Do it yourself?

25.10.2022
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Wenn wir die Anfänge der Herstellung von Kosmetik betrachten, sehen wir, dass Menschen schon immer den Wunsch nach Schönheit hatten. Doch wie wurde dieses Verlangen gestillt – wurde früher alles zur Hautpflege immer selbst hergestellt? Naturkosmetikexpertin Barbara Strixner beleuchtet die Frage, ob es sinnvoll ist, wenn Kosmetikerinnen ihre Kosmetik selbst anrühren und welche Verantwortung die professionelle Kosmetik dabei hat.

Zurückblickend finden wir bereits in Höhlenmalereien der Steinzeit die ersten Grundlagen, wie sich Menschen mit Farben verschönerten. Um Farben herzustellen, wurden Beeren, Kohle oder mineralische Komponenten benutzt. Die ältesten Rezepte für die Herstellung von Farbe zu kosmetischen Zwecken wurden auf Papyrusrollen gefunden. So wurde im alten Ägypten bereits der uns allen bekannte Kajal aus Mineralien hergestellt.

Den Hohepriestern aus Ägypten war allerdings hinlänglich bekannt, welche Edelsteine für diese Zwecke verarbeitet werden konnten, denn längst nicht alle eignen sich dazu. Die Verwendung von Mineralien diente allerdings nicht nur der Schönheit, sondern auch der Gesundheit und der Hautpflege.

Auch parfümiertes Öl war in der heißen und trockenen Zone beispielsweise ein äußerst beliebtes Körperpflegeprodukt, wenn das Wasser knapp, die Luft trocken und heiß war. Parfums und aromatische Öle wurden früher sogar so teuer gehandelt wie Gold und Silber. Essenzen und Öle waren in dieser Zeit so kostbar, weil man immer nur relativ geringe Mengen duftender Essenzen und Öle aus den verschiedenen Blüten, Früchten, Blättern, Harzen und Rinden gewinnen konnte. Gab es die benötigten Wirkstoffe nicht in der Region, wurden sie eingeführt. Reisende wie Gewürzhändler und Heilkundige waren die Vorläufer unserer heutigen Apotheken. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die pharmazeutische Industrie immer größer und das änderte auch die Arbeitsweise der Apotheken. Heute stellen sie weniger Produkte her, sondern nehmen die Rolle der Beratung ein.

Industrielle Kosmetik und Naturkosmetik

Durch die industriell hergestellte Kosmetik wurden kosmetische Produkte auch bei Normalbürgern immer beliebter und vor allem durch die industrielle Produktion leichter verfügbar. In der Nachkriegszeit wurde Körperpflege preislich erschwinglich. Es begann der Hype der synthetischen Roh- und Duftstoffe. Vaseline und Paraffin verdrängten die natürlichen Grundlagen, eine neue Ära wurde eingeläutet. Die konventionelle Kosmetik wurde ein Massenmarkt.

In den 1970er-Jahren wurden neue Begriffe aus der Taufe gehoben: Die Ölkrise gilt als eine der Ursachen, die bei einer bestimmten Bevölkerungsschicht ein Umdenken auslöste. Diese Zielgruppe setze fortan auf Ökologie, Bioläden und Natürlichkeit. Die ersten naturkosmetischen Produkte wurden geboren. Sie präsentierten sich in schlichten Verpackungen und fristeten eher ein Nischendasein.

Naturkosmetikprodukte müssen heute diese Anforderungen erfüllen:

  • Authentizität.
  • Ethische und soziale Anforderungen an das Unternehmen.
  • Identifikation mit den Produkten.

Der Zuspruch auf Konsumentenseite wächst heute zunehmend, da sich die einstigen Nischenprodukte mittlerweile etabliert haben. Der Naturkosmetikmarkt wächst weltweit. In Europa sind vor allem Deutschland und Frankreich Spitzenreiter. Weltweit gesehen, gibt es in den USA und Brasilien viele Konsumenten, die auf Naturkosmetik setzen, auf Platz eins ist jedoch der asiatische Markt.

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Do it yourself

Naturkosmetik ist also mehr als nur ein Hype und immer beliebter bei den Konsumenten. Einhergehend mit diesem Wandel, liest man online oder in Zeitschriften immer mehr von der sogenannten DIY-Kosmetik. DIY bedeutet „Do it yourself“, zu Deutsch also „Mach es selbst“. Der Trend, Kosmetik selbst anzurühren, bezieht sich meist auf naturkosmetische Produkte und die damit verbundenen pflanzlichen Wirkstoffe. Dieser Trend ist nicht neu: Wie oben bereits ausgeführt, mischt und kreiert sich die Menschheit seit Anbeginn mal mehr und mal weniger professionelle kosmetische Produkte. Allerdings haben wir auch gelernt, dass es dabei viel zu beachten gilt. Es kommt auf die richtigen Wirkstoffe an, die Mixtur und natürlich die Qualität, damit es bei selbst hergestellten kosmetischen Produkten kein böses Erwachen gibt.

Die Motivation hinter DIY

Der erste Boom, Kosmetik selbst zu rühren, wurde durch die TV-Sendungen von Jean Pütz losgetreten. Seine Bücher und TV-Sendungen animierten dazu, Kosmetikprodukte selbst anzurühren. Während sich zu Beginn nur eine kleine Fangruppe mit dieser Thematik beschäftigt, ist sie heute bereits in der Breite der Gesellschaft angekommen. Zunächst waren die DIY-Rezepturen eher einfach gehalten, da die einzelnen Rohstoffe nur schwer zu beschaffen waren. Mittlerweile hat sich das Bild der Selbstrührer völlig verändert, gibt es doch heute eine riesige Auswahl an Rohstoffen zu kaufen, die so gar nicht mehr an die Anfänge erinnern. Gleiches gilt auch für die Primärverpackungen für selbst angerührte Kosmetik.

Die vielfältigen Gründe für Verbraucherinnen, die Kosmetik selbst anrühren, sind beispielsweise:

  • Wer seine Kosmetik selbst macht, kennt die verwendeten Rohstoffe.
  • Man kann selbst die Konservierungsstoffe bestimmen sowie die enthaltene Mengenangabe.
  • Eine eigene Pflegelinie zu kreieren, heißt größtmögliche Individualität.
  • Etwas Eigenes herzustellen, bringt Abwechslung und Flexibilität.
  • Mit der eigenen Produktion und Verpackung kann ein wichtiger Beitrag zum Umweltschutz geleistet werden.
  • Selbstgemachtes eignet sich optimal zum Verschenken und kann oft günstiger produziert und verkauft werden als Handelsware.

Vorsicht geboten

Das Problem beim Selbstanrühren ist, dass es im Internet unglaublich viele Informationen und Rezepte gibt, die nicht wirklich zielführend sind und die Verbraucher in falscher Sicherheit wiegen. Beispiele sind solche Aussagen:

  • Selbst gerührte Produkte sind gut verträglich.
  • Selbst gemachte Produkte müssen nicht konserviert werden.
  • Naturkosmetik ist immer vegan.
  • Die Produkte können auf spezielle Hautbedürfnisse zugeschnitten werden.

Aufklärungsarbeit

Warum sollten nun also Kurse zum Thema Kosmetik zum Selbstanrühren von Unternehmen angeboten werden, obwohl man zunächst vielleicht keinen persönlichen Vorteil aus geschäftlicher Sicht hat?

Der Entschluss, dies zu tun, entstand nach vielen Kundengesprächen. Der Drang, Kosmetik selbst anzurühren, ist genauso groß wie die Gefahren. Darum ist es mir ein großes Anliegen, die Mythen richtigzustellen. Mein Engagement sehe ich darin, dass in solchen Kursen viel Aufklärungsarbeit geleistet werden kann und wir Profis eine solche Plattform aktiv nutzen sollten, ohne das Gefühl zu haben, dass es die konventionelle Naturkosmetikproduktion beeinflussen oder gar schädigen würde.

Es gibt Kosmetikerinnen, die sorglos mit dem Gedanken spielen: „Jetzt mache ich meine eigene Kosmetik und verkaufe sie.“ So einfach ist das aber nicht. Mit der richtigen Aufklärungsarbeit können wir Profis aufzeigen, was es wirklich braucht, bis ein verkaufsfähiges Produkt entwickelt ist und was dahintersteckt.

Foto: Barbara Strixner

Barbara Strixner

ist ausgebildete Kosmetikerin und spezialisiert auf Heilpflanzen und Naturkosmetik. Seit 2006 führt sie das Unternehmen Dr. Cattani Cosmetic.

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