Kernige Kosmetik

02.08.2023
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Apfel, Nuss und Mandelkern – keine Sorge, der Nikolaus klopft nicht an, sondern es geht um einen Einblick in kernige Zusammensetzungen, die in Nahrung und Hautpflege eine Rolle spielen.

Zu den Früchten und Samen, die von einer holzähnlichen Schale umschlossen sind, gehören die Nüsse, aber auch Hülsenfrüchte wie die Erdnüsse, Steinfrüchte wie die Pistazien, die kleinen Fruchtkerne der Hagebutten und Kernobst wie die Äpfel.

Nicht jede Nuss ist wirklich eine Nuss im streng botanischen Sinne. Jedoch geht es beim Thema Kerne weniger um exakte biologische Stammbäume als um die Inhalte und Gemeinsamkeiten prominenter Vertreter. Ihre Zusammensetzungen sind dafür entscheidend, für welche Zwecke sie in der Kosmetik infrage kommen.

Die Anteile einzelner Komponenten, wie etwa der Fettsäuren, können variieren, da sie von der Provenienz (Herkunft) der aus den Kernen resultierenden jeweiligen Öle, deren Charge, vom Zeitpunkt der Analyse, von der Aufbereitung (Extraktions- und Raffinationsmethoden, Bedingungen bei der Pressung)1 und nicht zuletzt vom messenden Labor abhängig sind. Die Literaturquellen2 sind hinsichtlich dieser Informationen häufig zurückhaltend, sodass man den Daten eine gewisse Bandbreite zugestehen muss. Im Zweifelsfall sollte auf das Analysenzertifikat des Herstellers zurückgegriffen werden.

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Walnuss – serotoninreich

Schon der erste Vertreter der Schalenfrüchte, die Walnuss, fällt durch eine Besonderheit auf. Es ist der hohe Serotoningehalt von etwa 280 Milligramm pro Kilogramm, der sämtliche Obst- und Gemüsesorten übertrifft. Serotonin ist ein Neurotransmitter, dessen Mangel unter anderem bei Depressionen und Migräne auffällt. Für die Kosmetik und die Pflegeeigenschaften ist die Fettsäurezusammensetzung des ausgepressten fetten Öls (INCI: Juglans Regia Seed Oil) von Interesse. Es dominiert Linolsäure mit etwa 54 bis 65 Prozent neben α-Linolensäure (9 bis 15 Prozent) und Ölsäure (13 bis 21 Prozent). Die Gehalte an gesättigten Fettsäuren betragen sechs bis acht Prozent Palmitinsäure und ein bis drei Prozent Stearinsäure. Wichtig: Sie sind Bestandteile der Hautbarriere.

Die Fettsäuren der Öle liegen als Triglyceride vor, also als Ester des Glycerins. In der Haut werden die Triglyceride durch esterspaltende Enzyme in die freien Fettsäuren und Glycerin zerlegt. Letzteres ist Bestandteil des Natural Moisturizing Factors (NMF) der Haut.

Extrakte aus den noch grünen Walnussschalen enthalten Juglon (5-Hydroxy-1.4-naphthochinon) und erzeugen einen braunen Teint auf der Haut. Produkte dieser Art werden seit Jahrzehnten mit Bezeichnungen wie Tiroler Nussöl assoziiert.

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Erdnuss – oxidationsstabil

Generell enthalten Nüsse hohe Anteile an essenziellen Fettsäuren, die unter anderem ihre bis zu tiefen Temperaturen flüssige Konsistenz erklären.

Eine Ausnahme bildet das fette Öl der Erdnuss (INCI: Arachis Hypogaea Oil)3, das keine Omega-3-Säure wie die α-Linolensäure, weniger Linolsäure (Omega-64, 12 bis 43 Prozent), dafür aber hohe Anteile an Ölsäure (35 bis 69 Prozent) und gesättigten Fettsäuren (Palmitinsäure: 8 bis 14 Prozent, Stearinsäure: 1 bis 5 Prozent) enthält. Es ist dadurch weniger anfällig gegen Autoxidation (Oxidation durch Luftsauerstoff), die sich durch ranzigen Geruch und Geschmack bemerkbar macht. Der Erstarrungspunkt liegt um den Gefrierpunkt.

Die kosmetische und pharmazeutische Verwertung von Erdnussöl ist in letzter Zeit stark zurückgegangen. Stattdessen werden mehr andere oxidationsstabile mittelkettige Triglyceride verwendet, die durch Raffination aus der Palmöl- oder schon seit einiger Zeit der Kokosöl-Produktion entstammen.

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Macadamianuss – pflegend

Ebenfalls reich an einfach ungesättigten Säuren (etwa 80 Prozent) wie Ölsäure (C18-Omega-9-Fettsäure) und Palmitoleinsäure (C16-Omega-7-Fettsäure) ist die Macadamianuss. Die Anteile essenzieller Fettsäuren sind marginal und die der ­gesättigten Fettsäuren mit etwa 15 Prozent relativ hoch. Macadamianussöl entwickelt dadurch einen guten pflegenden Charakter, während die hoch ungesättigten Öle wie auch Walnussöl aufgrund ihrer Substratfunktion für die hauteigene 15-Lipoxygenase eher in Problembereichen eingesetzt werden. Dabei geht es um eine entzündungshemmende Wirkung, also zum Beispiel bei perioraler Dermatitis, Rosacea und Sonnenbrand.

Macadamianussöl (INCI: Macadamia Ternifolia Seed Oil) hat am Ende der 1980er-Jahre als damalig bestes Pflege-Öl Furore gemacht. In dieser Zeit entwickelte sich auch die „essbare“ Kosmetik.

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Paranuss – hoher Selenanteil

Relativ ausgeglichen ist das Fettsäure-spektrum des Öls der Paranuss (INCI: Bertholletia Excelsa Seed Oil) mit bis zu 25 Prozent gesättigten Säuren, bis zu 45 Prozent Ölsäure und 30 bis 45 Prozent Linolsäure. Eine andere Eigenschaft sticht aber bei der Paranuss hervor – es ist die hohe Selenanreicherung mit etwa zwei Milligramm pro Kilogramm im Fruchtfleisch. Für Paranüsse existieren Importbeschränkungen, nachdem man festgestellt hatte, dass viele Lieferanten nicht in der Lage waren, den häufig zu hohen Aflatoxin-Gehalt zu kontrollieren. Aflatoxine sind toxische Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen.

Cashew-Kerne – walnussartig

Die nussähnlichen Cashew-Kerne gehören botanisch zum Schalenobst. Das aus ihnen gewonnene fette Öl (INCI: Anacardium Occidentale Seed Oil) hat einen Ölsäuregehalt von über 70 Prozent, etwa 12 Prozent gesättigte Säuren und nur etwa 14 Prozent Linolsäure. Bemerkenswert ist der hohe Tryptophan-Gehalt von 238 Milligramm pro 100 Gramm der Kerne. Im menschlichen Körper ist die Aminosäure die Vorstufe für das Serotonin (siehe Walnuss). Dementsprechend werden ihr ähnliche Wirkungen zugeschrieben.

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Pekannuss, Haselnuss, Hanf

Die Pekannuss ist wiederum eine „echte“ Nuss und nahe verwandt mit der Walnuss. Das Fettsäurespektrum des Öls (INCI: Carya Illinoensis Seed Oil) unterscheidet sich allerdings durch den hohen Ölsäuregehalt (57 Prozent). Entsprechend niedriger fallen die Werte für Linolsäure (31 Prozent) und α-Linolensäure (circa 1 Prozent) aus. Die gesättigten Fettsäuren (10 Prozent) sind der Walnuss ähnlich.

Auch aus der Haselnuss lässt sich ein Öl (INCI: Corylus Avellana Seed Oil) pressen. Der Ölsäuregehalt ist auch hier mit 66 bis 83 Prozent hoch, neben 8 bis 25 Prozent Linolsäure und etwa 10 Prozent gesättigten Säuren.

Botanisch echte Nüsse liefert, man sollte es nicht glauben, auch der Hanf. Das Öl (INCI: Cannabis Sativa Seed Oil) der Hanfnüsse gehört zu den trocknenden Ölen und besitzt neben Ölsäure (etwa 15 Prozent) hohe Anteile mehrfach ungesät­tigter essenzieller Fettsäuren, hauptsäch-lich Linolsäure (etwa 55 Prozent), α-Linolensäure (etwa 15 Prozent) und einige Prozente γ-Linolensäure. Hanföl enthält kein berauschendes Tetrahydrocannabinol (THC), allerdings nennenswerte Mengen (etwa zehn Milligramm pro Kilogramm) seiner vermutlichen Vorstufe Cannabidiol (CBD), das als hautschützend und antioxidativ eingestuft wird.5

Foto: Autor
Dr. Hans Lautenschläger

Chemiker, geschäftsführender Gesellschafter Koko Kosmetikvertrieb GmbH & Co. KG, Leichlingen

www.dermaviduals.de

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