Der Einfluss von Licht auf Körper und Seele

07.10.2022
Foto: agsandrew/Shutterstock.com

Ohne Licht gäbe es auf der Erde wohl kaum Leben. Ein Großteil der Flora und Fauna (und der Mensch sowieso) sind auf Licht angewiesen. Licht hat einen unmittelbaren Einfluss auf unseren Körper und auf unsere Seele.

November-Depression, Winterblues, SAD (saisonal abhängige Depression) – die (vorübergehende) Niedergeschlagenheit, Müdigkeit und Antriebslosigkeit vieler Menschen in den dunklen Monaten des Jahres hat viele Namen, aber nur eine Ursache: den Mangel an natürlichem Tageslicht. Nicht selten erkranken Menschen gerade im Winter ernsthaft an einer (länger andauernden) Depression.

Es ist noch gar nicht so lang her, dass die Wissenschaft einen Zusammenhang zwischen Winterdepression und Lichtmangel entdeckt hat. Bis zur Anerkennung als eigenständige Erkrankung dauerte es dann noch einige Zeit.

Licht und Farbeindrücke

Was wissen wir über den Einfluss des Lichtes auf uns Menschen? Licht ist eine Form der elektromagnetischen Strahlung, die sich wellenförmig in einer bestimmten Geschwindigkeit, der Lichtgeschwindigkeit, ausbreitet. Die größte Lichtquelle für die Erde ist die Sonne, aber auch Lampen, Kerzen, Fackeln und ähnliche Quellen spenden Licht. Für das menschliche Auge ist nur ein kleiner Teil dieser Strahlung sichtbar. Die Farben, die wir wahrnehmen, entstehen durch unterschiedliche Wellenlängen, in denen das Licht sich ausbreitet. Die Farbe Blau etwa hat eine kürzere Wellenlänge als die Farbe Rot usw. Welche Farben wir sehen, wird durch den Gegenstand bestimmt, den wir gerade anschauen. Ein blaues Auto beispielsweise reflektiert blaues Licht – und absorbiert alle anderen Wellenlängen. Durch die Pupillen unserer Augen trifft das von unserem Beispiel-Auto reflektierte blaue Licht auf unsere Netzhaut (Retina), deren Sinneszellen (Zapfen und Stäbchen) den Lichteinfall erkennen und die damit verbundenen Informationen an unser Gehirn weiterleiten. Dort werden alle Daten gebündelt – also „sieht“ unser Gehirn. Genug der Physik! Was kann Licht denn nun?

Was Licht in uns bewirkt

Im Körper gibt es eine Vielzahl von Aufgaben, die – angeregt vom Licht – erledigt werden: Vitamin-D-Synthese, Durchblutung von Muskeln und Haut, Senkung des Blutdrucks, Verbesserung der Herzleistung, Hormonproduktion, Regulation des Fettstoffwechsels, Stärkung des Immunsystems, Reparatur von Schädigungen des Erbguts, Wachstum, Reifung und Regulation von Körperzellen, Stärkung und Regulation des Drüsensystems. Das ist eine ganze Menge sehr wichtiger Bereiche, in denen eine ausreichende Versorgung mit Licht eine große Rolle spielt.

Im Jahr 1982 entdeckte der Forscher Alfred Lewy, dass eine geringe Dosis an Licht die Ausschüttung des Hormons Melatonin im Körper begünstigt. Melatonin ist ein Hormon aus der Zirbeldrüse, das unseren Schlaf-Wach-Rhythmus reguliert. Zuviel davon – und wir sind sehr müde, zu wenig davon – und wir können nachts nicht schlafen. Die Ausschüttung dieses Hormons wird in der Zirbeldrüse (über mehrere Zwischenstationen) vom Lichteinfall auf unsere Netzhaut gesteuert. Wenn wir zu wenig Licht bekommen, wird die Produktion von Melatonin nicht beschränkt. Die Folge ist, dass unsere Körpertemperatur sinkt, unser Antrieb gedämpft wird und wir schläfrig werden. Eine ausreichend hohe Dosis an Licht – und das war das revolutionäre Ergebnis von Alfred Lewys Forschungen – kann die Ausschüttung von Melatonin aus der Zirbeldrüse unterdrücken.

Im Alltag können wir das in den unterschiedlichen Jahreszeiten sehr einfach selbst feststellen: Im Winter, wenn es morgens beim Aufstehen noch dunkel und kalt ist, kommen wir meist wesentlich langsamer „in die Gänge“ als im Sommer, wenn beim Aufstehen schon die Sonne lacht, die Vögel zwitschern und es bereits angenehm warm ist.

Fazit: Im Winter wird der Melatoninspiegel deutlich langsamer heruntergefahren als im Sommer. Und deshalb haben wir im Winter (besonders an trüben, dunklen, kalten Tagen) wesentlich weniger Antrieb als im Sommer.

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Und nun wird auch der Zusammenhang des Lichtes mit der Seele deutlich! Denn fast zeitgleich mit der Hemmung der Ausschüttung des Melatonins wird durch das Auftreffen von Licht auf unsere Netzhaut die Ausschüttung des Hormons Serotonin angeregt – und Serotonin ist auch als „Wohlfühlhormon“ bekannt. Um positiv auf unsere Seele wirken zu können, muss dieses Hormon in einer bestimmten Dosis vorhanden sein. Um das zu verdeutlichen, kann folgendes Bild dienen: Etwa drei- bis fünfmal in jeder Sekunde werden Millionen(!) Serotoninmoleküle in unser Gehirn „geschossen“ – unschwer zu verstehen, dass unser gesamtes Gefühls-Kartenhaus in sich zusammenfällt, wenn dies nicht der Fall sein sollte. Und wo wird das meiste Serotonin in unserem Körper gebildet? Richtig – im Darm, in unserem zweiten Gehirn.

Farben und Wirkungen

Die einzelnen Farben des Lichtes haben unterschiedliche Wirkungen und Einsatzgebiete:
  • Rotes Licht regt die Bildung von Kollagen an und wirkt antientzündlich. Es macht wach, steigert den Adrenalinspiegel und beschleunigt Atmung und Herzschlag.
  • Blaues Licht beschleunigt die Produktion von Hautzellen und wird (oft auch in Kombination mit rotem Licht) gegen Akne eingesetzt. Es aktiviert die Konzentration und beseitigt Unruhe und Nervosität.
  • Grünes Licht lindert Migräne und kann Lentigo senilis und Pigmentflecken reduzieren. Es hat eine beruhigende Wirkung und erinnert an die Natur.
  • Gelbes Licht ist sehr wirkungsvoll gegen Schwellungen, Rötungen und Entzündungen, zum Beispiel auch bei Sonnenbrand und Rosacea. Es schafft gute Laune, erzeugt ein warmes Körpergefühl und fördert die Kreativität.

Licht und Wärme

Gerade in der dunklen Jahreszeit kann man mit Lichtgaben gegen SAD und Co. ankämpfen. (Natürliches) Licht hat in den meisten Fällen auch den „Zusatznutzen“, Wärme zu spenden. Und das Zusammenspiel von Licht und Wärme tut schon allein beim Lesen dieser Worte gut. Sofort fallen uns dabei Adjektive wie „wohlig“, „behaglich“, „geborgen“, „weich“ und „sicher“ ein – Begriffe, die unsere Seele stärken und uns erden. Wogegen die Worte „Dunkelheit“ und „Kälte“ in uns meist genau das Gegenteil an Emotionen hervorrufen. Nicht umsonst gab es in der menschlichen Geschichte viel mehr Sonnenkulte als Dunkelheits-Anbeter. Schon im alten Ägypten, bei den Inkas oder auch im antiken Rom oder Athen wurde die Sonne als Lebensspenderin verehrt.

Therapien mit Licht

Um zu SAD, Winterblues und Co. zurückzukommen: Es gibt Lichttherapien, bei denen die Patienten in einem speziell eingerichteten Raum auf bequemen Liegen zwei Stunden lang in einen Lichtkranz an der Decke blicken können. Das Licht dieses Kranzes imitiert das Tageslicht. Die Augen der Patienten werden dabei nicht geschädigt. Sie müssen auch nicht während der gesamten Zeit in dieses Licht schauen – einmal ein paar Sekunden pro Minute reichen schon aus. Die SAD-Patienten können dort lesen, sich unterhalten oder Musik hören. Diese Therapie kann schon genügen, um sie gesund über den Winter zu bringen.

Die Schattenseiten von Licht

Doch Licht hat auch eine Schattenseite: Wenn wir einer Dauerbeleuchtung ausgesetzt würden, könnte die Gefahr einer Depression wieder ansteigen. Die Lichtverschmutzung unseres Planeten, also die Aufhellung des Nachthimmels durch künstliche Lichtquellen, deren Licht in der Atmosphäre gestreut wird, kann sich also tatsächlich negativ auswirken. Ständig gleichbleibendes künstliches Licht wurde häufig als Foltermethode eingesetzt. Ganz zu schweigen von den Folgen zu häufiger (meist freiwilliger) Sonnenbrände, dem malignen Melanom. Es gilt also hier wie überall der leicht abgewandelte Satz des Paracelsus: „Die Dosis macht das Gift.“ Genießen wir das Licht – aber auch den Schatten!

Foto: Autorin

Claudia Gesang,
Kosmetikerin und Heilpraktikerin für Psychotherapie,
Industriekauffrau, Schlangenbad,
www.claudia-gesang-balance.de

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