Wiedereinstieg nach Babypause

07.10.2019
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Nach der Geburt des Kindes wieder zurück in den Beruf zu finden, ist auch für selbstständige Kosmetikerinnen nicht leicht. Dabei sollte man sich nicht zu schnell zu viel vornehmen, denn in der neuen Lebenssituation ist vor allem auch Geduld gefragt.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf scheint für alle eine Herausforderung zu sein. Für Sie als Selbstständige scheint sie allerdings noch größer, denn Sie wissen: Als Selbstständige arbeitet Frau selbst und ständig. Viel Zeit für Anderes blieb schon vor der Familiengründung nicht. Wie soll es jetzt mit Baby werden? Der finanzielle Druck ist da. Die Kundinnen wollen auch nicht zu lange vertröstet werden. Das Geschäft muss laufen.

Vor dem Wiedereinstieg

Vielleicht sind Sie nach der Geburt einige Wochen in Elternzeit gegangen. Vielleicht ein ganzes Jahr. Jetzt steht der Wiedereinstieg an. Das löst meistens ein mulmiges Gefühl aus. Einige Selbstständige pausieren mit ihrem Institut. Gerade Kosmetikerinnen ohne Angestellte gehen diesen Weg. Jetzt ist die Frage: Wie hole ich mir meine Kundinnen wieder? Wie gewinne ich neue?

Ein Wiedereinstieg kann ein Stück weit wie ein Neuanfang angesehen werden. Es ist hilfreich, nicht von null auf hundert zu starten. Wenn möglich, nehmen Sie erst einmal ein oder zwei Kundinnen pro Woche an. Vielleicht in einem Zeitfenster, in dem ihr Kind beim Vater oder einer anderen vertrauten Person sein kann. Wenn das gut klappt, nehmen Sie mehr Termine an. Das ist der Vorteil der Selbstständigkeit: Sie bestimmen das Tempo. Natürlich alles im Rahmen des finanziell Möglichen.

Wenn Sie ein Institut mit mehreren Angestellten führen, können Sie andere Wege gehen: Vielleicht ziehen Sie sich aus dem Tagesgeschäft zurück und sind „nur noch“ Geschäftsführerin und kümmern sich um Organisatorisches, Finanzen, Personal etc. Auch könnten Sie als Springerin gelegentlich Kundentermine wahrnehmen. So gleichen Sie Urlaubs- und Krankheitstage von Mitarbeiterinnen aus. Voraussetzung ist, dass Sie eine Kinderbetreuung haben.

Wo bleibt das Kind?

Organisatorische Aufgaben können Sie meist von zu Hause aus erledigen, etwa wenn das Kind schläft. Wie viele Stunden pro Woche arbeiten Sie an Buchhaltung und Co.? Wie viele Stunden wollen/können Sie Kundinnen widmen? Teilen Sie sich Ihre Arbeitszeiten nach Präsenzzeiten und Nicht-Präsenzzeiten auf. Dadurch wird deutlich, wie viele Stunden Kinderbetreuung Sie benötigen.

Die Kinderbetreuungsmöglichkeiten sind vielfältig. Manche Eltern teilen sich die Woche: Geht Mama arbeiten, ist das Kind beim Papa. Und umgekehrt. Wenn Sie beide arbeiten, benötigen Sie eine externe Kinderbetreuung.

Planen Sie hierfür genügend Vorlaufzeit. Kinder brauchen eine Weile, um mit der neuen Situation zurechtzukommen. Und nicht selten brauchen auch die Eltern einen Moment, um loszulassen. Je mehr zeitlicher Puffer vorhanden ist, desto entspannter wird es. Nur wenn das Kind sich wohl und sicher in der Betreuung fühlt, können Sie entspannt arbeiten gehen.

Das schlechte Gewissen

Ein schlechtes Gewissen führt meist dazu, dass wir versuchen, Dinge wiedergutzumachen. Wir wollen es sowohl unseren Kundinnen als auch unserem Team und natürlich dem Kind recht machen. Sobald wir uns um den einen Lebensbereich kümmern, vernachlässigen wir – gefühlt – den anderen.

Eine gute Organisation führt dazu, dass Sie beides leben können: Selbstständigkeit und Familie. Viel wichtiger als eine gute Organisation ist allerdings die eigene Haltung. Was hilft, sind bewusstes Handeln, klare Prioritäten und viel Verständnis – für sich selbst und andere.

Was kann helfen?

Regelmäßige Reflexion darüber, was heute gut lief und was nächstes Mal lieber anders laufen sollte.

Rituale für Sie und Ihre Familie, um etwa in den Tag zu starten und den Tag bewusst abzuschließen.

Momente für regelmäßige Entspannung etablieren (zum Beispiel ein Bad in der Badewanne, Sport/Bewegung, Meditation oder Power Napping).

Das Leben entspannt nehmen. Sie befinden sich in der Rushhour des Lebens. Es ist ein Lernumfeld. Es dürfen Dinge schiefgehen. Mehr Vertrauen und Verständnis für sich selbst machen Ihr Leben leichter.

Perfektionismus ablegen: Ihr Kind braucht keine Super-Mama, die immer perfekt ist. Es braucht eine authentische Mutter, die ihr Kind in die Höhen und Tiefen des Lebens mitnimmt.

Austausch mit Gleichgesinnten: Es tut so gut, sich alles von der Seele zu reden und zu hören, dass es anderen genauso geht. Wie haben es andere Mütter gemacht, die in einer ähnlichen Situation sind wie Sie?

Worauf es ankommt

Es ist nicht wichtig, dass alles „richtig“ läuft. Es ist wichtig, die Bedürfnisse aller Familienmitglieder zu sehen. Bei der Planung des Wiedereinstiegs lohnt es sich, flexibel zu planen. Arbeitszeiten und Tagesabläufe müssen ausprobiert werden. Erst so finden wir heraus, ob diese Planung für uns stimmig ist.

Es kommt beim Wiedereinstieg nicht darauf an, gleich ein System zu finden, das ab sofort immer passt. Solch eine Planung gibt es nicht. Mutterschaft besteht darin, sich immer wieder neuen Gegebenheiten anzupassen. Daher: flexibel planen, nichts in Stein meißeln und immer wieder neu denken.

Vorteile als Selbstständige

Der bewusste Umgang mit Zeit ist ein Schlüssel. Als Selbstständige sind Sie sehr viel flexibler als die meisten Angestellten. Teilen Sie sich Ihre Zeit so ein, dass es Ihrer Familie und dem Institut guttut. Machen Sie sich Ihre Selbstständigkeit zum Vorteil. Sich nicht mit Kleinigkeiten aufhalten und schnelle Entscheidungen treffen, ist angesagt. Aufgaben abgeben beziehungsweise auslagern hilft. Sie müssen es nicht alleine schaffen. Es hat einen Grund, dass es Steuerberater, Reinigungskräfte, Lieferservices, Staubsaugerroboter und vieles mehr gibt. Sich Hilfe zu holen, ist Selbstfürsorge.

Zweifel sind normal

Beim Wiedereinstieg in den Beruf gibt es immer wieder Momente des Zweifelns. Ist jetzt wirklich der richtige Zeitpunkt, um wieder anzufangen? Sind meine Angebote die richtigen für meine Kundinnen?

In solchen Momenten heißt es, die Zweifel zu sehen und die Gedanken zu nutzen, um an Ideen zu feilen. Dann den Fokus setzen und weitermachen. Gerade beim Wiedereinstieg sollten Sie nicht 100 Ideen auf einmal angehen.

Es geht vielmehr darum, jeden Tag Momente zu erleben und auch bewusst wahrzunehmen, die Ihr Leben lebenswert machen. Stellen Sie sich den Herausforderungen und agieren Sie bewusst. Sie haben es selbst in der Hand!

Und sollten Sie langsamer unterwegs sein als selbstständige Kosmetikerinnen ohne Kind, denken Sie daran: Auch Schnecken kommen an ihr Ziel.

Carolin Habekost - Als Online Coach begleitet sie Mütter dabei, ihren Weg der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu finden. Im Podcast „Finde dein Mama-Konzept“ gibt sie Tipps, um den Mama-Alltag entspannt zu gestalten.

www.carolinhabekost.de/107

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