckreizhemmung

Vorbehandlung mit D-Panthenol bei kosmetischen Masken. Durch die Tonisierung nimmt die Haut die Maskenwirkstoffe leichter auf.

D-Panthenol:
Wasserphase von Emulsionen
D-Panthenol ist ein PenetrationsverstärkerD-Panthenol und Pantothensäure sind kosmetisch stabil.Das Provitamin D-Panthenol ist eine sehr häufig verwendete Kosmetik-Komponente.Vitamin B6Pyridoxin (Alkohol) oder Pyridoxal (Aldehyd) oder Pyridoxamin (Amin)
Vorkommen: Bierhefeextrakt; synthetischAnwendung bei seborrhoischer Haut
Unreine Haut

Hefeextrakt wird meist statt der reinen Komponenten bevorzugt: Hydrochlorid des Pyridoxins Pyridoxal ist die stabilste unter den drei Formen des Vitamins.

Wasserphase von Emulsionen
Liposomen (Carrier)

In wasserhaltigen Kosmetika nicht über längere Zeit stabil; daher nicht oft als Reinstoff verwendet.

Alternative: NahrungsergänzungsmittelVitamin B7Biotin
Alias: Vitamin H
Vorkommen: Hefe- und Weizenkeimextrakt; synthetischWachstumsstörungen der Haare, der Nägel und der HautGeringe Wasserlöslichkeit Kombination mit Allantoin (Komplex)Wasserphase von Emulsionen
Liposomen (Carrier)Kosmetisch stabilBedeutung der alten Bezeichnung: Vitamin H (H = „Haut“)Vitamin B9Folsäure
Alias: Vitamin M
Vorkommen: Hefe- und Weizenkeimextrakt;
synthetischSeltener Einsatz in Hautpflegemitteln wegen Instabilität
Regenerationswirkung im Zusammenhang mit anderen B-Vitaminen (Hefeextrakt)

Gelbe Farbe Wasserhaltige Präparate sind auch bei kühler Lagerung nur begrenzt haltbar.

Wasserphase von Emulsionen
Liposomen (Carrier)

Sauerstoff- und lichtempfindlich Kombination mit Antioxidantien Lichtundurchlässige Behälter

Alternative: NahrungsergänzungsmittelVitamin B12Cobalamin
Vorkommen: Hefeextrakt; biotechnologischNutzen in der Hautpflege nicht eindeutig geklärtRote FarbeWasserphase von Emulsionen
Liposomen (Carrier)Cobalamin ist ein Antioxidans.Alternative: NahrungsergänzungsmittelVitamin CAscorbinsäure
Vorkommen: Pflanzliche Extrakte; synthetisch (häufigster Einsatz)Antioxidans
Radical Scavenger
Liposomales Ascorbyl-Phosphat (AP) in niedriger Konzentration:
Tyrosinase-Hemmung
Collagenase-Hemmung
Stimulation der Collagen-Synthese

Fruchtsäure-analoge Keratolyse durch konzentrierte freie Säure Liposomales AP penetriert im Gegensatz zur freien Säure und kann bei Laserbehandlungen die Melaninbildung in niedriger Konzentration unterdrücken.

Wasserphase von Emulsionen AP-Liposomen (Carrier) Ölphase von Emulsionen: Ascorbyl-
Palmitat, -Stearat

Kombination mit Vitamin EDerivate: Ascorbyl-Phosphat (AP), wasserlöslich
Ascorbyl-Palmitat und Ascorbyl-Stearat, öllöslichVitamin D3 (nicht essenziell)Cholecalciferol
Alias: Calciol
Vorkommen: Geringe Mengen in Avocadoöl, Weizenkeimöl; synthetische Herstellung aus tierischen oder pflanzlichen Vorstufen7-Dehydrocholesterin hat nach dermaler Umwandlung in Vitamin D3 gleiche Funktionen, unter anderem:
Einfluss auf die Bildung antimikrobieller Peptide (AMP)
Einfluss auf die Keratinozyten-Differenzierung (Psoriasis)

Vitamin D3 und Vitamin D2 (Ergocalciferol) in Kosmetika nicht zugelassen UV-Filter sind kontraproduktiv für die endogene Synthese von Vitamin D

7-Dehydrocholesterin: Ölphase von Emulsionen Nanodispersionen (Carrier) mit Trägerölen7-Dehydrocholesterin: LichtempfindlichDas Provitamin 7-Dehydrocholesterin wird durch UV-B-Strahlung in Vitamin D3 umgewandelt.
Alternative: NahrungsergänzungsmittelVitamin Eα-, β-, γ- und δ-Tocopherol (Pflanzenöle)dl-α-Tocopherol (Isomerengemisch, synthetisch)Antioxidans, z. B. in Verbindung mit Vitamin A und C
Epithelisierung
Hautfeuchte

Bei zu hoher Dosierung und UV-Strahlung Bildung von Radikalkettenreaktionen

Ölphase von Emulsionen Nanodispersionen (Carrier)

Kombination mit Vitamin C
Ester werden erst nach Spaltung durch dermale Esterasen antioxidativ wirksam.

Die Derivate (Ester) Tocopheryl-Acetat, Tocopheryl-Palmitat, Tocopheryl- Linoleat werden sehr häufig verwendet.Vitamin KK1: Phyllochinon (synthetisch) oder K2: Menachinon (Darmflora)K1: Reduzierung von Hautrötungen (Rosacea),
K2: Stabilisierung der Blutkapillaren (Rosacea,Couperose)In Kosmetika seit 2009 wegen der Gefahr einer Vorsensibilisierung (bei Operationen) verbotenÖlphase von Emulsionen Nanodispersionen (Carrier) mit TrägerölenLichtempfindlich
Lichtundurchlässige Behälter

Das physiologische Vitamin K-Epoxid ist nicht verboten, obwohl es topischallergologisch kritischer als Vitamin K zu bewerten ist. Ersatzstoffe bei Rosacea und Hautrötungen: Mäusedornextrakt, Tranexamsäure, Echinacea-Extrakt, Boswelliasäuren

Dr. Hans Lautenschläger,

Dr. Hans Lautenschläger,

Chemiker, geschäftsführender Gesellschafter, Koko Kosmetikvertrieb GmbH & Co. KG,
Leichlingen,

www.dermaviduals.de

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