Differenzialdiagnose: Deuten Sie die Zeichen richtig?

20.11.2017
Foto: PD Dr. med. Daniela Höller Obrigkeit

Differenzialdiagnose: Zeichen richtig deuten

Während einer kosmetischen Behandlung inspiziert die Kosmetikerin die Haut ihrer Kundinnen sehr genau. Dabei taucht immer wieder die Frage auf: Was ist das für ein Fleck, kann ich den als Kosmetikerin behandeln und ab wann sollte ich einen Besuch beim Dermatologen anraten.

Insbesondere neu aufgetretene Flecken und Erhebungen im Bereich des Gesichtes, des Halses und der Unterarme empfinden Kundinnen als störend. Dabei handelt es sich um Hauttumoren. Nicht jede neu aufgetretene Hautveränderung ist jedoch ein Krebs. So unterscheidet man gutartige Hauttumoren von bösartigen Hauttumoren. Eines der wichtigsten Unterscheidungsmerkmale eines gutartigen Hauttumors von einem bösartigen ist, dass gutartige Hautveränderungen gut von der Umgebung abzugrenzen sind und nicht in benachbarte Strukturen einwachsen. Bösartige Hauttumoren hingegen wachsen zerstörend in das umgebende Gewebe, in Lymph- und Blutbahnen ein. Über diesen Mechanismen bilden bösartige Hauttumoren Tochtergeschwülste, sogenannte Metastasen, in anderen Organen. Zu den häufigsten gutartigen Hauttumoren zählen Atherome, Lipome, Xanthelasmen, Hämangiome, seborrhoische Keratosen und Pigmentmale.

Gutartige Hauttumoren

Atherome sind unter der Haut gelegene Grützbeutel, die durch den Verschluss des Talgdrüsenausgangs entstehen. Talg sammelt sich in einem Säckchen – einer Zyste – unter der Haut an. Atherome können entweder komplett verschlossen unter der Haut liegen oder aber sich über einen zentralen Porus entleeren können. Atherome können operativ entfernt werden. Wichtig ist hier die Komplettentfernung der Zyste, um ein Rezidiv zu vermeiden.

Lipome sind ebenfalls unter der Haut gelegene gutartige, meist abgekapselte Wucherungen des subkutanen Fettgewebes. Diese nehmen häufig an Größe zu und können je nach Lage auf Gefäße und Nerven drücken. Bei Komplikationen und kosmetisch störender Lokalisation können Lipome operativ entfernt werden.

Bei Xanthelasmen handelt es sich um gutartige Cholesterin- und Fettablagerungen in der Haut als weißlich-gelbliche Plaque. Am häufigsten treten diese Hautveränderungen im Bereich der Augen, insbesondere der Augeninnenwinkel auf. Xanthelasmen werden häufig als kosmetisch sehr störend empfunden und können oberflächlich z.B. mit Hilfe eines abtragenden Lasers (CO2-Laser, Erb-YAG-Laser) entfernt werden. Um Rezidiven vorzubeugen, sollte eine Reduktion des häufig erhöhten Cholesterinspiegels erfolgen.

Fotos: PD Dr. med. Daniela Höller Obrigkeit

Hämangiome (Blutschwämmchen) entstehen durch eine gutartige Vermehrung oberflächlicher Gefäße in der Haut. Hämangiome können an allen Körperstellen auftreten und nehmen mit zunehmendem Alter, aber auch durch Druckveränderungen während einer Schwangerschaft zu. Krankhaft vermehrt, insbesondere im Oberbauchbereich, finden sich Hämangiome bei chronischen Lebererkrankungen. Kosmetisch störende Hämangiome können mittels Lasertechnologie (Farbstoff- oder KTP-Laser) entfernt werden.

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Seborrhoische Keratosen (Alterswarzen) gehen von der Basalzellschicht der Haut aus und entwickeln sich meist in der zweiten Lebenshälfte. Die Anzahl an seborrhoischen Keratosen nimmt mit steigendem Alter zu. Neben einer genetischen Disposition spielen äußere Faktoren wie Chemikalien oder UV-Strahlung eine Rolle in der Entstehung von seborrhoischen Keratosen. Typischerweise finden sie sich im Gesicht, an den Vorderseiten der Arme, am Oberkörper und Handrücken. Die Farbe variiert von hellbraun bis schwarz und seborrhoische Keratosen können von wenigen Millimetern bis zu 1–2 cm groß werden. Für gewöhnlich sind seborrhoische Keratosen scharf abgegrenzt, leicht über die Oberfläche ragend mit einer matten, gefelderten Oberfläche. Seborrhoische Keratosen fühlen sich speckig oder talgig an.

Dunkel pigmentierte seborrhoische Keratosen oder solche mit ausgeprägter Wachstumstendenz sollten feingeweblich untersucht werden, um den seltenen Fall eines bösartigen Wachstums unterhalb der seborrhoischen Keratose auszuschließen. Klinisch unauffällige, hell pigmentierte und kleine Keratosen können mittels verschiedener Methoden entfernt werden. Typische Entfernungsmöglichkeiten umfassen die tangentiale Abtragung der Hautveränderung, eine Verödung mittels abtragenden Lasern oder eine Entfernung mittels Kryotherapie. Neben den medizinischen Kryotherapien auf Stickstoffbasis steht auch ein CO2-basiertes Kryotherapiegerät für die kosmetische Anwendung zur Verfügung.

Bei Leberflecken handelt es sich um pigmentierte, in der Haut liegende, gutartige Pigmentmale, die, neben den seborrhoischen Keratosen, zu den häufigsten gutartigen Hautveränderungen des Menschen zählen. Pigmentmale können sich jedoch durch verschiedene Reize, insbesondere aber durch UV-Strahlung, zu bösartigen Hauttumoren entwickeln. Pigmentmale liegen für gewöhnlich im Hautniveau und bei genauer Betrachtung ist die Hautfelderung auf dem Mal erkennbar.

Fotos: PD Dr. med. Daniela Höller Obrigkeit

Bösartige Hauttumoren

Die häufigsten bösartigen Hauttumoren umfassen den weißen Hautkrebs, das Basalzellkarzinom oder Plattenepithelkarzinom sowie deren Vorstufe, die aktinische Keratose, und den schwarzen Hautkrebs, das Melanom.

Maligne Melanome können sowohl aus vorbestehenden, atypischen, also veränderten Pigmentmalen hervorgehen als auch auf gesunder Haut neu entstehen. In den letzten Jahren hat die Anzahl an Melanomen stark zugenommen. Besondere Risikofaktoren sind hier die Gesamtzahl der Pigmentmale, die Gesamtzahl atypischer Pigmentmale eines Menschen, sowie die Anzahl der erlittenen Sonnenbrände während der Kindheit. Die Prognose der Erkrankung richtet sich nach der Eindringtiefe des Tumors und der Lokalisation des Tumors. Melanome bedürfen immer einer fachdermatologischen Therapie und Nachsorge.

Weißer Hautkrebs (aktinische Keratose) wird typischerweiße durch UV-Licht ausgelöst und geht von den Keratinozyten, den Hautzellen, aus. Typischerweise findet man weißen Hautkrebs an den sogenannten Lichtterrassen – Ohren, Nase, Stirn und Unterlippe – sowie generell an der sonnenexponierten Haut. Es handelt sich um schuppende Rötungen oder Knötchen, die nicht gut von der umgebenden Haut abzugrenzen sind. Häufig nehmen Patienten diese Veränderungen als Verletzung oder Pickel wahr, die nicht abheilen wollen. Auch hier sollte bei persistierenden Rötungen, Schuppungen und Knötchen eine dermatologische Kontrolle angeraten werden.

Vorstufen zum weißen Hautkrebs, können konservativ therapiert werden. Basalzellkarzinome und Plattenepithelkarzinome sollten operativ entfernt werden, da diese zwar nur äußerst selten zu Absiedlungen im Körper führen, jedoch lokal weiter wachsen und dort fortschreitend gesundes Gewebe zerstören.

Hautauffälligkeiten erkennen, dermatologisch abklären

Als Kosmetikerin sind Sie ganz nah an der Haut des Patienten dran. Für die kosmetische Arbeit ist es wichtig, behandelbare von abklärungsbedürftigen Hautveränderungen zu unterscheiden. Sie dürfen zwar keine Diagnose stellen, häufig fallen aber gerade bei der kosmetischen Hautbehandlung Hautveränderungen erstmals auf. Sehen Sie als Kosmetikerin Auffälligkeiten, insbesondere unter Anwendung der ABCD Regel (siehe Kasten unten), weisen Sie Ihre Kunden darauf hin, dass eine fachdermatologische Abklärung der Hautveränderung sinnvoll ist.

Über apparative Behandlungsmöglichkeiten von Pigmentflecken

Antje Meyer, Trainerin für apparative Kosmetik bei Babor:

Eine Mikrodermabrasion trägt hyperpigmentierte Zellen ab und kann eingelagertes Melanin gleichmäßiger verteilen. Danach können in der Haut neue, gleichmäßig pigmentierte Zellen entstehen. Die Behandlung kann z.B. bei der hormonell hervorgerufenen Hyperpigmentierung, die meist eher flächig auftritt, gute Ergebnisse liefern, vorausgesetzt, die hormonelle Ursache ist behoben.

Die Vereisung ist ein neues, aus der Dermatologie abgeleitetes Verfahren für die Behandlung von Alters- oder Pigmentflecken. Mit millimetergenauer Präzision und Druck wird das oberflächliche, pigmentierte Gewebe vereist und löst sich dann aus dem Zellverband. Es trocknet ein und fällt ab. Diese Behandlung bietet sich vor allem bei punktueller Hyperpigmentierung an.

Beide apparative Verfahren zeigen erst in einer Kur aus mehreren Behandlungen ihr ganzes Potential und sollten mit Wirkstoffkosmetik zu Hause begleitet werden. Während der Behandlung sollte die Kundin unbedingt einen Sonnenschutz verwenden.

ABCD-Regel

Zur Begutachtung, ob ein Pigmentmal gut- oder bösartig ist, geht man am besten nach der ABCD-Regel vor.

  • A Man inspiziert, ob das Pigmentmal gespiegelt werden kann oder asymmetrisch ist.
  • B Dann begutachtet man die Umrandung. Unregelmäßige Begrenzung oder ein entzündlicher Rand des Pigmentmals sind suspekt.
  • C Die Farbe (Color) des Pigmentmals sollte homogen sein. Mehrfarbige Pigmentmale mit hell- und dunkelbraunen, rötlichen oder depigmentierten Arealen sind auffällig.
  • D Pigmentmale mit einem Durchmesser von > 5mm sind verdächtig.

Pigmentmale, die ein oder mehrere Auffälligkeiten in der ABCD Regel aufweisen, sollten fachdermatologisch abgeklärt werden.

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PD Dr. med. Daniela Höller Obrigheit | Dermatologin Praxisklinik für Dermatologie Aachen, www.hautarzt-aachen.de

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