Die Milch(säure) macht’s

25.05.2023
Fotos und Illustration: vana P. Nikolic, ahmad agung wijayanto/Shutterstock.com, Care Concept Fachkosmetik GmbH

Poly-L-Milchsäure (PLLA) soll dem Alterungsprozess entgegenwirken, indem es Kollagen stimuliert. Ihren Einsatz findet sie in Dermalfillern. Wir haben bei Dr. med. Nina Schwaiger, Plastische Chirurgin und Medical Advisor der Care Concept Fachkosmetik, genauer nachgefragt.

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MEDICAL BY BEAUTY FORUM: Wie wirken Polymilchsäure-Filer und wie unterscheiden sie sich von Hyaluronsäure-Fillern?

Dr. med. Nina Schwaiger: Polymilchsäure ist ein biologisch abbau-bares, biokompatibles, synthetisches Polymer. Es wird seit langer Zeit in zahlreichen medizinischen Produkten verwendet. Sie ist ein sogenannter Biostimulator. Das bedeutet, dass sie die Fähigkeit hat, eine kontrollierte Entzündungsreaktion im Gewebe auszulösen, die zur Kollagensynthese führt. Durch die Kollagenbildung wird eine strukturelle Grundlage geschaffen. Diese verleiht dem Gesicht durch die Korrektur von Volumendefiziten, einschließlich tiefer Gesichtsfalten und Falten, wieder ein volleres Aussehen.

Das ist der große Unterschied zu Hyaluronsäure-Fillern, die eine echte Füllsubstanz sind und verloren gegangenes Volumen ersetzen, ohne eine Kollagensynthese auszulösen. Das bedeutet, dass, sobald die Hyaluronsäure abgebaut ist, der Volumeneffekt wieder verschwindet.

Wie sieht der Vergleich mit Botulinumtoxin aus?

Botulinumtoxin ist ein Nervengift, das gezielt die Muskulatur lähmt, die dazu führt, dass Falten entstehen. Volumendefizite werden dadurch nicht korrigiert, daher unterscheidet sich das Einsatzgebiet von Toxinen von dem von Füllsubstanzen. Es kann dynamische Falten gut abschwächen, aber bereits entstandene statische Falten bzw. Volumendefizite nicht auffüllen.

Welche Berufsgruppen dürfen Poly-L-Milchsäure unterspritzen?

Poly-L-Milchsäure dürfen Ärzte und auch Heilpraktiker unterspritzen.

Für welche Gesichtsbereiche eignet sich die Unterspritzung mit Poly-L-Milchsäure?

Poly-L-Milchsäure eignet sich zur Auffüllung von Volumendefiziten in eingefallenen Bereichen und insbesondere von Fältchen, Falten und Narben sowie zur Behandlung von Hautalterung.

Des Weiteren ist sie geeignet für die Korrektur von großen Volumendefekten durch Fettverluste im Gesicht – Lipoatrophie. Anatomisch am besten geeignete Areale sind die Wangen- und Schläfenregion sowie der Kiefer-/Kinnbereich. Die Stirn, die Nase, die Periorbitalregion und der Bereich Oberlippe sollten vermieden werden.

Der Filler hat ein sehr breites Anwendungsgebiet, aber ab einem sehr ausgeprägten Befund mit deutlicher Erschlaffung oder Volumenverlust ist der Effekt natürlich nicht mehr so deutlich zu erkennen bzw. es werden zu große Mengen benötigt.

Welche Kontraindikationen gibt es?

Als Kontraindikation für eine Faltenbehandlung mit Poly-L-Milchsäure gelten aktive lokale Entzündungen oder Infektionen, Bereiche hyperdynamischer Muskeln, eine Vorgeschichte von Keloiden und hypertrophen Narben, Erkrankungen des Bindegewebes, aktive immunologische Krankheiten, Schwangerschaft oder Stillzeit.

Wann zeigen sich welche Effekte und wie lange halten sie?

Es gibt erst einmal einen kurzfristigen Soforteffekt aufgrund des Volumens, das eingespritzt wird. Nach einigen Tagen werden das Wasser und weitere Bestandteile wie zum Beispiel Mannitol vom Körper abgebaut und der Soforteffekt verschwindet zunächst, die Falten werden wieder sichtbarer. Durch die Entzündungsreaktion wird nun aber Kollagen neu gebildet, was den eigentlichen Straffungsprozess einleitet. Dieser Prozess dauert etwa drei bis vier Wochen. In der Regel werden, abhängig vom Ausgangsbefund, zwei bis drei Behandlungen notwendig. Die Behandlungen erfolgen im Abstand von je fünf bis sechs Wochen. Die Effekte der Behandlung halten erfahrungsgemäß mindestens 24 Monate.

Welche Nebenwirkungen und Komplikationen sind möglich?

Reaktionen an der Injektionsstelle wie Schwellungen, Rötungen oder Einblutungen treten natürlich recht häufig auf, da es sich um eine Injektion handelt und dabei ein Bluterguss bzw. eine Hautirritation entstehen kann. Diese Reaktionen vergehen in der Regel nach einigen Tagen. Gelegentlich hilft es, die betroffenen Stellen mehrmals täglich zu massieren und zu kühlen. Die häufigsten Komplikationen sind Knötchenbildung bzw. Verhärtungen. Die Häufigkeit schwankt in der Literatur zwischen 10 und 40 Prozent.

In der Regel lösen sich diese Verhärtungen bzw. Knötchen wieder auf, es kann aber mehrere Monate bis hin zu einem Jahr dauern.

Manchmal, wenn auch selten, können Knötchen auch permanent sein. Lokale Cortison-Injektionen können gelegentlich helfen. Heikle Areale wie zum Beispiel um die Augen sind eher betroffen als Areale mit dickerer Haut.

Erkrankungen des Immunsystems, Überempfindlichkeit, Angioödem, Hautsarkoidose, Infektion an der Injektionsstelle einschließlich Cellulitis im Gesicht, Staphylokokkeninfektion, Abszess an der Injektionsstelle, Gefäßverschluss sind sehr seltene Komplikationen, die nach jeglicher Form von Filler-Behandlung auftreten können.

Wo liegen die Kosten?

Die Kosten hängen von der Anzahl der Ampullen ab. In der Regel werden zwei Ampullen pro Sitzung benötigt – je nach Ausgangsbefund – und die Kosten liegen etwa zwischen 650 und 850 Euro.

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