Achtung, Akne!

02.07.2020
Foto: Elnur/Shutterstock.com

Erkrankung der Talgdrüsen

In der Teeniezeit leidet nahezu jeder unter Pickeln und Mitessern. Mehr als die Hälfte der
jungen Menschen haben nur eine milde Form der Akne, die von allein wieder verschwindet. 
Mittlerweile sollen bis zu 40 Prozent aller Erwachsenen jenseits der 25 – vor allem Frauen – 
von der sogenannten Spättyp-Akne betroffen sein.

Neben der genetischen Veranlagung spielen Androgene, proinflammatorische sebozytäre Lipid-Ligande der Peroxisom-proliferier-
enden aktivierenden Rezeptoren (PPAR) und entzündliche Signalwege eine wichtige Rolle. Möglicherweise sind neuroendokrine Regulationsmechanismen, Ernährungs- und exogene Faktoren an diesem multifaktoriellen Prozess beteiligt. Die Hyperproliferation des follikulären Epithels führt zur Bildung von Mikrokomedonen. Diese stellen die initiale, jedoch noch makroskopisch unsichtbare Akneeffloreszenz auch in der an sich noch normal aussehenden Haut des Aknepatienten dar. Der Komedo beziehungsweise Mikrokomedo ist somit also „die Mutter der Akne“.

Ätiologische Faktoren

Androgene – vor allem Dehydroepiandrosteron (DHEAS) – spielen eine wesentliche Rolle in der initialen Aknepathogenese, sowohl bei der Zunahme des Talgdrüsenvolumens als auch bei der Talgproduktion. Darüber hinaus stimulieren Androgene auch das Wachstum der Keratinozyten. Früher wurde ein Zusammenhang zwischen Ernährung und Entstehung von Akne verneint. In jüngster Zeit wird jedoch ein Zusammenhang gesehen. Die Beziehung zwischen Hyperinsulinämie und gesteigertem IGF-1 und erniedrigtem IGF-BP wird durch die aktuelle Studienlage gestützt. Die Beziehung zwischen täglich gerauchten Zigaretten und dem Schweregrad der Akne ist aktuell jedoch noch strittig.

Stress

Der Dermatologe Professor Albert Kligman vermutete schon 1991 einen Zusammenhang zwischen der Acne tarda und einer chronischen Stressbelastung. Andere Fachleute stritten diesen Zusammenhang jedoch immer wieder ab. Professor William J. Cunliffe, einer der führenden Akneexperten, konnte jedoch in Studien nachweisen, dass insbesondere die beobachteten Frauen in stressigen Berufen unter Erwachsenenakne litten. Aus diesem Grund vermuten Wissenschaftler, dass es unter chronischem Stress vermehrt zur Produktion von männlichen Hormonen und dem Stresshormon Adrenalin kommt und dies die Bildung von Akne begünstigt.

Hormonschwankungen

Hormonschwankungen können ein Auslöser für die Akne im Erwachsenenalter sein. Hormonelle Ursachen scheinen besonders im Zusammenhang mit der Menstruation zu stehen. Aknepatientinnen berichten immer wieder von Akneschüben, circa eine Woche vor Einsetzen der Periodenblutung. Untersuchungen des Blutes ergeben jedoch häufig Hormonwerte im Normalbereich. Ursache für die Akneschübe könnte aber eine Überempfindlichkeit der Talgdrüsen gegenüber männlichen Hormonen sein, deren Konzentration, besonders kurz vor der Periode, im weiblichen Körper stark schwanken kann.

Ernährung und Akne

Aktuelle Beobachtungen gehen immer häufiger von einem Zusammenhang zwischen Ernährung und Akne aus. Dabei scheint der glykämische Index von Nahrungsmitteln insbesondere von Bedeutung zu sein. Ein hoher glykämischer Index könnte aufgrund der schnellen und hochdosierten Insulinzufuhr im Blut die Ausschüttung talgdrüsenstimulierender Stoffe fördern und hierdurch die Akne verschlechtern. Wenig konsistent sind dagegen moderne Untersuchungen zum Fettkonsum und zu Akne. Einige Studienautoren fanden in Befragungen und Kohortenstudien über Aknepatienten, die fettiges Fastfood konsumierten, eine Verschlimmerung der Akne, andere hingegen keinen Einfluss. Fisch schien in einigen Studien lindernd zu wirken, Omega-3-Fettsäuren zeigten hingegen in anderen keinen Nutzen.Wissenschaftler gehen nach Sichtung all dieser Daten davon aus, dass die Ernährung zwar keine Akne auslöst, ihren Verlauf jedoch beeinflusst.

Milchprodukte

Man geht neuerdings davon aus, dass der Konsum von Milch und Milchprodukten die Entstehung der Akne fördern kann. Nicht jeder Mensch bekommt durch den Konsum von Milchprodukten Pickel, es scheint jedoch so zu sein, dass deren Konsum Prozesse in Gang setzt, die eine Entstehung von Akne begünstigen.In diesem Zusammenhang ist auch erwähnenswert, dass Akne bei Völkern, die eine sehr „ursprüngliche Ernährung“ pflegen, praktisch unbekannt ist. Verändert sich die Ernährung bei dieser Personengruppe durch Änderung der Ernährungsgewohnheiten, beispielsweise durch einen Umzug in eine Stadt mit „zivilisierten Ernährungsgewohnheiten“, treten die bekannten Zivilisationskrankheiten auf, ebenso die Akne.

Psychische KomponentenDie an Akne erkrankten Patienten leiden an einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität. Untersuchungen zu den psycho-sozialen Folgen der Akne haben ergeben, dass die Erkrankung in Abhängigkeit vom Schweregrad zur Verminderung der Lebensqualität sowie zur Ausbildung von Angst, Depression und sozialer Stigmatisierung führen kann. In Patientenbefragungen wurde eine Beeinträchtigung der Lebensqualität festgestellt, die unter anderem vergleichbar ist mit Asthma bronchiale, Epilepsie, Typ-2- Diabetes oder einer Arthritis.

Miniglossar− Androgene: synthetische oder natürliche Hormone, die die Entwicklung der männlichen Geschlechtsmerkmale steuern
− IGF-1: Insulin-like growth factor 1, ein Wachstumsfaktor, der strukturell dem Insulin sehr ähnlich ist
− IGF-BP: Insulin-like growth factor-binding protein, Insulin-ähnliches Wachstumsfaktor-bindendes Protein
− glykämischer Index: Maß zur Bestimmung der Wirkung eines kohlenhydrathaltigen Lebensmittels auf den Blutzuckerspiegel
− Leukozytose: krankhafte Vermehrung der weißen Blutkörperchen
− komedogen: Unreinheiten in Form von schwarzen Mitessern auslösend

4 Formen der Acne vulgaris

1. Acne comedonica

Die Komedonenakne tritt überwiegend im Gesicht und besonders auf Stirn, Nase und Wangen auf. Der Rücken ist seltener betroffen. Man findet zahlreiche Komedonen und höchstens wenige kleine Papeln. Das Risiko einer Narbenbildung wird als gering angesehen.

2. Acne papulopustulosa

Diese Akneform tritt überwiegend im Gesicht auf, auf dem Rücken jedoch seltener. Es handelt sich um eine mäßig bis schwer entzündliche Form der Akne. Hierbei sind die Mitesser deutlich auf der Haut zu sehen. Die Entzündungen reichen teilweise schon tiefer ins Gewebe. Aus den Komedonen entwickeln sich Knötchen, Pusteln und Papeln. Das Risiko der Entwicklung von Narben ist gegeben.

3. Acne conglobata

Die schwerste Form der Akne tritt hauptsächlich im Gesicht auf, seltener auf dem Rücken. Man findet große entzündliche Knoten, Papeln und Pusteln. Es können jedoch auch Abszesse auftreten, die zusammenfließen. Eine Fistelbildung ist ebenfalls möglich. Es ist mit deutlicher Vernarbung zu rechnen.

4. Acne fulminans

Diese schwere Akneform tritt zum Glück sehr selten auf. Sie ist in ihrer Ausprägung mit der Acne conglobata zu vergleichen. Zusätzlich kann auch Fieber auftreten, eine Gelenkentzündung ist möglich. Ebenso kann es zu einer Leukozytose kommen. Der Betroffene muss mit deutlicher Vernarbung rechnen.

Sonderformen der Akne

Acne excorie

Diese Akneform wird auch als Kratzakne bezeichnet. Sie ist in der Regel im Gesicht an gut erreichbaren Arealen zu finden. Der Betroffene hat den Drang, an jeder noch so kleinen Unreinheit selbst zu manipulieren. Weiterhin wird auch unbewusst an der Haut „herumgeknibbelt“. Andere Betroffene können beispielsweise durch allabendliches Ausreinigen vor einem Vergrößerungsspiegel Stress ab-
bauen. Hier gilt es, sehr vorsichtig Lösungsansätze mit dem Betroffenen zu besprechen.

Acne cosmetica

Diese Sonderform der Akne wird durch komedogene Inhaltsstoffe in Pflegeprodukten und durch dekorative Kosmetik ausgelöst. Sobald nicht komedogene Produkte verwendet werden, klingt diese Sonderform der Akne in der Regel zügig wieder ab.

Acne mediamentosa

Diese Sonderform der Akne wird durch die Einnahme von Medikamenten ausgelöst. Sie kann beispielsweise durch barbiturat-, lithium- oder auch kortikosteroidhaltige Medikamente ausgelöst werden. Auch Anabolika, Vitamin B6 und B12 können eine Akne auslösen. Mitunter kann auch die Einnahme der Pille diese Akneform bewirken. Werden die Medikamente abgesetzt, bildet sich die Akne in der Regel wieder zurück.

Medizinische Behandlungen

Bei der Acne comedonica wird als Monotherapie die Behandlung mit Retinoiden empfohlen. Bei milder Acne papulopustulosa Retinoide in Kombination mit BPO beziehungsweise topischen Antibiotika. Die topische Kombinationstherapie mit Benzoylperoxid (BPO) und Antibiotika wird bei milder Acne papulopustulosa empfohlen. Eine topische Therapie mit Azelainsäure kann bei Acne comedonica und milder Acne papulopustulosa als Therapie der zweiten Wahl empfohlen werden. Eine systemische Kombinationstherapie mit oralen Antibiotika (Doxyzyklin, Minozyklin, Tetrazyklin) wird bei mittelschwerer bis schwerer entzündlicher Akne als Basistherapie sowie bei entzündlicher Akne, die nicht ausreichend auf eine topische Therapie anspricht, empfohlen, aber nicht als Monotherapie, sondern in Kombination mit topischen Retinoiden, BPO, Azelainsäure und/oder bei Frauen mit oralen hormonellen Antiandrogenen.

Oraler Einsatz von Isotretinoin

Das synthetische Retinoid Isotretinoin ist ohne Zweifel immer noch eine der effizientesten oralen Behandlungsformen schwerer Akne (Acne papulopustulosa nodosa und Acne conglobata). War bis Anfang 2002 noch die genannte Indikation unbestritten und waren von erfahrenen Aknetherapeuten moderate Formen einschließlich der sogenannten Niedrigdosistherapie stets ausgenommen, so hat die damalige EMEA (European Medical Agency) die Indikationsstellung korrigiert und bei schwerer Akne zunächst den Einsatz kombinierter oraler und topischer Medikamente gefordert, bevor bei Versagen einer solchen dann orales Isotretinoin eingesetzt werden kann. Die Zulassungsindikation wurde entsprechend geändert.

Akne im Kosmetikinstitut

Da die Akne, und insbesondere auch die Acne tarda, relativ weit verbreitet ist, spielt sie auch im Alltag im Kosmetikinstitut oftmals eine Rolle. Bei der Versorgung von Aknepatienten ist es wichtig, auch die zum Einsatz kommenden Kabinenprodukte anzupassen. So sollten Sie grundsätzlich mit Handschuhen arbeiten. Weiterhin ist es sinnvoll bei Aknepatienten keine „Rubbelpeelings“ anzuwenden (dies kann nämlich Schmierinfektionen verursachen), sondern mit Enzympeelings zu arbeiten. Das verwendete Desinfektionsmittel sollte möglichst wenig brennen. Hier sind bei der Auswahl eines geeigneten Produktes die Richtlinien vom Robert-Koch-Institut, von der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) sowie dem Verbund für Angewandte Hygiene (VAH) zu beachten.

Nachgefragt bei Daniela Hambek

BEAUTY FORUM MEDICAL: Wie kann die Kosmetikerin bei Akne vulgaris die Therapie effektiv unterstützen?

Daniela Hambek: Bei der begleitenden Therapie ist es wichtig, die individuellen Pro-bleme mit einem persönlichen Behandlungsplan zu behandeln. Ist beispielsweise massive Trockenheit aufgrund der Einnahme von Isotretinoin ein Thema, so kann die Durchfeuchtung der Haut als sehr angenehm empfunden werden. Bei der klassischen Ausreinigung, also der Aknetoilette, ist es wichtig, regelmäßig und sehr gründlich zu arbeiten.

Was sollte sie auf jeden Fall vermeiden?

Bei einer Akne sollte sowohl im Rahmen einer Behandlung als auch aber auch bei der Heimpflege, auf abrasive Peelings verzichtet werden. Hier besteht die Gefahr einer Schmierinfektion. Enzympeelings sind hier absolut empfehlenswert. Hilfreich sind Peelings, die Lipase und Subtilisin enthalten.

Wie lassen sich Aknenarben minimieren?

Mit Microneedling kann die Kosmetikerin Aknenarben behandeln, allerdings sind hier mehrere Behandlungen nötig. Säurepeelings und Schälkuren helfen ebenfalls, Narben abzuflachen. Ein Arzt oder Heilpraktiker kann Schüsselnarben auch unterspritzen. Hypertrophe Narben können mittels Kryotherapie behandelt werden.

Welche drei wichtigen Tipps geben Sie Ihren Aknekunden?

Die Kunden wünschen immer das schnellste und beste Ergebnis. Dafür sollte regelmäßig und gründlich durch einen Profi ausgereinigt werden. Zweitens sollte unsachgemäße Manipulation durch den Kunden unterbleiben. Und drittens sollte eine wirksame Heimpflege eingesetzt werden, die Akneläsionen schnell abheilen lässt und die Neubildung von Komedonen reduziert
Daniela Hambek

Daniela Hambek,

Dipl.-Biologin, Heilpraktikerin, Kosmetikerin, Leiterin Cosmedes, Institut für medizinische Kosmetik, Bensheim,

www.cosmedes.com

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