Can you feel it?

15.06.2023
Fotos: Dasha Petrenko/Shutterstock.com
Duft und Textur sind Schlüsselfaktoren, die Kosmetikverwender für Formulierungen begeistern und an Produkte binden. Wenn sie ein Produkt auswählen, kennenlernen und verwenden, bauen sie über die Sensorik eine innere Beziehung auf. Wie sich Texturen verändert haben, wohin die Zukunft geht und wie kosmetische Wirkstoffe heute transportiert werden, lesen Sie hier.

Unter Sensorik versteht man in der Kosmetik Eigenschaften wie Farbe, Duft, Textur und Hautgefühl. Neben der Wirksamkeit eines Produkts entscheiden gerade diese sensorischen Eigenschaften darüber, ob ein Kosmetikprodukt akzeptiert oder abgelehnt wird. Um diese sensorische Wahrnehmung zu optimieren, setzen Hersteller Textur-, Viskositäts- und Hautgefühl verbessernde Rohstoffe ein, die den steigenden Ansprüchen der Käufer von Pflegekosmetik gerecht werden.

Texturadditive

Mit Texturadditiven können mehrere Eigenschaften einer kosmetischen Formulierung modifiziert werden wie

  • Verbesserung der Sensorik
  • Gewährleistung einer guten Verteilbarkeit des Produkts auf der Haut
  • Kaschierung reichhaltiger und tendenziell öliger Formulierungen, sodass ein pudriges, angenehmes Finish erzielt wird

Aktuell werden zunehmend biobasierende Formulierungen sowie wasserfreie Butter und Produkte in Stickform entwickelt, mit dem Anspruch, natürliche Emolliens so zu kombinieren, dass ein trockenes, silikonähnliches Hautgefühl entsteht – ganz ohne Silikone. Die Messlatte für wasserfreies Make-up in Stickform ist ebenso hoch. Es soll sich ohne zu kleben auf die Haut auftragen lassen und mit einer seidig weichen Textur überzeugen. Zudem wird ein Soft-Fokus-Effekt gewünscht, der kleine Fältchen sofort verschwinden lässt (Weichzeichner-Effekt). Lange Haltbarkeit und Pudrigkeit von Make-up sind stark nachgefragt.

Texturadditive können synthetischer Natur sein, respektive die Kunststoffe Polyamid-12 (PA-12) oder Polymethylmethacrylat (PMMA) oder natürliche Alternativen mit analoger Sensorik wie beispielsweise Silica mineralischer Herkunft (siehe Tabelle 1). Der offensichtliche Trend bei Emulgatoren geht in Richtung PEG-freier Stoffe auf natürlicher Basis. Neben ihrer Funktion als Texturgeber beeinflussen sie sensorische Eigenschaften der Formulierung positiv. Zur Modulierung der Fließfähigkeit und Einstellung der gewünschten Viskosität eines Produkts lassen sich diverse Rohstoffe natürlichen Ursprungs nutzen, beispielsweise Cellulose Gum, Carrageenan, Ceratonia Siliqua Gum und Sucrose (siehe Tabelle 1).

Tabelle 1: Texturadditive für hochwertige Kosmetikformulierungen

INCI: HDI/Trimethylol Hexyllactone Crosspolymer (and) Polymethyl Methacrylate

Kombination aus porösem PMMA und elastischem Urethan
  • verbessert die Sensorik sowie die Verteilbarkeit der Formulierung
  • hinterlässt ein weiches Hautgefühl
  • gute Ölabsorptionskapazität – kaschiert ölige Formulierungen
  • verleiht angenehmen Finish, Soft Touch und luxuriöse Sensorik
INCI: Silica

Sphärisches Silica mineralischen Ursprungs.

Kugelförmiges weißes Pulver aus Siliziumdioxid mit einer Größe von 7µm

  • verbessert die Produkthaptikbesitzt
  • besitzt durch seine Porosität eine hohe Ölaufnahmekapazität
  • wirkt mattierend
  • leichter Soft-Fokus Effekt
INCI: Silica, Titandioxide (nano)Kombination aus nanofeinem Titandioxid und Silica
  • Soft-Fokus Effekt
  • plus positiver Einfluss auf die Rheologie und Sensorik der Formulierung
Silica erzeugt ein samtweiches Hautgefühl und streut durch ihre sphärische Form einfallendes Licht diffus. Nanofeines Titandioxid reflektiert als plättchenförmiges, weißes Pigment das Licht. INCI: Oryza Sativa PowderMikronisiertes Reispulver
  • hinterlässt ein seidig glattes Hautgefühl
  • hat eine hohe Wasser- und Ölaufnahmefähigkeit
INCI: Bambusa Arundinacea Stem Extract Mikronisiertes Bambuspulver
  • besonders hohe Wasser- und Ölaufnahmefähigkeit
  • verfeinert Textur der Formulierung
  • Binde- und Füllmittel (z.B. für Cremes und Gele)

Viskositätsverbessernde Rohstoffe

INCI: Cellulose Gum (and) Chondrus Crispus Powder (Carageenan) (and) Ceratonia Siliqua Gum (and) Glucose

Natürliche Mischung aus Cellulose Gum, Carrageenan, Ceratonia Siliqua Gum und Glukose

  • wirkt verdickend
  • ermöglicht die Herstellung transparenter, klarer und optisch ansprechender Gele
INCI: Microcrystalline Cellulose (and) Cellulose Gum (and) Xanthan GumNatürliche Mischung aus Cellulose und Xanthan-Gummi
  • ist Elektrolyten stabil, nicht klebrig
  • zeigt temperaturunabhängige Viskosität
  • gestattet Formulierung cremiger, sanfter Gele, die die Stabilität des Endprodukts in Abhängigkeit der verwendeten Einsatz-konzentration verbessern

Natürliche Emulgatoren zur Optimierung der sensorischen Wahrnehmung

INCI: Sucrose Polystearate, Cetyl PalmitateNicht-ionischer Emulgator aus Saccharosepolystearat und Cetylpalmitat
  • bietet Sanftheit, ansprechende sensorische Eigenschaften und verbessert den Gleiteffekt
  • unterstützt die Ausbildung lamellarer Strukturen
  • damit formulierte Emulsionen bilden einen Film auf der Haut, der ein seidiges und trockenes Hautgefühl hinterlässt
INCI: Glyceryl Stearate (and) Cetyl Alcohol (and) Sucrose Stearate (and) Sucrose TristearateNicht-ionischer Emulgator auf Basis Glycerylstearat, Cetylalkohol, Saccharosestearat und -tristearat
  • verleiht der Formulierung einen luxuriösen Touch
  • bietet ein ausgezeichnetes Hautgefühl mit verbesserter Feuchtigkeitszufuhr
  • hinterlässt ein sehr weiches Hautgefühl
INCI: Sodium Stearoyl GlutamateAnionischer Emulgator Natriumstearylglutamat
  • kann in heißen oder kalten Prozess-formulierungen in die Öl- oder Wasserphase gemischt werden
  • begünstigt die Formierung einer lamellaren Gel-Textur
  • für Pflegekonzepte mit Wohlfühlcharakter

Wirkstofftransport

Nicht nur der Anforderungskatalog an Texturen, sondern auch an die Performance eines Produkts ist gestiegen. Erwartet werden bestmögliche Pflegeresultate und möglichst schnell sichtbare Effekte bei gleichsam exzellenter Hautverträglichkeit.

Formulierungen mit Claims wie „Turbo Beauty“, „Speed Lift“ oder „High Speed Instant Effect“ haben großen Zulauf. Um den Transport von Wirkstoffen durch das Stratum corneum zu optimieren, Wirkstoffe kontrolliert freizusetzen und an den Zielort (Target) zu bringen, stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung:

  • Integration von chemischen Penetrationsbeschleunigern in die Formulierung (zum Beispiel Ölsäure)
  • Lipophilisierung von Molekülen
  • Nutzung von Träger-/Verabreichungssystemen (Delivery Systeme) für Wirkstoffe

Die am meisten genutzten „Delivery ­Systeme“ sind Liposome, Niosome, Mikro­emulsionen, Nanoemulsionen und multiple Nanoemulsionen, Mikro- und ­Nanopartikel (zum Beispiel Solid Lipid Nanopartikel, SLN oder nanostrukturierte Lipid Carrier, NLC), polymerische Mizellen und Cyclodextrin-Komplexe.

Weiterentwicklungen beschäftigt die Schlüsselfrage, wie sich die Beladungseffizienz weiter erhöhen und wie sich Zielzellen bzw. Zielorte in der Haut selektiv ansteuern lassen. Solche „intelligenten Trägersysteme“ bleiben eine Herausforderung, unter anderem wegen der Kostenaspekte ihrer Kommerzialisierung.

Ausblick in die Zukunft

Hauptansprüche bei Formulierungen sind elegante, nicht fettende Texturen mit hoher Performance. Texturadditive werden in kosmetischen Formulierungen verwendet, um die Textur des Produkts zu verbessern, die Glätte und Streichfähigkeit zu erhöhen und/oder dessen Öligkeit zu verringern. Dank dieser Inhaltsstoffe fühlen sich die finalen Produkte trocken und samtig an, wobei das Ausmaß dieser Eigenschaften von dem optimalen Verhältnis der zugegebenen Additive abhängt. Der offensichtliche Trend geht in Richtung natürlicher Rohstoffe und biobasierter Formulierungen. Ingrediens aus natürlichen, erneuerbaren Rohstoffen werden in der Zukunft den Markt dominieren. Auch bei der Entwicklung von Verabreichungssystemen wird ein nachhaltiger Ansatz zukünftig stärker berücksichtigt.

Aus Gründen des Umweltschutzes, aber auch zur Gewährleistung der Verbrauchersicherheit wird sich der Trend zur Verwendung biologisch abbaubarer und biokompatibler Inhaltsstoffe fortsetzen.

Tabelle 2: Vesikuläre Verabreichungssysteme

Liposomebestehen aus Phospholipid-Membranen, die in einer Kugel angeordnet sind und zur Verkapselung polarer und unpolarer Wirkstoffe verwendet werden Modifikationen sind: Marinosome: mit marinen Lipiden hergestellte Lipide und hoher Konzentration an mehrfach ungesättigten Fettsäuren
Ultrasome: Liposome, die ein UV-Endonuklease-Enzym einkapseln
Photosome: Liposome, die das Enzym Photolyase einkapselnEthosomebestehen hauptsächlich aus Phospholipiden (Phosphatidylcholin, Phosphat-idylserin und Phosphatidsäure) und hohen Konzentrationen von Ethanol und Wasser Transfersomeproprietäre Lipidaggregationen, die effizient durch Poren oder andere biologische Verengungen eindringen können, die für andere Partikel vergleichbarer Größe eingeschränkt sindNiosomenichtionische Tensid-Vesikel, zusammengesetzt aus hydratisierten Tensid Monomeren, ähneln Liposomen in ihrer Struktur und ihren physikalischen Eigenschaften, da sie nichtionische Tenside mit Cholesterin in einer oder doppelten Alkylkette enthalten
Foto: Autorin

Dr. Sabine Gütt,
Kosmetologin, Cosmetic Consultant (u.a. für die Marke Reviderm) in den ­Bereichen Produktentwicklung, ­Behandlungskonzepte und Trainingsmanagement

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