Trends beim Sonnenschutz

28.06.2022
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Der globale Sonnenschutzmittel-Markt ist stets im Wandel: neue Regularien, verändertes Verbraucherverhalten und Umweltbewusstsein, Forderungen aus der Dermatologie wegen des Anstiegs sensibler Hautzustände und Karzinome sind die Treiber, die den Markt in Bewegung halten. Sie beeinflussen maßgeblich die Entwicklung von Lichtschutz-filtern und Formulierungen. Was es Neues gibt, was sich Verbraucher wünschen und welche Trends sich erkennen lassen, verrät Kosmetologin Dr. Sabine Gütt.

Der Anforderungskatalog an innovative Lichtschutzmittel steigt: Neben hoher Schutzleistung sollen die Formulierungen lange wirksam und ästhetisch sein, weniger und mehr natürliche Inhaltsstoffe beinhalten, abwaschbeständig und multifunktional sein. Es geht mehr als je zuvor um die Ausschöpfung von Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung des Lichtschutzfaktors, bestmögliche Umweltfreundlichkeit chemischer Filter und hautfreundliche Präparate-Grundlagen. Kosmetikchemiker stehen vor keiner leichten Aufgabe! Sie müssen auf verschiedene Aspekte achten wie die gleichmäßige Abdeckung der Haut, Dicke des Films (für größere Weglänge für Photonen), Verhinderung der Rekristallisation des Filters, Optimierung der Polarität der Ölphase und Ästhetik des finalen Produkts. Die Einbeziehung von Filmbildnern in die Lichtschutz-filter(LSF)-Formulierung ist ein Schlüsselfaktor, um auch auf rauer Hautoberfläche ausreichend Abdeckung und Schutz zu erreichen.

Effizienzsteigerung des LSFs

LSF-Booster sind Inhaltsstoffe, die den Lichtschutzfaktor von chemischen und physikalischen Filtern erhöhen und damit den LSF signifikant steigern. Allein angewandt tragen sie nicht sinnvoll zum Lichtschutzfaktor bei. Aufgrund der regulatorischen Maßnahmen in Hawaii, die die Anwendung von Octinoxat und Oxybenzon in Strandprodukten bereits vor einigen Jahren verboten haben, stieg der Bedarf an LSF-boosternden Technologien vor allem in den USA. Zu den verschiedenen Arten von LSF-Boostern, die derzeit verwendet werden, gehören:

  • Öllösliche und hydrophile Polymer-­Lösungen
  • Polymere Filmbildner/Pulver ­(Polyurethane oder Polyacrylate)
  • Emolliens
  • Wachse
  • Beruhigende Wirkstoffe

Die normale Einsatzkonzentration von LSF-Boostern beträgt ein bis drei Prozent. Die meisten von ihnen wirken durch Erhöhung der UV-Absorption und der Filmdicke des Sonnenschutzes. Andere Wirkmechanismen umfassen die Erhöhung der UV-Streufähigkeit von Sonnenschutzmitteln, die Steigerung der UVA-Abdeckung durch Erweiterung der kritischen Wellenlänge, die Verbesserung der UV-Stabilität von Sonnenschutzmitteln sowie die Verringerung des UV-induzierten Hauterythems. Die Herausforderung bei der Formulierung besteht darin, eine gute LSF-Boosting-Aktivität zu erzielen, ohne das Hautgefühl zu beeinträchtigen. Viele SPF-Booster können zusätzliche Vorteile bieten, zum Beispiel die Verbesserung der Wasch-/Verschleiß-/Reibungsfestigkeit von Formulierungen und die Verringerung des Eindringens von Sonnenschutzmitteln in die Haut. Ingredients, die nachweislich den SPF erhöhen, sind beispielsweise Caprylylglykol, Bisabolol, D-Panthenol und häufig verwendete Antioxidantien wie Tocopherylacetat. Manche Alkylmethylsiloxane können das Hautgefühl verbessern und gleichsam den Lichtschutzfaktor erhöhen.

Ein natürliches filmbildendes Polymer, das speziell für Sonnenschutzanwendungen entwickelt wurde, ist „LexFilm“ MB (Capryloyl Glycerin/Sebacic Acid Copolymer). Es optimiert neben dem LSF-Wert auch die Sensorik und Wasserresistenz der Formulierung. Der 100 Prozent pflanzliche Filmbildner ist biologisch abbaubar und kompatibel mit organischen und anorganischen UV-Filtern.

Bewusstsein und aktuelle Ansprüche der Verbraucher

Sehr hoher Schutz

  • Erhöhter Lichtschutzfaktor (LSF)
  • Verlängerte Produktlebensdauer
  • Höhere Beständigkeit gegen ­Abwaschen

Gute Ästhetik

  • Verbesserte Sensorik
  • Keine Gelbverfärbung von Textilien

Nicht ölig/nicht fettend

Natürliche Formulierungen

  • Innovative Formen
  • Einfache Anwendung mit angenehmem After-Feel

Hautfreundliche Präparate-Grundlagen

Die Formulierung eines emulgatorfreien Sonnenschutzmittels kann mit Polymeren erfolgen wie zum Beispiel „Pemulen“ TR-2 (Acrylates/C10-30 Alkyl Acrylate Crosspolymer) in einer Konzentration von 0,15 bis 0,25 Prozent. Die hydrophoben Gruppen dieses Polymers stabilisieren den Ölgehalt, wobei Formulierungen bis zu einem Lichtschutzfaktor von bis zu 30 stabil bleiben.

„Pemulen“ ist ein hochmolekulares, vernetztes Copolymer aus Acrylsäure und einem hydrophoben C10-30-Alkylacrylat-Comonomer. Es ist ein nicht-ethoxyliertes und vielseitiges Polymer, das stabile und gleichsam milde Emulsionen mit niedriger Viskosität liefert. Es ermöglicht die Formulierung von stabilen Emulsionen auch bei erhöhten Temperaturen ohne den Einsatz von irritierenden Tensiden. Es ist der Hautbarriere zuträglich und wird auch von hochempfindlicher Haut gut toleriert.

Beispiele für Wirkmechanismen der LSF-Booster

LSF-BoosterBeispieleWirkungHydrophile PolymereStyrol/Acrylat-Copolymer (ein 350 nm hohles Partikel, das UV streut; einer der am häufigsten verwendeten LSF-Booster auf dem Markt) PVP/Dimethiconylacrylat/Polycarbamyl/Polyglykolester
Acrylate/Methacryloyloxyethylphosphat Copolymerbilden Filme. Dies führt zu einer Erhöhung der UV-Absorption, indem die optische Weglänge oder die Filmdicke beziehungsweise Schichtdicke auf der Haut erhöht wird.Öllösliche PolymereBis-PEG-12 Dimethicon-Candelillat, VP Eicosene Copolymer, Tricontanyl/PVP, C30-38 Olefin-Isopropylmaleat/MA-Copolymer, Bis-Hydroxyethoxypropyldimethicons.o.Polymere und nicht-­polymere WachseBienenwachsbilden auch feste Sonnenschutzmittel, die Partikel in Öl in Wasseremulsionen enthalten. Diese können die UV-Absorption und -Streuung erhöhen, was auch die optische Weglänge ­erhöhen kann.Emolliens, WirkstoffeCarthamus Tinctorius (Saflor) Oleosomen (und) Carthamus Tinctorius (Saflor), C20-40 Alkohole, Ethylhexyl Methoxycrylen, Diethylhexyl 2,6-Naphthalat, Phenylethylbenzoat, ButyloctylsalicylatUm kristalline Sonnenschutzmittel (zum Beispiel Avobenzon) aufzulösen, die UVA-Abdeckung durch Erhöhung der kritischen Wellenlänge zu ­erweitern und die Photostabilität von Avobenzonen zu verbessern.

Umweltfreundliche ­Filtersysteme

Im Trend liegen chemische Filter, die nicht nur einen hohen Lichtschutz ermöglichen, sondern die gleichsam ein leichtes Hautgefühl vermitteln. Dazu zählen auch „Tinosorb“ A2B (Tris-Biphenyl Triazine (and) Aqua (and) Decyl Glucoside (and) Butylene Glycol (and) Disodium Phosphate (and) Xanthan Gum) und „Tinosorb“ M (Methylene Bis-Benzotriazolyl Tetramethylbutylphenol (and) Aqua (and) Decyl Glucoside (and) Propylene Glycol (and) Xanthan Gum. Sie werden in der Wasserphase eingearbeitet und fühlen sich somit leicht an. Zudem ist Nachhaltigkeit gefragt in Bezug auf die Verarbeitung sowie Umweltverträglichkeit und biologische Abbaubarkeit. Bei den chemischen UV-Filtern gibt es mittlerweile eine ganze Reihe, die verträglich gegen UV-Strahlung schützen und nach derzeitigem Stand der Forschung unbedenklich sind. Das allergisierende Potenzial ist gering, und in Studien wurde keine hormonelle Wirkung nachgewiesen (siehe Kasten).

Ausblick

Die zukünftige Richtung in der Formulierung von Sonnenschutzmitteln wird die Verbesserung der LSF-Effizienz und die Verringerung der Hautpenetration von Sonnenschutzmitteln mit weltweit zugelassenen umweltfreundlichen Wirkstoffen beinhalten.

Dr. Sabine Gütt, Kosmetologin, Cosmetic Consultant (u. a. für die Marke Reviderm) in den Bereichen Produktentwicklung, Behandlungskonzepte und Trainingsmanagement.

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